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Donald Trump: "Hochriskant, töricht, dumm": Pressestimmen zum Atomabkommen

Donald Trump

"Hochriskant, töricht, dumm": Pressestimmen zum Atomabkommen

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    US-Präsident Donald Trump verkündet den Rückzug aus dem Atomdeal mit dem Iran.
    US-Präsident Donald Trump verkündet den Rückzug aus dem Atomdeal mit dem Iran. Foto: Evan Vucci/AP (dpa)

    US-Präsident Donald Trump machte am Dienstag wahr, was er schon lange angekündigt hatte: Die Vereinigten Staaten steigen aus dem Atomabkommen mit dem Iran aus. Das Abkommen war 2015 nach jahrelangen Verhandlungen in Kraft getreten.

    Der Rückzug schürt nun international Sorge und Angst vor einem neuen Konflikt im Nahen Osten. Trumps Ankündigung ruft vor allem in Europa Unverständnis hervor, auch aus China hagelt es Kritik. Lob gibt es vor allem von konservativen US-Medien und Blättern in Israel. Die internationalen Pressestimmen.

    Pressestimmen aus Deutschland

    Trumps Schritt könnte sich noch zu einem Bumerang entwickeln. Spätestens dann nämlich, wenn sich die anderen Vertragspartner von Trumps Sanktions-Drohungen unbeeindruckt zeigen. Bleibt das Abkommen einfach ohne die USA in Kraft und leidet Iran nicht zu sehr unter den US-Sanktionen, dann hat Trump sich nur mit viel Getöse vom Tisch entfernt. Süddeutsche Zeitung

    Abgesehen von der Frage, was aus den Uran-Anreicherungsplänen Irans wird, den Handelsbeziehungen des Landes mit Deutschland und Europa, dem Ölpreis, und der Sicherheitsarchitektur in der Region, steht künftig generell ein dickes Fragezeichen hinter solchen Abkommen, die Leistung (atomare Abrüstung) mit einer Gegenleistung (Lockerung oder Aussetzung von Sanktionen) verknüpfen. Frankfurter Allgemeine Zeitung

    Trump begeht den bislang wohl größten außenpolitischen Fehler seiner Amtszeit. Die von ihm in Feldherrenpose vorgetragene Aufkündigung des Iran-Abkommens ist hochriskant, verantwortungslos, ja, dumm. Spiegel Online

    Pressestimmen aus den USA

    Trump verlor wenig Worte darüber, was als nächstes passieren soll.  Er kündigte lediglich die Zusammenarbeit mit den Verbündeten an (die gegen den Ausstieg sind), wirtschaftliche Sanktionen gegen den Iran (der kaum geschäftliche Beziehungen zu den USA pflegt) und militärische Konsequenzen wegen der Zuwiderhandlungen (wörtlich "größere Probleme als der Iran jemals zuvor hatte"). Anders gesagt, Trump hat keine Idee. Washington Post

    Der Präsident hat seine bisher törichteste und überheblichste Entscheidung in Sachen nationaler Sicherheit getroffen. Was nun kommt, bleibt unklar. Die Situation wird sich aber verschlechtern. Wenn das Chaos ersichtlich wird, wird Trump sein Standardprogramm abfahren und einmal mehr allen anderen die Schuld geben: seinen politischen Gegnern, seinem Vorgänger, den Europäern und den Iranern. In Wahrheit trägt aber nur einer die Verantwortung: Präsident Trump, Amerikas oberste Abrissbirne. New York Times

    Präsident Trump hat am Dienstag die USA von dem Iran-Atomabkommen zurückgezogen und es richtigerweise als "in seinem Kern mangelhaft" bezeichnet. Doch er hat auch dem Iran die Möglichkeit angeboten, einen besseren Deal auszuhandeln, wenn er wirklich keine Atomwaffen will. Trumps Herausforderung ist es nun, eine Strategie und Allianzen aufzubauen, um den Iran zurückzuhalten, bis er die wichtigen Beschränkungen akzeptiert, die Barack Obama nicht verhängen wollte. Wall Street Journal

    Pressestimmen aus Europa

    Das schlimmste Szenario ist nun, dass Teheran noch entschlossener vorgeht. Extremere Element des Regimes haben das Abkommen nie gemocht und werden nun angetan sein von der Möglichkeit, das Atomprogramm neu zu beleben. Tatsächlich dürfte eine der großen langfristigen Folgen des Ausstiegs aus dem Deal von 2015 darin bestehen, dass die Hardliner ermutigt und die eher nüchternen Gesprächspartner im Iran an den Rand gedrängt werden. London Times

    Falls dieses Atom-Abkommen endgültig untergeht, wird die Zukunft von zwei Bedrohungen belastet. Kurzfristig eine Konfrontation zwischen Israel und dem Iran. Längerfristig ein allgemeiner Neustart des Rennens nach der Atomwaffe. Im Mittleren Orient hat Saudi-Arabien bereits wissen lassen, dass es einem neuen iranischen Anlauf nicht mit gesenkten Armen zuschauen wird. Le Figaro (Frankreich)

