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Die besseren Karten im Postenpoker

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Die besseren Karten im Postenpoker

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    Timmermans wurde bis zuletzt als EU-Kommissionschef gehandelt.
    Timmermans wurde bis zuletzt als EU-Kommissionschef gehandelt. Foto: dpa

    Fünf Wochen lang war von Frans Timmermans fast gar nichts zu sehen. Nach der Europawahl tauchte der Sozialdemokrat ab. Wer den 58-Jährigen in Brüssel traf und nach seinen Chancen auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten fragte, bekam eine freundliche Abfuhr. Das werde er hoffentlich bald erfahren, sagte Timmermans dann verschmitzt. Die meisten hatten ihn schon abgeschrieben. Am Wochenende sah dann aber plötzlich alles ganz anders aus. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission hatte unversehens bessere Chancen als Wahlsieger Manfred Weber, als Nachfolger von Jean-Claude Juncker auf den Chefposten in der

    Timmermans’ Sozialdemokraten kamen europaweit mit 20,5 Prozent als Zweite ins Ziel – das schlechteste Ergebnis, das die Genossen je bei einer Europawahl einfuhren. Doch ein Plus hatte der Wahlverlierer: In dem ganzen partei- und machtpolitischen Hin und Her gab es fast niemanden, der Timmermans Eignung und Erfahrung absprach. Der Niederländer ist seit fünf Jahren Erster Vizepräsident der EU-Kommission. Zuvor war er bereits niederländischer Außenminister. Der Diplomatensohn parliert charmant und flüssig in sieben Sprachen. Im Wahlkampf beeindruckte er auch das deutsche Fernsehpublikum mit Schlagfertigkeit in fabelhaftem Deutsch.

    Der massige Mann mit den klingenden Vornamen Franciscus Cornelis Gerardus Maria stammt aus Heerlen an der deutsch-niederländischen Grenze, lebte aber in jungen Jahren schon in Paris, Brüssel und Rom. Er studierte französische Literatur- und Sprachwissenschaft in den Niederlanden und französische Literatur, Politik und Europarecht im französischen Nancy, bevor er wie sein Vater Diplomat wurde.

    Politisch bewegte sich Timmermans lange so mehrheitsfähig-mittig, dass Linke ihn als verkappten Liberalen verdächtigten. Im Wahlkampf gab er sich dann ein etwas linkeres Profil und stritt vor allem für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. „Wir müssen Europa dringend verändern“, sagte Timmermans. „Wir brauchen ein progressives

    In der Kommission war Timmermans unter anderem zuständig für das Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen, das er mit großer Verve vorantrieb. Auch der Streit über den Umbau von Justiz, Hochschulen und Medien in Ungarn lag bei Timmermans, ebenso die Auseinandersetzung über Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung in Rumänien. Für seine Bewerbung war dies von Anfang an der größte mögliche Stolperstein: Im Osten der EU hat Timmermans viele Gegner. Allerdings kommt die sogenannte Visegrád-Staatengruppe –

    Verena Schmitt-Roschmann, dpa

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