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EU-Beitritt: EU-Beitritt der Türkei rückt in weite Ferne

EU-Beitritt

EU-Beitritt der Türkei rückt in weite Ferne

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    Seit zehn Jahren laufen nun schon die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU. Fortschritte gibt es laut EU-Kommission nicht.
    Seit zehn Jahren laufen nun schon die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU. Fortschritte gibt es laut EU-Kommission nicht. Foto: Matthias Schrader (dpa)

    Von Fortschritt kann eigentlich keine Rede sein. Deshalb benannte die Kommission die Dokumente über Reformen der EU-Beitrittskandidaten erstmals in „jährlichen Bericht über die Beitrittsfähigkeit“ um. Denn das, was Erweiterungskommissar Johannes Hahn gestern zur Türkei präsentierte, kommt eher einem „Rückschrittsbericht“ gleich, wie ihn der schwäbische CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber tituliert. Von einem „negativen Trend“ ist in Hahns Bericht die Rede, „signifikante Unzulänglichkeiten“ wurden in vielen Bereichen festgestellt.

    Die Kommission hatte das Papier zurückgehalten, um Verhandlungen über eine verstärkte Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise nicht zu unterminieren. So sprach Hahn von „beispielloser humanitärer Hilfe“ durch die Türkei. Im Gegenzug forderte Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Brüssel-Besuch kürzlich „neuen Schwung“ in den seit Jahren ins Stocken geratenen Beitrittsverhandlungen. Danach allerdings sieht es im jüngsten EU-Papier nicht aus.

    Umstrittene neue Reformen von Präsident Erdogan

    „Die seit nunmehr zehn Jahren laufenden Beitrittsverhandlungen beruhen auf einem Bekenntnis zu europäischen Freiheitswerten und sind daher nicht ohne Grund in der Sackgasse“, sagte EU-Parlamentsvizepräsident Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Statt sich den europäischen Werten anzunähern, habe sich die Türkei immer weiter von ihnen entfernt. „Es ist gut, dass die Europäische Kommission kritisch hinschaut“, sagte der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Parlament, Manfred Weber (CSU), gegenüber unserer Zeitung. Es werde immer klarer, dass eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei unrealistisch ist.

    Erdogan hatte umstrittene Reformen in Gang gebracht. Damit seien die Unabhängigkeit des Gerichtswesens sowie das Prinzip der Gewaltenteilung stark „unterwandert“ worden, heißt es im EU-Bericht. Richter wie Staatsanwälte stünden unter „großem politischen Druck“. Erdogans Einmischung in große Bereiche der Innen- und Außenpolitik werde in der Türkei als deutliche Überschreitung seiner Kompetenzen wahrgenommen. Zudem seien Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit beschnitten worden, Journalisten und Blogger würden „eingeschüchtert“, strengere Regeln im Internet erschwerten ihre Arbeit noch zusätzlich. Der „erhöhte Druck auf Medien“ sei „Grund für ernsthafte Sorge“.

    Die Gesetzesänderungen in diesen Bereichen „stehen dem wiederholt zum Ausdruck gebrachten Willen eines EU-Beitritts im Wege“, folgert der Bericht. Sie seien „mit EU-Standards nicht vereinbar“. Von 33 Kapiteln der Beitrittsverhandlungen sind derzeit nur 14 eröffnet, erst ein einziges wurde abgeschlossen – und das auch nur vorläufig. (mit bom)

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