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E-Akte: Digitale Verwaltung: Bund bleibt hinter gesetzlichen Vorgaben zurück

E-Akte

Digitale Verwaltung: Bund bleibt hinter gesetzlichen Vorgaben zurück

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    Seit diesem Jahr besteht im Bund die Pflicht zur elektronischen Aktenführung.
    Seit diesem Jahr besteht im Bund die Pflicht zur elektronischen Aktenführung. Foto: Jens Albes

    In der Corona-Krise standen tausende Bürger vor verschlossenen Ämtern. Einfache Behördengänge dauerten oft Wochen statt Minuten. Nur in wenigen Fällen ließen sich Probleme einfach online auf Internetseiten oder per E-Mail lösen. Und schon vor der Pandemie wunderte sich mancher Bürger, wenn er als Reaktion auf seine elektronische Steuererklärung im Briefkasten ein Kuvert mit Papierformularen zum Beantworten vorfand. Auch im Jahr 2020 ist eine bürgerfreundliche Digitalisierung der Verwaltung weitgehend ein Fremdwort, allen Politikerankündigungen zum Trotz.

    So hatte zum Beispiel der Bundestag schon vor sieben Jahren ein eigenes Gesetz dafür beschlossen, um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. „Digitale Verwaltung 2020“ hieß das Konzept, das die E-Akte auf Bundesebene zum Standard machen sollte. Das sogenannte „E-Government-Gesetz“ verpflichtete Bundesbehörden, spätestens ab 1. Januar 2020 ihre Akten elektronisch zu führen. Doch noch immer regieren in zahllosen wichtigen Bundesverwaltungen Papier und Stempelkarussell.

    Selbst beim Bundesamt für Statistik herrscht Digitalisierungsstau

    Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, hinkt die Bundesregierung in ihren Zuständigkeitsbereichen den eigenen Zielen um Jahre hinterher. Selbst in der obersten deutschen Datenbehörde, dem Statistischen Bundesamt, nutzen demnach nur zwölf Prozent der Beschäftigten eine E-Akte. Beim Bundeszentralamt für Steuern ist die Einführung der E-Akte sogar erst 2022 geplant. Über ein Dutzend wichtiger Bundesbehörden erfüllen die dieses Jahr in Kraft getretene Pflicht zur elektronischen Aktenführung nicht oder nur zum Teil.

    Selbst in der Regierung selbst herrscht Digitalisierungsstau: Im Bundeskanzleramt hat noch nicht einmal die Pilotphase für die E-Akte begonnen, im Bundesjustizministerium startete sie erst vor kurzem, das Umweltministerium will immerhin, dass alle Mitarbeiter bis Ende Oktober an das E-Aktensystem angeschlossen sind. Das Verteidigungsministerium plant mit Ende 2021.

    FDP spricht von erschreckendem Versagen

    Der FDP-Rechtsexperte Jürgen Martens, der die Anfrage gestellt hatte, nennt die Zahlen erschreckend. „Der Bund bricht offen die zwingenden gesetzlichen Vorgaben, die er sich selbst gegeben hat“, sagt der frühere sächsische Justizminister. „Bei einer Vielzahl von Bundesbehörden wird die E-Akte noch überhaupt nicht genutzt.“ Bei anderen arbeite nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter damit.

    Aktenberge statt Computer-Bytes: In vielen Behörden regiert Papier.
    Aktenberge statt Computer-Bytes: In vielen Behörden regiert Papier. Foto: Britta Pedersen

    „Dass die Digitalisierung der Verwaltung des Bundes schleppend vorankommt, war allgemein bekannt“, sagt Martens. „Aber das Ausmaß des Versagens auf diesem Gebiet ist doch sehr überraschend.“

    Martens verwies darauf, dass der zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene Paragraf sechs des vor sieben Jahren beschlossenen „E-Government-Gesetz“ Behörden des Bundes verpflichtet, ihre Akten elektronisch zu führen, wenn dies nicht unwirtschaftlich ist.  Und der FDP-Bundestagsabgeordnete erinnert daran, dass der Gesetzgeber Unternehmen vorgeschrieben hat, seit 2005 Lohnsteuer- und Umsatzsteuer nur noch auf elektronischem Weg anmelden zu dürfen. „Es ist nicht zu erklären, dass der Staat einerseits die für ihn selbst geltenden Vorgaben nicht einhält, während er andererseits von jedem Selbstständigen ohne Ausnahme verlangt, seine Steuererklärung elektronisch zu übermitteln“, kritisiert der FDP-Rechtsexperte.

    Auch digitaler Personalausweis und De-Mail floppten

    In der Antwort räumt das Bundesinnenministerium zugleich ein, dass weitere Ziele des 2013 beschlossenen Programms „Digitale Verwaltung 2020“ mit der Einführung des digitalen Personalausweises und der des verschlüsselten öffentlichen E-Mail-Dienstes De-Mail nicht erreicht wurden: „Hinsichtlich des Nutzungsgrades von De-Mail teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieser hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückbleibt.“ Ebenso hätten Auswertungen „ergeben, dass die elektronische Zugangsmöglichkeit zur Verwaltung per Online-Ausweisfunktion noch nicht flächendeckend von den Behörden angeboten“ werde.

    Steuerzahlerbund kritisiert Wirrwarr unter Bund, Ländern und Kommunen

    Auch der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass die Digitalisierung der Verwaltung trotz Milliardenkosten kaum beim Bürger ankomme. „Der Staat muss seine Dienstleistungen digital anbieten“, sagt Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel. „Doch Deutschland kommt bei der Digitalisierung nicht voran, weil ein einheitliches Vorgehen etwa bei der Entscheidung über Hard- und Software fehlt.“ Problematisch sei, dass im Föderalismus Bund, Länder und Kommunen oft andere Interessen verfolgten.

    „Die baltischen Länder machen uns vor, wie digitale Steuerverwaltung funktioniert“, betont Holznagel. In Deutschland dagegen habe die Corona-Krise viele Schwächen offengelegt: „Es kann zum Beispiel nicht sein, dass man wochenlang kein Auto anmelden kann.“

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