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CSU: Wird Markus Söder doch noch Kanzlerkandidat Söder?

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Wird Markus Söder doch noch Kanzlerkandidat Söder?

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    Sein Platz sei in Bayern, sagt Markus Söder gerne. Doch es gibt immer mehr Menschen, die sich den CSU-Chef auch in Berlin ganz gut vorstellen könnten.
    Sein Platz sei in Bayern, sagt Markus Söder gerne. Doch es gibt immer mehr Menschen, die sich den CSU-Chef auch in Berlin ganz gut vorstellen könnten. Foto: Imago Images

    Es ist eine höchst amüsante Vorstellung: Markus Söder sitzt hoch oben in den bayerischen Bergen auf einer Wiese und sinniert blümchenrupfend vor sich hin: Soll ich wollen? Soll ich nicht wollen? Soll ich vielleicht doch wollen? Oder doch lieber nicht? Das Land scheint ihm zu Füßen zu liegen: Seine CSU kratzt in der Wählergunst in Bayern wieder an der 50-Prozent-Marke. In der CDU kann ihm außer Angela Merkel zur Zeit keiner das Wasser reichen. Von hier oben aus scheint sogar das gut 600 Kilometer entfernte Kanzleramt in greifbarer Nähe. Und bis zur Bundestagswahl sind es nur noch rund 15 Monate.

    Jede kleine Bemerkung Söders wird gedeutet

    Mit der Wirklichkeit hat diese Fantasie sehr wahrscheinlich wenig zu tun: Nicht Söder sinniert über eine mögliche Kanzlerkandidatur nach, aber viele andere spekulieren, was das Zeug hält. In der CSU, die nach Jahren der Zwistigkeiten und Machtkämpfe wieder mit sich im Reinen ist, lautet die bange Frage: Er wird doch wohl nicht doch wollen wollen, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz? In der CDU geht die Sorge um: Wir werden doch wohl nicht so tief sinken, dass wir ihn bitten müssen? Und in vielen Redaktionsstuben wird jede noch so klitzekleine Bemerkung oder Nicht-Bemerkung zum Indiz für einen möglicherweise sich anbahnenden Sinneswandel des CSU-Vorsitzenden gedeutet.

    Söder kann sich vorstellen, dieses Jahr in Deutschlands Norden Urlaub zu machen. Das Bild zeigt ihn in Bayern.
    Söder kann sich vorstellen, dieses Jahr in Deutschlands Norden Urlaub zu machen. Das Bild zeigt ihn in Bayern. Foto: Armin Weigel, dpa

    Vergangene Woche ging das so: Söder sagt, er wolle in Norddeutschland Urlaub machen und denke über eine Wattwanderung mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nach – prompt heißt es, er laufe sich auf fremdem Terrain schon mal warm. Söder dementiert in einem Interview erstmals seit Monaten nicht mehr ausdrücklich alle Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur – prompt wird geraunt: Aha, er sagt nicht mehr Nein. Scheinbar komplett wird die Indizienkette durch zwei Sätze des Möchtegern-Kanzlers Friedrich Merz (CDU): „Ich sehe Markus Söder nicht als einen Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur. Ich nehme seine Äußerung ernst, dass er in Bayern bleiben will.“ Umgehend wird gefolgert, dass der kluge Herr Merz schon seine Gründe haben werde, so etwas zu sagen. So rede schließlich nur einer, der sich einen Konkurrenten vom Leib halten will.

    Weitaus realistischer als derlei Glaskugel-Prognosen ist da schon der grundsätzliche Verdacht, den Hans Well, einst politischer Kopf der legendären Biermösl-Blosn, gerade im Interview mit unserer Redaktion formuliert hat: „Söder ist ehrgeizig, wenn er die Chance hat, wird er sie nutzen. Der fühlt sich ja als Enkel von Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber. Wenn er das schaffen würde, was den beiden nicht gelungen ist, wäre das für ihn schon die Krönung, die Vollendung der bayerischen Geschichte.“

    Man kann Söders Dementis glauben, muss es aber nicht

    Untermauern ließe sich diese Sicht der Dinge noch mit zwei Argumenten. Erstens: Man muss Söder seine Dementis nicht glauben. Schließlich hat auch Strauß dereinst gesagt, es sei „reizvoller, in Alaska eine Ananasfarm aufzubauen, als in Deutschland das Bundeskanzleramt zu übernehmen“. Er ist Jahre später dann aber doch angetreten. Zweitens: Es wäre höchst unklug, sich mit einer Kandidatur zu früh aus der Deckung zu wagen. Selbst wenn Söder insgeheim wollen würde – sagen dürfe er das zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Andernfalls könnte ihm das Schicksal des SPD-Kandidaten Martin Schulz drohen – erst hoch gelobt, dann von Freund und Feind demontiert und tief gestürzt.

