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Drohnen-Debakel: De Maizières Misere und ihre Folgen

Drohnen-Debakel

De Maizières Misere und ihre Folgen

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    Findet der Verteidigungsminister den Notausgang in der „Euro-Hawk“-Affäre? Morgen könnte die bislang so makellose Karriere von Thomas de Maizière eine Wendung nehmen – wenn er vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags nicht nachvollziehbar erklären kann, warum er an dem Drohnen-Projekt festhielt.
    Findet der Verteidigungsminister den Notausgang in der „Euro-Hawk“-Affäre? Morgen könnte die bislang so makellose Karriere von Thomas de Maizière eine Wendung nehmen – wenn er vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags nicht nachvollziehbar erklären kann, warum er an dem Drohnen-Projekt festhielt. Foto: Philipp Schulze/dpa

    Bislang kannte seine Karriere nur eine Richtung – nach oben. Ohne Brüche, Knicke und Rückschläge. Thomas de Maizière, der Anfang der 80er-Jahre nach seinem Jurastudium in Münster und Freiburg als Redenschreiber des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Richard von Weizsäcker, seine berufliche Laufbahn begann, hat seitdem ununterbrochen Regierungen angehört.

    Thomas de Maizière: Ein Mann der Exekutive

    Zunächst war er Leiter des Grundsatzreferats der Berliner Senatskanzlei, dann von 1990 bis 1998 Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern. Danach war er bis 2005 Finanz-, Justiz und Innenminister in Sachsen und anschließend Kanzleramtsminister, Innenminister und Verteidigungsminister in Berlin. Ein Mann der Exekutive, ein ebenso effektiver wie kühler Organisator der Macht, der sich als Diener des Staates verstand und nach der Devise arbeitete: „Dienen heißt, einen Beitrag zu leisten.“ Er ist Sohn des vierten Generalinspekteurs der Bundeswehr, der auch als einer der Väter der „Inneren Führung“ gilt.

    Morgen allerdings könnte die bislang so makellose Karriere des Thomas de Maizière eine jähe Wendung nehmen und möglicherweise sogar abrupt zu Ende gehen. Der 59-jährige Christdemokrat muss vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags wegen des Absturzes der Drohne „Euro Hawk“ Rede und Antwort stehen und nachvollziehbar erklären, warum er als Minister an dem 600-Millionen-Euro-Projekt festhielt, obwohl die Probleme um die Zulassung im deutschen und europäischen Luftraum seinem Hause schon seit längerem bekannt waren.

    Hatte de Maizière sein Ministerium nicht im Griff?

    Das ist Thomas de Maizière

    Geboren wurde Thomas de Maizière am 21. Januar 1954 in Bonn. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 1971ist er Mitglied der CDU Deutschland.

    1972 absolvierte er sein Abitur. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst beim Panzergrenadierbataillon 142 in Koblenz.

    Von 1974 bis 1979 studierte de Maizière Rechtswissenschaften und Geschichte in Münster und Freiburg bis zum ersten Staatsexamen. 1982 folgte der Abschluss des zweiten Staatsexamen.

    1983 war er Mitarbeiter der Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker und Eberhard Diepgen. Zum Dr. jur. promovierte er 1986 an der Wilhelms-Universität in Münster.

    Von 1985 bis 1989 war de Maizière Leiter des Grundsatzreferates der Senatskanzlei des Landes Berlin. Außerdem arbeitete er als Pressesprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

    1990 baute er das Amt des Ministerpräsidenten der letzten DDR-Regierung mit auf und war Mitglied der Verhandlungsdelegation für den Einigungsvertrag.

    Von 1990 bis 1994 war er Staatssekretär im Kultusministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie 1993 Vorsitzender der Amtschefkonferenz der Kultusministerkonferenz.

    Von 1994 bis 1998 wurde de Maizière dann Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern und 1999 Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei.

    In den Jahren 2001 und 2002 war er Finanzminister, danach bis 2004 Justizminister in Sachsen und von 2004 bis 2005 Innenminister, jeweils in Sachsen, sowie Mitglied im Sächsischen Landtag.

    Von November 2005 bis Oktober 2009 war de Maizière Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für besondere Aufgaben.

    Von 2009 bis 2011 war er Bundesinnenminister, wobei er 2010 zusätzlich als Honorarprofessor für Staatsrecht an der TU Dresden arbeitete.

    Seit März 2011 bekleidet Thomas de Maizière das Amt des Bundesministers der Verteidigung. Im Dezember 2012 wurde er zudem Bundesvorstand der CDU Deutschland.

    Im Frühsommer 2013 stand de Maizière in der Kritik: Mitte Mai stoppte das Verteidigungsministerium die Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" wegen Problemen mit der Zulassung - zu diesem Zeitpunkt waren schon 668 Millionen Euro investiert worden.

    Die Opposition legte de Maizière immer wieder einen Rücktritt nahe - er betonte allerdings immer wieder, dass ihn keine Schuld an dem Debakel treffe.

    In der Großen Koalition von Union und SPD kehrt de Maizière an den Schreibtisch des Innenministers zurück.

    Ausgerechnet der erfahrenste Minister in der Regierungsmannschaft Merkels sieht sich nun Vorwürfen ausgesetzt, sein eigenes Ministerium nicht im Griff gehabt, Bedenken seiner Mitarbeiter nicht ernst genommen oder sogar willentlich ignoriert und somit der Bundesrepublik einen Schaden in Millionenhöhe zugefügt zu haben. Immer neue Details, die schon vor dem Auftritt de Maizières vor den Abgeordneten an die Öffentlichkeit dringen, lassen den Verteidigungsminister nicht besonders gut aussehen. So unterschrieb er noch im Mai 2012 in Chicago die Verträge über die Beteiligung der Bundesrepublik am „Global-Hawk“-Projekt der Nato, das das gleiche Trägersystem wie der „Euro Hawk“ nutzt. Zu diesem Zeitpunkt war in der Leitungsebene des Ministeriums längst bekannt, dass die Drohne keine Zulassung für den zivilen Luftraum erhalten werde.

    Anfang 2012 hatte die Rüstungsabteilung des Ministeriums in einem siebenseitigen Vermerk dargelegt, dass das Projekt „nicht abschätzbare technische, zeitliche und finanzielle Risiken“ aufweise. Für die Zulassungen könnten Mehrkosten von bis zu 600 Millionen Euro entstehen. Abgezeichnet war der Bericht von den Staatssekretären Stéphane Beemelmans und Rüdiger Wolf. De Maizière steckt in einem Dilemma: Kannte er den Bericht, stellt sich die Frage, warum er noch weitere 15 Monate an dem Drohnen-Projekt festhielt. Kannte er ihn hingegen nicht, steht der Vorwurf im Raum, dass er sein Haus nicht im Griff hat und von seinen engsten Mitarbeitern nicht einmal über gravierende Vorgänge informiert wird.

    Linkspartei fordert Rücktritt

    Die Oppositionsparteien im Bundestag erhöhen vor dem Auftritt de Maizières noch einmal den Druck und drohen weiterhin mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – obwohl der Bundestag bereits Ende Juni in die Sommerpause geht und bis zur Wahl am 22. September nicht mehr tagt. Der Ausschuss könne notfalls auch im Sommer arbeiten, sagte die Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, am Montag.

    Die Linkspartei forderte sogar den Rücktritt des Ministers. Thomas de Maizière sei als Verteidigungsminister „nicht mehr zu halten“, sagte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. „Für dieses Desaster und die Größenordnung, die das mittlerweile angenommen hat, gilt es, politische Verantwortung zu übernehmen.“

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