Das Verbrechen, das sich an jenem Sonntagabend gegen halb zehn Uhr nachts in der Dresdener Innenstadt ereignet hat, gab den Ermittlern zunächst Rätsel auf. Passanten fanden zwei blutende schwer verletzte Männer auf der Schloßstraße hinter dem Kulturpalast liegen, und riefen den Notarzt. Erst am Montagmorgen danach erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft, dass zwei Touristen aus Nordrhein-Westfalen Opfer eines Messerangriffs wurden. Einer von beiden, ein 55-Jähriger aus Krefeld starb noch in der Klinik.
Sein Begleiter, ein 53-Jähriger aus Köln, war zu diesem Zeitpunkt wegen der schweren Verletzungen nicht ansprechbar. Am Tatort fand die Spurensicherung die Tatwaffe - ein Küchenmesser. Der Täter hatte unerkannt entkommen können. Die Polizei suchte vergangene Woche in der MDR-Fernsehsendung „Kripo live“ nach Hinweisen auf die Tat.
Tödliche Messerattacke in Dresden war mutmaßlich islamistischer Terror
Knapp drei Wochen später zeichnet sich ab, dass die Tat mutmaßlich eine islamistische Terrorattacke war. Nach der Festnahme eines syrischen Tatverdächtigen hat die Bundesanwaltschaft am Mittwoch die Ermittlungen übernommen, wie es in diesen Fällen bei Terrorverdacht oder ähnlichen Verbrechen üblich ist.
Der dringend Tatverdächtige, ein 20 Jahre alter Syrer war erst am Abend zuvor verhaftet worden. Bei der Auswertung des Tatorts stießen die Ermittler auf Spuren des aktenkundigen Syrers. Zielfahnder ermittelten seinen Aufenthalt. Am Mittwoch wurde gegen ihn Haftbefehl wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erlassen. Der seit 2015 in Deutschland geduldete Verdächtige ist nach Angaben der Behörden erheblich vorbestraft.
Tatverdächtiger Syrer wurde erst fünf Tage vorher aus dem Gefängnis entlassen
Der Syrer war erst am 29. September fünf Tage vor der Bluttat aus der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen entlassen worden. Das Oberlandesgericht Dresden hatte ihn im November 2018 unter anderem wegen Werbens für eine terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Jugendstrafe verurteilt. Laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung hatte das Landeskriminalamt Sachsen den Islamisten seit der Haftentlassung sogar offiziell überwacht. Auch das Landesamt für Verfassungsschutz sei einbezogen worden. Doch eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung seiden Behörden der Zeitung zufolge aus personellen Gründen nicht möglich gewesen.
Auch nach Informationen des Spiegel ist der Tatverdächtige den sächsischen Sicherheitsbehörden seit geraumer Zeit als gewaltbereiter Extremist bekannt. Die Polizei führe Abdullah Al H.H. auf ihrer List der „Gefährder“. So nennt man bei der Polizei Extremisten, denen man eine schwere Gewalttat bis hin zu Terroranschlägen zutraut.
Der abgelehnte Asylbewerber war dem Spiegel auch wegen „Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem habe es das Gericht als erwiesen angesehen, dass der damals 18-Jährige versucht habe, Mitglieder für die Terrororganisation IS anzuwerben.
Wegen Angriffs auf Beamte in der Haft verhängte das Leipziger Amtsgericht Leipzig im Dezember 2019 dann eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und neun Monaten gegen ihn. Dem Spiegel zufolge kam der Syrer im Jahr 2015 als Jugendlicher nach Deutschland. Seit dem Frühsommer 2017 soll er sich zunehmend dem IS zugewandt und sich Gedanken über ein Attentat gemacht haben. In der Haft habe sich der Mann womöglich weiter radikalisiert, hieß es.
Seehofer mahnt zur Wachsamkeit gegenüber Extremismus und Terror
Bundesinnenminister Horst Seehofer mahnte zu Wachsamkeit gegenüber Extremismus und Terrorismus. „Der tödliche Angriff auf zwei Touristen in Dresden vor knapp drei Wochen hatte offenbar einen radikal-islamistischen Hintergrund“, bestätigte der CSU-Politiker. „Mein Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, die neben dem Verlust heute erfahren mussten, dass die Morde vermutlich politisch motiviert waren. Die Tat führt uns erneut die Gefährlichkeit islamistischer Gewalt vor Augen.“
Seehofer erinnerte an die nach wie vor angespannte Bedrohungslage: „Egal welche Form von Extremismus und Terrorismus, es ist höchste Wachsamkeit angezeigt." Die Sicherheitsbehörden müssten ihre Arbeit optimal ausüben können und verdienten dafür „die vollste Unterstützung der Politik und alle dafür notwendigen Instrumente.“
„Der islamistische Terror ist eine andauernde große Bedrohung für unsere Gesellschaft, gegen die wir mit aller Konsequenz vorgehen müssen“, betonte auch SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
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