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Diplomatische Krise: Türkischer Außenminister wiederholt Nazi-Vorwurf

Diplomatische Krise

Türkischer Außenminister wiederholt Nazi-Vorwurf

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    Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu.
    Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Foto: Daniel Reinhardt, dpa (Archivfoto)

    Es ist der Tag, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr starkes Interesse an guten deutsch-türkischen Beziehungen trotz aller derzeit „tiefen und ernsthaften Meinungsverschiedenheiten“ betont. Es ist auch der Tag, an dem sie sich dagegen verwahrt, dass hochrangige türkische Politiker die aktuellen Kontroversen mit den Menschheitsverbrechen des Nationasozialismus in Verbindung bringen. Und es ist der Tag, an dem der Bundestag einmütig auf Fehlentwicklungen am Bosporus hinweist.

    An diesem Tag gibt der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu dem Nachrichtensender Türk-CNN ein Interview. Darin kündigt er nicht nur 30 weitere Wahlkampftermine in Deutschland an, sondern wiederholt auch den Nazi-Vergleich. Die Deutschen seien „blockiert durch den Begriff Nazi“, erklärt er. „Wir sagen nicht, dass die aktuelle Regierung Nazi ist. Aber ob man will oder nicht, ihre Praktiken erinnern uns an die Praktiken dieser Epoche damals.“

    Auftrittsverbote belasten Verhältnis mit der Türkei

    Hintergrund sind die scharfe Kritik an und die Absagen von Auftritten der Vertreter des türkischen Regierungslagers, die in Deutschland für die Annahme der Verfassungsänderungen mit umfassenden Machtbefugnissen für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beim Referendum am 16. April werben wollen. Die Wahlkampftermine auf deutschem Boden belasten das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara seit Tagen schwer. Laut ARD-Deutschlandtrend lehnen die Bürger die Auftritte türkischer Politiker nahezu geschlossen ab. 91 Prozent gaben in der Umfrage an, dass sie derartige Veranstaltungen nicht gut finden.

    Und während Cavusoglu noch darauf beharrt, dass die geplanten Veranstaltungen, über die die deutschen Behörden informiert seien, auch stattfinden können („Was wir von Deutschland erwarten, ist, dass es dieses Problem regelt.“), wird deutlich, dass er und seine Parteifreunde sich genau genommen außerhalb des türkischen Rechts bewegen. Denn in Artikel 94/A des von der Regierungspartei AKP unter Erdogan 2008 eingeführten Wahlgesetzes heißt es: „Im Ausland und in Vertretungen im Ausland kann kein Wahlkampf betrieben werden.“ Nur hält sich keiner dran. Der Vertreter der Oppositionspartei CHP in der Wahlkommission, Mehmet Hadimi Yakupoglu, weist auf eine entscheidende Schwäche des Gesetzes hin: Es sei nicht geregelt, wer dessen Einhaltung kontrolliert und welche Strafen bei Verstößen verhängt würden: „Deshalb besteht es nur als moralische Regel.“

    Merkel: Nazi-Vergleiche müssen aufhören

    Zurück in den Bundestag: „Diese Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus müssen aufhören“, sagt die Kanzlerin an die Adresse der türkischen Regierung. Sie betont die Grundsätzlichkeit des Streites: Er betreffe Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit in der Türkei. „All das legt die ganze Bundesregierung in all ihren Gesprächen wieder und wieder auf den Tisch.“ Dazu gehöre natürlich auch, dass sich Berlin mit aller Kraft für die Freilassung des in der

    Vor Angela Merkel hat schon Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Türkei vor der „Entwicklung zu einem zunehmend autokratischen Staat“ gewarnt. „Hierzulande kann jeder seine Meinung sagen“, sagt er, „auch ausländische Gäste. Wir aber auch.“ Deswegen werde Deutschland „gerade auch im Interesse unserer türkischen Mitbürger, die zugleich deutsche Staatsbürger sind“, auf Fehlentwicklungen hinweisen.

    Der in die Mitte Europas getragene Wahlkampf ist beileibe kein rein deutsch-türkisches Problem. In der Schweiz hat gerade ein Züricher Hotel aus Sicherheitsgründen eine am Sonntag geplante Veranstaltung mit Cavusoglu abgesagt. Der Minister aus Ankara wollte sich dort unter anderem „mit Mitgliedern der türkischen Gemeinschaft in der

    Auch in den Niederlanden ist ein Treffen von Erdogan–Anhängern abgesagt worden, an dem der türkische Außenminister hätte teilnehmen sollen. Cavusoglu wiederum gibt sich im CNN-Interview unbeeindruckt: Niemand könne ihn an einem Besuch in den mit afp, dpa

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