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Diplomatie: Merkel und Putin: Was bleibt, ist eisiges Schweigen

Diplomatie

Merkel und Putin: Was bleibt, ist eisiges Schweigen

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    Nur einer hier ist hier entspannt. Merkel und Putin samt Hund im Jahr 2007.
    Nur einer hier ist hier entspannt. Merkel und Putin samt Hund im Jahr 2007. Foto: Sergei Chirikov, dpa (Archivbild)

    Es gibt diese eine Szene, die das Verhältnis zwischen Angela Merkel und Wladimir Putin vielleicht besser beschreibt, als es Worte könnten. Hunde flößen der Bundeskanzlerin großen Respekt ein. Und was macht der Kreml-Chef? Bringt zum Plausch mit der deutschen Regierungschefin vor laufenden Fernsehkameras im Januar 2007 seinen schwarzen Labrador mit, der durchaus als stattlich bezeichnet werden darf. Entspannt ist fortan nur noch der Herr im Haus. Und der gibt sich nur wenig Mühe, zu verbergen, wie viel Spaß ihm die Situation macht. In psychologischer Kriegsführung hat er Merkel viel voraus. Die Kanzlerin ist erst ein gutes Jahr im Amt und noch unerfahren. Putin ist ein Profi. Der russische Macho, der bis heute eine Männerfreundschaft mit Merkels Vorgänger Gerhard Schröder pflegt, lächelt süffisant.

    Merkel und Putin sprechen die Sprache des anderen, mehr aber auch nicht

    Mit Putin verbindet die Bundeskanzlerin seither eine Art politische Hassliebe. Beide sind länger im Amt als die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie es auf dem politischen Parkett zu tun haben. Putin spricht deutsch, Merkel spricht russisch. Das schafft eine gewisse Nähe. Doch das Klima zwischen den beiden war von Beginn an kalt. Und es wurde die Jahre über immer kälter.

    Am Mittwoch nun war ein neuer Frostgrad erreicht. Ungewohnt undiplomatisch konstatierte Merkel „sehr schwerwiegende Fragen“ zu dem Giftanschlag auf den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Fragen, die „nur die russische Regierung beantworten kann und beantworten muss“. Fragen an Wladimir Putin. Am Donnerstag dann wollte die Kanzlerin gar nichts mehr zu dem brisanten Fall sagen. Sie habe umfassend Stellung genommen, teilte sie mit unbewegter Miene mit. Es ist die Höchststrafe, zu der die Politikerin in solchen Fällen fähig ist: Kollege Putin, soll das heißen, du bist mir kein weiteres Wort wert.

    Merkel hat Respekt vor Hunden, Putin bringt seinen Hund mit

    Lange hatte sich Merkel bemüht, den Gesprächsfaden zu Moskau nicht abreißen zu lassen, zu vermitteln, Machtspielchen ins Leere laufen zu lassen, Provokationen zu ertragen. Nun, auf der Zielgeraden ihrer Karriere, scheint sich das zu ändern. Sie hat nichts mehr zu verlieren – und die Szene mit dem Hund bis heute nicht vergessen. Angst habe sie nicht gehabt, erzählt sie später einmal, aber eine gewisse Sorge, weil sie einmal gebissen worden sei. „Obwohl, wie ich glaube, der russische Präsident genau wusste, dass ich nicht gerade begierig darauf war, seinen Hund zu begrüßen, brachte er ihn mit. Aber so war es nun mal. Und man sieht ja, wie ich mich tapfer bemühe, Richtung Putin zu gucken und nicht Richtung Hund.“ Das ist Merkels offizielle Darstellung. Aber hinter den Kulissen weiß man: Sie hat dem Russen diese öffentliche Demütigung nie verziehen.

