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Drohnen-Debakel: Lügenvorwurf: Hat de Maizière zwei Gesichter?

Drohnen-Debakel

Lügenvorwurf: Hat de Maizière zwei Gesichter?

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    Sagt er die Wahrheit? Verteidigungsminister Thomas de Maizière bleibt dabei: Ende 2012 seien die Probleme beim „Euro Hawk“-Projekt noch lösbar gewesen.
    Sagt er die Wahrheit? Verteidigungsminister Thomas de Maizière bleibt dabei: Ende 2012 seien die Probleme beim „Euro Hawk“-Projekt noch lösbar gewesen. Foto: Hannibal Hanschke, dpa

    Ist Verteidigungsminister Thomas de Maizière ein Lügner? Die Oppositionsparteien im Bundestag sind davon überzeugt und fahren schwere Geschütze gegen den 59-jährigen Christdemokraten auf. Er habe vor den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses wie vor der Öffentlichkeit die Unwahrheit gesagt, als er vor einer Woche in seinem Bericht „Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk“ erklärte, erstmals am 13. Mai 2013 erfahren zu haben, dass die Aufklärungsdrohne keine Zulassung im deutschen und europäischen Luftraum erhalten werde. „Es gab zuvor keine Vorlage an den Minister mit einer Beschreibung der Zulassungsprobleme oder überhaupt zum Gesamtproblem“, hatte de Maizière damals gesagt.

    Opposition sieht in neuem Papier Beweis für ihre Anschuldigungen

    Nun aber ist nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung ein Dokument aufgetaucht, das das Gegenteil belegt: Unter dem Aktenzeichen 75-60-00 wurde Thomas de Maizière bereits am 10. Dezember 2012 über die Probleme beim „Euro Hawk“ schriftlich informiert. Und da er den Erhalt des rund 50-seitigen Papiers persönlich quittierte, ist aus Sicht der Oppositionsparteien klar, dass er ein halbes Jahr früher als noch vor einer Woche dargestellt über die Risiken bei der Zulassung der Drohne Bescheid wusste.

    Das ist Thomas de Maizière

    Geboren wurde Thomas de Maizière am 21. Januar 1954 in Bonn. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 1971ist er Mitglied der CDU Deutschland.

    1972 absolvierte er sein Abitur. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst beim Panzergrenadierbataillon 142 in Koblenz.

    Von 1974 bis 1979 studierte de Maizière Rechtswissenschaften und Geschichte in Münster und Freiburg bis zum ersten Staatsexamen. 1982 folgte der Abschluss des zweiten Staatsexamen.

    1983 war er Mitarbeiter der Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker und Eberhard Diepgen. Zum Dr. jur. promovierte er 1986 an der Wilhelms-Universität in Münster.

    Von 1985 bis 1989 war de Maizière Leiter des Grundsatzreferates der Senatskanzlei des Landes Berlin. Außerdem arbeitete er als Pressesprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

    1990 baute er das Amt des Ministerpräsidenten der letzten DDR-Regierung mit auf und war Mitglied der Verhandlungsdelegation für den Einigungsvertrag.

    Von 1990 bis 1994 war er Staatssekretär im Kultusministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie 1993 Vorsitzender der Amtschefkonferenz der Kultusministerkonferenz.

    Von 1994 bis 1998 wurde de Maizière dann Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern und 1999 Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei.

    In den Jahren 2001 und 2002 war er Finanzminister, danach bis 2004 Justizminister in Sachsen und von 2004 bis 2005 Innenminister, jeweils in Sachsen, sowie Mitglied im Sächsischen Landtag.

    Von November 2005 bis Oktober 2009 war de Maizière Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für besondere Aufgaben.

    Von 2009 bis 2011 war er Bundesinnenminister, wobei er 2010 zusätzlich als Honorarprofessor für Staatsrecht an der TU Dresden arbeitete.

    Seit März 2011 bekleidet Thomas de Maizière das Amt des Bundesministers der Verteidigung. Im Dezember 2012 wurde er zudem Bundesvorstand der CDU Deutschland.

    Im Frühsommer 2013 stand de Maizière in der Kritik: Mitte Mai stoppte das Verteidigungsministerium die Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" wegen Problemen mit der Zulassung - zu diesem Zeitpunkt waren schon 668 Millionen Euro investiert worden.

    Die Opposition legte de Maizière immer wieder einen Rücktritt nahe - er betonte allerdings immer wieder, dass ihn keine Schuld an dem Debakel treffe.

    In der Großen Koalition von Union und SPD kehrt de Maizière an den Schreibtisch des Innenministers zurück.

    In dem Dokument, das der Vorbereitung eines Besuchs bei der EADS-Tochter Cassidian diente, die die Aufklärungselektronik im „Euro Hawk“ entwickelt, heißt es, „aufgrund der Zulassungsproblematik und weiterer Unsicherheiten“ sei „derzeit keine Grundlage gegeben, um eine Entscheidung für eine Serienbeauftragung zu befürworten oder gar zu treffen“. Eine Zulassung „nach den derzeit gültigen Normen“ sei nicht zu erwarten, es werde daher „ein alternatives Zulassungsverfahren untersucht“.

    De Maizières Rücktritt gefordert

    „Das ist der Beweis: De Maizière hat gelogen“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Mittwoch. Er sei daher im Amt des Verteidigungsministers nicht mehr zu halten. „Ich fordere den sofortigen Rücktritt von Minister de Maizière.“ Auch der Verteidigungsexperte der Grünen, Omid Nouripour, kritisierte den Ressortchef im Berliner Bendlerblock scharf. „Wieder einmal ist eine neue Verteidigungslinie des Selbstverteidigungsministers zusammengebrochen.“ De Maizière habe alle Informationen rechtzeitig auf dem Tisch gehabt und zugeschaut, wie weiter Geld verbrannt worden sei. „Es ist fraglich, ob er noch weiterhin zu halten ist.“ Die Linken wollen heute im Bundestag einen Missbilligungsantrag gegen den Verteidigungsminister einbringen, das schärfste Instrument der Opposition, ein Regierungsmitglied zu kritisieren. Allerdings dürfte die schwarz-gelbe Regierungskoalition mit ihrer Mehrheit diesen Antrag ablehnen.

    Das Verteidigungsministerium blieb am Mittwoch bei der Darstellung, dass im Dezember 2012 die Probleme beim „Euro Hawk“ noch als lösbar erschienen. Das jetzt bekannt gewordene Dokument „vermittelt zwar, dass sich das Gesamtprojekt in einer kritischen Phase befindet“, so ein Sprecher des Ministers, gleichwohl stelle es auch heraus, „dass das Schlüsselproblem noch über Alternativen bei der Zulassung oder Alternativen bei der Trägerplattform lösbar zu sein scheint“.

    Hintergründe des Drohnen-Debakels sollen aufgeklärt werden

    Koalition und Opposition einigten sich darauf, dass sich der Verteidigungsausschuss in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause als Untersuchungsausschuss selber einsetzt, um die Hintergründe des Drohnen-Debakels aufzuklären. Viel Zeit bleibt nicht. Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Susanne Kastner (SPD) soll bis Ende August ein Bericht vorgelegt werden, über den der Bundestag am 2. September debattieren könnte. Während

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