Es sind dramatische Szenen. Peter Altmaier hat gerade auf der Bühne seine Rede auf dem Digitalgipfel in Dortmund beendet. Der Wirtschaftsminister will zurück zu seinem Platz in der ersten Reihe, dafür muss er eine Treppe herunter. Doch der 61-Jährige gerät ins Stolpern, verliert das Gleichgewicht und stürzt. Zuschauer in den ersten Reihen springen erschrocken auf, halten sich die Hände vors Gesicht, wie Fernsehbilder zeigen.
Altmaier ist kurz bewusstlos, kommt aber noch vor Ort zu sich. Rettungssanitäter sind schnell beim Minister. Die Helfer schirmen den am Boden liegenden CDU-Politiker mit einem schwarzen Laken vor Blicken ab. Altmaier wird mit einem Rettungswagen in ein Dortmunder Krankenhaus gebracht und untersucht.
Nach Stunden dann Nachrichten über die Diagnose: Der Wirtschaftsminister erleidet beim Sturz einen Nasenbeinbruch und trägt eine Platzwunde, Prellungen und Schürfwunden davon, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfährt. Wie lange er in der Klinik bleiben muss, sei unklar und werde sich erst am Mittwoch entscheiden. Die Kabinettssitzung in Berlin an dem Tag wird er verpassen.
Peter Altmaier spricht nach Sturz von "Schreckminuten"
Ein Nasenbeinbruch, eine Platzwunde, Prellungen und Schürfwunden - das hört sich schlimm an. Altmaier aber hatte am Ende wohl "Glück im Unglück", wie es in der Regierung heißt - der Sturz hätte noch viel schlimmere Folgen haben können.
Er selbst schreibt später auf Twitter, nach den "Schreckminuten" werde er sehr gut von fachkundigem Personal behandelt, zugleich bedankt er sich für die vielen Genesungswünsche. Kanzlerin Angela Merkel berichtet dann in ihrer Rede auf dem Digitalgipfel, Altmaier müsse sich ein bisschen pflegen. "Aber es geht ihm gut. Ich bin optimistisch, dass er bald wieder an Deck ist."
"Uns allen stockte der Atem", schildert der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet die dramatischen Minuten. Er hatte vor Altmaier im Forum A der Messehalle geredet. "Gut, dass sofort ein Arzt und Medizinprofessor bei ihm war." Die Linke-Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg twittert nach dem Sturz: "Alle machen sich große Sorgen."
Vor seinen Ausführungen auf der Bühne noch strahlte Altmaier in die Kameras, neben sich Laschet und der Präsident des Digitalverbandes Bitkom. Denn für den Minister sollte es eigentlich ein großer Tag werden. Monatelang hatte das Ministerium an dem Projekt gearbeitet, das der Minister vorstellte. Es geht um eine neue europäische Daten-Infrastruktur - als Alternative zu Diensten amerikanischer Internet-Riesen. Das Cloud-Netzwerk Gaia-X soll unter anderem europäischen Firmen den Weg zu digitalen Geschäftsmodellen ebnen und auch helfen, mit Hilfe von Datenanalyse Krankheiten wie Krebs zu bekämpfen.
Maas: "Dein Sturz hat uns einen Schrecken eingejagt"
Dann aber der Sturz. Kaum war er bekannt, prasseln via Twitter Genesungswünsche ein. "Was für ein Schreck! Lieber Peter Altmaier, ich wünsche Dir gute Besserung und dass Du schnell wieder auf die Beine kommst", schreibt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch Außenminister Heiko Mass, wie Altmaier und "AKK" ein Saarländer, meldet sich zu Wort und wünscht gute Genesung: "Dein Sturz hat uns einen Schrecken eingejagt", twittert Maas - und fügt Kritik an hämischen und missgünstigen Kommentaren im Netz hinzu: "Tiefer sind aber diejenigen gefallen, die jetzt nur erbärmliche Kommentare übrig haben. Du weißt: Es kommt nicht aufs Hinfallen an, sondern dass man wieder aufsteht."
Im Namen der gesamten Bundesregierung wünscht der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gute Besserung. Altmaier ist seit Jahren ein enger Vertrauter Merkels. Er ist seit der Bildung der schwarz-roten Koalition im März 2018 Bundeswirtschaftsminister - der erste aus der CDU seit Jahrzehnten. Die Partei hatte große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Altmaier aber geriet vor allem bei Wirtschaftsverbänden ins Kreuzfeuer der Kritik. Einer der Kernvorwürfe: er habe bei der ersten Fassung einer Industriestrategie den Mittelstand vernachlässigt.
Die endgültige Fassung dieser Strategie soll eigentlich bald vorgestellt werden - dann im Konsens mit den einflussreichen Wirtschaftsverbänden. Und Altmaier hat auch sonst viel zu tun. Der Ausbau der Windkraft an Land ist ins Stocken geraten, die Bundesregierung muss gegensteuern. Und im November solle der Entwurf für ein Kohleausstiegsgesetz vom Kabinett beschlossen werden. Ein längerer Klinikaufenthalt käme Altmaier alles andere als gelegen. (dpa)
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