    Auch in den Jahren danach bewegt sich die deutsche Regierungschefin in dem Spannungsfeld dessen, was sie von Putin persönlich denkt und was politisch angebracht ist. Denn klar ist auch, dass Merkel niemals persönliche Befindlichkeiten über das politisch Notwendige stellen würde. Ein Beispiel: der Krieg in Syrien. Offen kritisiert Deutschland die russische Rolle in dem blutigen Konflikt nur vorsichtig. Merkel weiß, dass es ohne Putin nie zu einer Lösung kommen wird und hält sich zurück. Inoffiziell sind sie und ihre Diplomaten aber entsetzt angesichts seines Vorgehens gegen Schulen oder Krankenhäuser. Sie beklagen, der russische Präsident lüge wie gedruckt.

    Sie duzen sich und telefonieren viel

    Es gibt auch immer mal wieder Lichtblicke. Beide telefonieren oft, der Wegfall von Sprachbarrieren hilft. Sie duzen sich, legen gemeinsam Kränze am Grabmal des Unbekannten Soldaten in Moskau nieder, lachen herzhaft auf der Hannover Messe. Manch gute Flasche Rotwein ist dem Vernehmen nach bei bilateralen Gesprächen geleert worden. Aber vor allem seit dem erneuten Amtsantritt Putins 2012 bringt der russische Präsident seine deutsche Kollegin immer wieder in Rage. Da ist natürlich der Konflikt in der Ukraine. Oder die Auflösung der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti. Die Verschärfung der staatlichen Kontrolle im bereits stark regulierten Mediensektor geht gegen alle Prinzipien der Kanzlerin.

    Laut Bundesregierung "zweifelsfrei" erwiesen: Alexej Nawalny ist mit Nowitschok vergiftet worden.
    Laut Bundesregierung "zweifelsfrei" erwiesen: Alexej Nawalny ist mit Nowitschok vergiftet worden. Foto: Pavel Golovkin, dpa

    Auch das harte Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau empfindet man in Berlin als massive Provokation. Dann gibt es auch noch den Verdacht, der russische Geheimdienst nehme Einfluss auf die Bundestagswahl und versuche, die Stimmung in Deutschland aufzuheizen. Nun auch noch Nawalny. Und überall soll Putin seine Finger im Spiel haben. Ist das Maß voll? Zumindest sollte man das meinen, aber zu den ganz harten Einschnitten kommt es am Ende dann doch nie. Ein militärisches Eingreifen ist ausgeschlossen. Es bleibt beim Versuch, einen politisch-diplomatischen Prozess in Gang zu setzen, wie Merkel es ausdrückt. Also bei Worthülsen, beim ständigen Lavieren.

    Die Bundeskanzlerin weiß um die Interessen der deutschen Wirtschaft an einem guten Verhältnis zu Russland. Besonders der strukturschwache Osten hängt am Tropf des Kremls und dringt auf Entspannung. Auch deshalb sind die Sanktionen gegen Moskau, ausgesprochen nach der Annexion der Krim, längst kein scharfes Schwert mehr.

    Merkel verliert die Geduld mit Putin

    Im persönlichen Bereich jedoch hat Merkel nun das Tischtuch zerschnitten. Putin sagte einmal über die Kanzlerin, er vertraue ihr, sie sei ein sehr offener Mensch. Umkehrt sind solche Äußerungen nicht bekannt. Und es sieht nicht danach aus, als ob Merkel im letzten Regierungsjahr ihre Meinung noch ändern wird. Zumal selbst Politiker wie Horst Seehofer, die bislang stets darum geworben hatten, das Verhältnis zum Kreml nicht komplett vereisen zu lassen, langsam resignieren. Als bayerischer Ministerpräsident war Seehofer mehrfach nach Moskau gereist. „Wir wollen mit ehrlichem Herzen unseren Beitrag leisten, dass wir in diesem schwierigen politischen Umfeld wieder ein Stück Vertrauen und Normalität herstellen“, sagte er damals zu seinem Gastgeber. Für den CSU-Politiker bedeutet Realpolitik, auch mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die nicht über jeden moralischen Zweifel erhaben sind. Diese pragmatische Form im Umgang mit schwierigen Gesprächspartnern zeichnet auch die Kanzlerin aus. Doch zumindest mit Putin scheint ihre Geduld am Ende zu sein.

    Lesen Sie hierzu auch den Kommentar: Eine Freundschaft mit Wladimir Putin ist eine gefährliche Illusion

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