    Wir wissen nun, dass es sich bei Trump nicht auszahlt, ihm den Hof zu machen. Emmanuel Macron wird sich daran erinnern; er wird von seinem amerikanischen Freund, bei dem er ein sehr inständiges Lobbying betrieben hatte, scharf desavouiert. Nach seiner unanständigen Bemerkung über die Bataclan-Anschläge hat Trump diesem "großartigen Macron!" den Stinkefinger gezeigt... Mehr denn je ist allein Europa in der Lage, die Herausforderung anzunehmen, um dem Iran eine Spirale der Misere und der Gewalt zu ersparen und dabei solidarisch mit China und Russland zu bleiben. Falls Europa dies nicht tut, können sich angesichts der Isolation Trumps alle Büchsen der Pandora im Mittleren Osten öffnen. La Montagne (Frankreich)

    Wie immer verspricht er "a better deal", eine bessere Vereinbarung. Das ist nur eine Formel. Das war sein Versprechen beim Pariser Klimavertrag; das hat er gesagt, als er seine Botschaft nach Jerusalem verlagert hat; das sagt er immer, um mit wenigen Worten das Fehlen einer Vision zu verhüllen. In dieser Sache gibt es keinen "better deal". Nur eine weiße Seite voller Ängste. Dernières Nouvelles d'Alsace (Frankreich)

    Die Entscheidung, alle möglichen Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft zu setzen, bedeutet eine globale Katastrophe. Sie weckt Misstrauen zwischen Washington und den restlichen Unterzeichnern des Abkommens - Russland, China, Frankreich, Deutschland und Grobritannien -, stärkt die reaktionärsten Sektoren im Iran, führt zu einem höheren Ölpreis und stellt nur Saudi-Arabien und Israel zufrieden (...) Trump scheint alle von seinem Vorgänger Barack Obama unterzeichneten Abkommen außer Kraft setzen zu wollen. La Vanguardia (Spanien)

    Nichts deutet darauf hin, dass Trump ernsthaft für den "Tag danach" geplant hat. Wie werden die Amerikaner reagieren, wenn Iran das Atomabkommen seinerseits zu verletzen beginnt und beispielsweise die Urananreicherung ankurbelt? Wie wollen die USA in einigen Wochen beim Gipfeltreffen mit Nordkorea glaubwürdige Zusagen machen, wenn sie gegenüber Iran soeben wortbrüchig geworden sind? Nehmen sie in ihrer Sanktionspolitik einen weiteren Handelskonflikt mit Europa in Kauf? Und wie will Trump glaubwürdig eine Politik der Härte gegenüber Iran verfolgen, wenn er gleichzeitig den Abzug aus Syrien plant und den Iranern dort freies Feld überlässt? Die Antworten auf all diese Fragen sind offen. Neue Zürcher Zeitung

    Pressestimmen aus Asien und dem nahen Osten

    In einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten ist kein Raum für reinen Egoismus. Wenn Trumps Amerika-Zuerst-Doktrin bedeutet, dass die USA ihre eigenen Interessen auf Kosten anderer Länder verfolgen, werden die USA früher oder später zunehmend isoliert auf der Weltbühne dastehen. China Daily

    Die Tatsache, dass (der israelische Regierungschef Benjamin) Netanjahu nachweisbar und öffentlich gegen das Abkommen vorgeht, könnte den Eindruck erwecken, dass Israel die Welt zu einem Krieg drängt. Der Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Vertrag, unter anderem wegen der von Netanjahu gelieferten "Beweise", könnte zu einer Spaltung innerhalb Israels natürlicher Koalition führen. Der Ministerpräsident denkt vielleicht, die Israelis sollten Trump dankbar sein, aber gegenwärtig gefährdet der Ausstieg der USA die Welt und bedroht Israel. Haaretz (Israel)

    Amerika ist zu alter Größe zurückkehrt (...) Trumps dramatische Erklärung könnte die Kluft zwischen ihm und Amerikas traditionellen Verbündeten in Europa noch vertiefen. Für den Verbündeten Israel zeigen seine eindeutigen Erklärungen aber nicht nur seine klare Unterstützung für Jerusalem angesichts der schweren und unmittelbaren Bedrohung von dessen Sicherheit durch Teheran, sondern sogar seine Verpflichtung, harte Strafmaßnahmen gegen das Regime in Israel Hajom

    Donald Trump hat die Region in eine neue alte Zeit zurückgeführt. Die Sprache der Eskalation und Sanktionen treten an die Stelle der relativen Ruhe mit dem Iran. (...) Teheran wird die europäische Haltung zu der Frage erkunden, wie das bewahrt werden kann, was übrig bleibt, obwohl die Chancen der iranischen Diplomatie gering sind (...) Tel Aviv und sein Verbündeter Riad wollen in ihrem offenen Krieg gegen Teheran an ihren Grenzen von der Trumpschen Unterschrift profitieren (...) Der amerikanischen Präsident hat den Tisch für alle umgestoßen. Al-Akhbar (Libanon; Die Zeitung steht der Schiitenmiliz Hisbollah nahe)

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