In der Zusammenarbeit mit Drittstaaten hat Außenminister Heiko Maas davor gewarnt, sich zu sehr auf die Rückführung abgelehnter Schutzsuchender zu konzentrieren.
"Europa braucht umfassende und maßgeschneiderte Partnerschaften mit den Ländern, aus denen die Menschen zu uns kommen", sagte der SPD-Politiker am Rande einer Videokonferenz mit den Innen- und Außenministern der 27 EU-Staaten. "Dabei kann es nicht nur um eine ausgebaute Kooperation bei der Rückkehr von Migrantinnen und Migranten gehen." Auch die Visa-Politik als Druckmittel im Umgang mit unkooperativen Ländern könne die Probleme alleine nicht lösen.
Die Innen- und Außenminister haben am Montag über eine gemeinsame Linie in den Beziehungen zu Transit- und Herkunftsstaaten von Migranten beraten. Schon seit Jahren streiten die EU-Staaten um eine Reform der Asyl- und Migrationspolitik. Auch die Beziehungen zu den Drittstaaten etwa in Nordafrika sind dabei immer wieder im Fokus - bislang jedoch ohne größeren Fortschritt zu bringen. Dies ist auch deshalb kompliziert, weil sich die Herangehensweise von Innen- und Außenressorts häufig erheblich unterscheidet. Während die Innenminister für einen harten Kurs im Verhältnis zu den Drittstaaten plädieren, setzen die Außenminister eher auf Kooperation.
Auch die Idee, über die Visa-Politik Druck auf Drittstaaten zu machen, gibt es schon lange. Seit Februar 2020 ist der neue EU-Visa-Kodex in Kraft, der diese Möglichkeit explizit bietet. Stellschrauben sind etwa die Gültigkeitsdauer der Visa oder die Höhe der Gebühr. Bereits am Freitag hatten die Innenminister über den Einsatz des Visa-Hebels diskutiert. Innenminister Horst Seehofer (CSU) drang eigenen Angaben zufolge darauf, "dass wir zügig von diesem Instrument Gebrauch machen"
Sein Kabinettskollege Maas grenzte sich nun davon ab und betonte, dass dies lediglich "ein Element" sein könne. Als weitere Instrumente nannte Bleibeperspektiven für Migranten, verbesserte Reintegration in den Heimatländern sowie legale Migrationswege. Seehofer hingegen ging in seiner Mitteilung vom Freitag nur auf den Visa-Hebel ein.
Die Innenminister von Österreich, Dänemark, Tschechien und den Niederlanden wollen wie Seehofer, dass vor allem dieses Instrument genutzt wird, wie sie in einem Brief an die zuständigen EU-Kommissare deutlich machten. Die EU-Kommission hatte im Februar einen Bericht vorgelegt, der die Zusammenarbeit mit 39 Drittstaaten bei der Rückkehr und Rückübernahme abgelehnter Schutzsuchender untersucht. Mit mehr als einem Drittel der Länder müsse die Kooperation verbessert werden. Konkrete Länder werden nicht genannt.
Die vier Ministerinnen und Minister fordern in dem Schreiben, dass mit dem unkooperativen Drittel der Liste schnellstmöglich Verhandlungen aufgenommen und Druck über den Visa-Kodex ausgeübt werden solle. Ein ähnliches Vorgehen hatte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Freitag in Aussicht gestellt. Demnach sollten sich die EU-Staaten mit der EU-Kommission nun zügig auf eine begrenzte Zahl an Drittstaaten einigen, mit denen man Verhandlungen aufnehmen werde. Falls der Fortschritt ungenügend sei, sei sie dazu bereit, bis Sommer Vorschläge zu machen, für welche Länder es positive oder negative Veränderungen der Visa-Politik geben sollte.
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