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EU: Die Schweiz und die EU streiten sich um Handelsverträge

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Die Schweiz und die EU streiten sich um Handelsverträge

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    Absperrung an der deutsch-schweizer Grenze wegen Corona.
    Absperrung an der deutsch-schweizer Grenze wegen Corona. Foto: Nolfi, dpa

    Als Jean-Claude Juncker gegen Ende seiner Zeit als Kommissionspräsident 2019 in dieser Zeitung Bilanz zog, sprach er – für viele überraschend – ausgerechnet die Schweizer direkt an: „Ihr werdet einen derartigen Freund eures Landes nicht mehr finden“, meinte er enttäuscht, weil es ihm nicht gelungen war, das umstrittene Rahmenabkommen mit den Eidgenossen zu vereinbaren. Zwei Jahre später hat sich daran nichts geändert. Wenn Bundespräsident Guy Parmelin von der Schweizer Volkspartei (SVP) heute nach Brüssel zu einem Gespräch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen kommt, gibt es zwar ein wenig Hoffnung, von einem Durchbruch aber wagt niemand zu träumen. Denn das besondere Verhältnis zwischen der EU und den Schweizer Nachbarn gilt seit Jahren nicht nur als kompliziert, sondern auch zunehmend als zerrüttet.

    Schon vor sieben Jahren entstand vorrangig auf Drängen der Union der Text für ein sogenanntes Rahmenabkommen, das die 120 bilateralen Einzelverträge zusammenfassen sollte. Seit 2018 wird darüber verhandelt. Das bisherige Ergebnis fasste Brüssels Unterhändlerin Stéphanie Riso, immerhin die stellvertretende Kabinettschefin von Präsidentin Ursula von der Leyen, vor den Botschaftern der 27 EU-Staaten vor wenigen Tagen so zusammen: Die Schweiz habe das Interesse an dem Rahmenabkommen mit der EU nicht nur verloren, sondern sich auch von dem Text immer weiter distanziert. Mehr noch: Aus Bern habe es bisher nicht einen Vorschlag gegeben, wie der Vertrag angepasst werden solle. Jene Ergänzungen, die Brüssel erarbeitet habe, wurden liegengelassen. Und außerdem sei die Schweiz eine Milliarde Euro, die sie für die Teilnahme am offenen Binnenmarkt zu zahlen hat, schuldig geblieben.

    Streit um Abkommen zwischen Brüssel und Bern

    Wichtige Streitpunkte haben sich im Laufe der Auseinandersetzungen mehr und mehr verfestigt. Da ist der Lohnschutz der Schweiz, den viele durch das Abkommen gefährdet sehen. Andere fürchten, das Land werde zu viel von seiner Eigenständigkeit aufgeben. Und dann wird auch noch über die Unionsbürgerschaft gestritten, die – so heißt es in der Schweiz – den Staat zwingen würde, arbeitslosen EU-Bürgern Leistungen zukommen zu lassen.

    Im Kern geht es aber wohl um den Vorschlag aus Brüssel, dass Bern alle bestehenden und künftigen EU-Gesetze automatisch übernehmen soll, ohne die jeweils einzelnen Abkommen updaten zu müssen. „Die Schweiz muss endlich sagen, ob sie das Abkommen überhaupt noch möchte, oder wenn nicht, wie die bestehenden Grundsatzfragen alternativ geregelt werden können“, sagte der CDU-Europa-Abgeordnete Andreas Schwab, der im EU-Parlament die Delegation für die Gespräche mit der Schweiz leitet. „Die Positionen liegen, soweit sie bekannt sind, nah beieinander.“ Falls es an diesem Freitag in Brüssel nicht zu einer Einigung kommt, droht Chaos, denn Brüssel hat angekündigt, bestehende Einzelabkommen nicht mehr zu verlängern.

    Die Privilegien für die Schweiz könnten im Mai auslaufen

    Das könnte sich schon im Mai auswirken, wenn der bilaterale Vertrag über technische Handelshemmnisse de facto ausläuft. Betroffen wären ausgerechnet medizinische Güter, die dann nicht mehr so einfach über die Grenze gebracht werden könnten. Sicher ist bisher nur, dass von der Leyen den Auftrag der Mitgliedstaaten hat, die Gespräche nicht platzen zu lassen.

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