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Diskussion um Praxisgebühr von 5 Euro: Der ungeliebte Obolus

Diskussion um Praxisgebühr von 5 Euro

Der ungeliebte Obolus

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    Momentan müssen Patienten pro Quartal zehn Euro zahlen. Die schwarz-gelbe Koalition will die Praxisgebühr im kommenden Jahr reformieren. Foto: Patrick Pleul dpa
    Momentan müssen Patienten pro Quartal zehn Euro zahlen. Die schwarz-gelbe Koalition will die Praxisgebühr im kommenden Jahr reformieren. Foto: Patrick Pleul dpa

    Augsburg Der Aufschrei war groß, als die Bild-Zeitung vergangene Woche in Riesenbuchstaben fragte: „Neue Praxisgebühr: Kostet jeder Arztbesuch bald fünf Euro?“ Obwohl das Gesundheitsministerium sofort dementierte, es gebe in dem Ressort keinerlei Überlegungen für eine derartige Fünf-Euro-Gebühr, brauste über die Koalition eine Welle der Empörung hinweg.

    Bei Gesundheitspolitikern der Union und FDP heißt es nun, das Fünf-Euro-Modell wolle niemand. Im Gegenteil, eigentlich würden viele die Praxisgebühr ganz abschaffen, nur weiß keiner, wie man die knapp jährlich zwei Milliarden Euro Einnahmen ersetzen soll, die das heutige Modell in die Kassen des Gesundheitssystems spült. Angeblich hat Kanzlerin Angela Merkel persönlich ein Veto gegen die Idee eingelegt, Milliardenüberschüsse der Krankenkassen als entsprechendes Wählergeschenk zu missbrauchen.

    Union und FDP hatten es sich vor gut zwei Jahren in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Regelung zu überprüfen, die von der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bereits unter Rot-Grün eingeführt wurde. Ziel war es damals, die Zahl der Arztbesuche und damit auch Kosten zu senken. Doch laut Statistiken gehen die Deutschen heute genauso oft zum Arzt wie im Jahr 2003. Und Ärzteverbände klagen über den hohen bürokratischen Aufwand bei der Einziehung der Gebühr und der Verfolgung säumiger Kunden.

    Auch die SPD kann mit ihrer Erfindung nichts mehr anfangen. Ihr heutiger Gesundheitsexperte Karl Lauterbach war als Wissenschaftler schon bei der Einführung gegen die Gebühr. Seiner Meinung nach schreckt der Pflichtobolus Geringverdiener vor sinnvollen Arztbesuchen ab und treibe gleichzeitig Gutverdiener in die Hände der Privatversicherungen, weil sie sich ärgern, trotz hoher Gehaltsabzüge nochmals beim Arzt zur Kasse gebeten zu werden. Zudem sagte Lauterbach schon damals voraus, dass die Praxisgebühr die Zahl der Arztbesuche auch nicht mehr dämpfen werde als die üblichen Wartezeiten.

    Zwar könnte laut Wissenschaftlern eine Fünf-Euro-Gebühr pro Arztbesuch tatsächlich Patienten vor überflüssigen Arztbesuchen abschrecken. Doch in Koalitionskreisen gilt dieses Modell als ausgeschlossen. „Die Fünf-Euro-Idee ist kein Beitrag zur Entbürokratisierung“, betont etwa der FDP-Gesundheitsexperte Lars Lindemann.

    Ursprünglich kam der Fünf-Euro-Vorschlag vergangenes Jahr vom CDU-Politiker Josef Schlarmann im Sommerloch. Damals wies Philipp Rösler als FDP-Gesundheitsminister den Vorstoß mit den Worten zurück: Zusätzliche Belastungen für Patienten seien für die Koalition „kein Thema“.  "Leitartikel Seite 2

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