    Söders Ehrgeiz ist unbestritten, ebenso seine strategischen Fähigkeiten, in Machtkämpfen zu bestehen. Wer aber sagt, dass sich sein Ehrgeiz schon im Jahr 2021 auf das Kanzleramt richtet, wo er doch einem anderen großen Ziel, der Rückgewinnung der absoluten Mehrheit der CSU in Bayern im Jahr 2023, viel näher ist? Und wer möchte bestreiten, dass er als CSU-Chef in der Berliner Koalition mehr Macht hat und weniger angreifbar ist, denn als Kanzlerkandidat?

    In Bayern regiert Markus Söder mit Hubert Aiwanger.
    In Bayern regiert Markus Söder mit Hubert Aiwanger. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Die Bewerbung eines CSU-Politikers um das Amt des Bundeskanzlers – das ist die vorherrschende Meinung in der CSU – gleiche einem Russlandfeldzug. Am langen Ende sei eine Niederlage unvermeidlich. Das habe sich besonders deutlich beim Kanzlerwahlkampf von Edmund Stoiber gegen Gerhard Schröder (SPD) im Jahr 2002 gezeigt. Bis kurz vor Schluss habe Stoiber wie der sichere Sieger ausgesehen. Er scheiterte knapp, auch weil die CDU nicht überall in Deutschland mit voller Überzeugung hinter ihm stand. Die Wertschätzung für Bayern in anderen Bundesländern mische sich immer mit einem gewissen Misstrauen. Wenn ein Bayer Kanzler werden wolle, so heißt es in der CSU-Spitze, dann stehe er andernorts in Deutschland immer in Verdacht, „dass er das Kanzleramt ins Hofbräuhaus verlagern will“.

    CSU-Kanzlerkandidaten haben es in Deutschland immer schwer

    Hinzu komme, dass die Voraussetzungen für einen CSU-Kandidaten noch aus einem weiteren Grund prinzipiell schlecht seien: Der „Kanzlerwahlverein“ CDU überlasse einem CSU-Kandidaten nur dann das Feld, wenn die CDU zu schwach sei, selbst einen überzeugenden Kandidaten zu nominieren. Momentan ist die CDU stark, weil die Kanzlerin stark ist. Ob sie es ohne Merkel auch noch sein wird, das ist ungewiss. Schwächelt aber die CDU, kann ein Unions-Kandidat die Wahl nicht gewinnen.

    Markus Söder geht nach einer Pressekonferenz durch den Hofgarten.
    Markus Söder geht nach einer Pressekonferenz durch den Hofgarten. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Und dann ist da noch etwas, das die CSU-Führung von dem Gedanken zurückschrecken lässt, ihren aktuell stärksten Mann ins Rennen zu schicken: Sie würde im Falle eines Wahlsiegs der Union ihre über Jahrzehnte hinweg mit einigem Erfolg praktizierte Strategie aufgeben müssen, gleichzeitig in Berlin mitzuregieren und von München aus gegen die Berliner Politik zu stänkern. Diese Strategie trug seit den Anfängen der Bundesrepublik wesentlich zur Vormachtstellung der CSU in Bayern bei. Das wäre auch künftig der Fall, insbesondere dann, wenn die Union vom Herbst kommenden Jahres an in Berlin mit den Grünen regieren müsste.

    Unterm Strich heißt das für Söder, dass die Risiken einer Kanzlerkandidatur die Chancen für ihn wie für seine Partei deutlich überwiegen. Kaum jemand in seiner Umgebung traut ihm zu, diese Risiken einzugehen. Manche sagen, er trete, wenn überhaupt, nur dann an, wenn er davon überzeugt sei, zu gewinnen.

    Mit Corona ändert sich alles - auch für Söder?

    Den Spekulationen freilich, ob er es sich nicht vielleicht doch noch anders überlegt, werden all diese Argumente kein Ende bereiten, vor allem deshalb, weil ein neues Gegenargument hinzugekommen ist. Es lautet: Mit Corona ändert sich alles. Sein Auftreten in der Krise habe Söder in den Umfragen nach oben katapultiert, unmittelbar hinter die Kanzlerin und weit vor die möglichen CDU-Kandidaten. Der Verdacht, er könnte der Versuchung nachgeben, ist offenbar so stark, dass CSU-Generalsekretär Markus Blume erneut beteuern muss: „Markus Söders Platz ist in Bayern.“

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