Mit der Forderung nach höheren Steuern für Reiche und einem mittelfristigen Mindestlohn von zwölf Euro will die Linke in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes punkten.
Beim Bundesparteitag in Dresden beschloss die Linke in der Nacht zum Sonntag ihr Wahlprogramm und wendet sich zudem gegen eine Abschaffung des Euro. In diesem Punkt wurde vorab heftig diskutiert.
Die Linke fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von zunächst 10 Euro
Mit einer überwältigenden Mehrheit bei lediglich fünf Nein-Stimmen und einigen Enthaltungen wurde das Wahlprogramm von den Deligierten angenommen. In dem Programm "100 Prozent Sozial" heißt es, dass der Hartz-IV-Regelsatz langfristig durch eine "bedarfsgerechte und sanktionsfreie Mindestsicherung" abgelöst werden soll.
Zudem möchte die Linke einen gesetzlichen Mindestlohn von zunächst zehn Euro, der bis Ende 2017 auf zwölf Euro steigen soll. Die Rente mit 67 will die Linke abschaffen.
Die Delegierten stellten sich gegen Lafontaines Vorschlag zum Euroausstieg
Oskar Lafontaine: Stationen einer Karriere
1966: Lafontaine wird SPD-Mitglied (bis 2005)
1970: SPD-Abgeordneter im saarländischen Landtag (bis 1975)
1976: Oberbürgermeister von Saarbrücken (bis 1985)
1985: Ministerpräsidenten des Saarlandes (bis 1998)
1987: stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender (bis 1995)
1998: Bundesfinanzminister der neuen rot-grünen Regierung (bis 1999)
1999: Überraschender Rücktritt als SPD-Chef und Finanzminister wegen Streits mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD)
2005: im Mai/Juni Austritt aus der SPD und Eintritt in die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG); im September Vorsitz der Linksfraktion im Bundestag gemeinsam mit Gregor Gysi
2007: Fusion von WASG und Linkspartei, Lafontaine wird neben Lothar Bisky Parteichef der Linken
2009: im August Landtagswahl im Saarland, mit Spitzenkandidat Lafontaine bekommt die Linke 21,3 Prozent; im Oktober Verzicht auf erneute Kandidatur für Fraktionsvorsitz im Bundestag; im November Bekanntgabe seiner Krebserkrankung
2010: Rückzug vom Parteivorsitz und Aufgabe des Bundestagsmandats
2013: Am 22. April kündigt der 69 Jahre alte Lafontaine an, trotz Drängens von Teilen seiner Partei nicht erneut für den Bundestag anzutreten. Er strebe auch keine weiteren Ämter oder Mandate an.
November 2016: Oskar Lafontaine wird die Linke im Saarland doch wieder in die Landtagswahl führen. Auf einer Landesmitgliederversammlung in Saarbrücken wählten knapp 89 Prozent der Abstimmenden den 73-Jährigen auf Platz eins der Landesliste.
In Hinblick auf die europäische Finanzkrise betonte die Linke, sie trete "nicht für ein Ende des Euro ein". Im Programm heißt es aber, dass die Voraussetzung für das Fortbestehen der Europäischen Währungsunion sei, den "Kurs der Austerität, der Kürzungspolitik" zu beenden.
Die Dresdner Delegierten stellten sich mit dem Bekenntnis zum Euro auch gegen die Position des früheren Fraktions- und Parteichefs Oskar Lafontaine, der zuvor eine Auflösung der Eurozone zur Sprache gebracht hatte.
Euroausstieg führte zu gewaltigen Problemen in Deutschland
Steuern rauf? Steuern runter? Die Positionen der Parteien
CDU/CSU: Um die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen zu entlasten, will die Union die kalte Progression entschärfen, die von jeder Lohnerhöhung etwas mehr auffrisst.
Zur Gegenfinanzierung hat der CDU-Experte Norbert Barthle eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes vorgeschlagen.
Im Moment greift der Spitzensteuersatz von 42 Prozent bei Alleinstehenden ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 53 000 Euro.
SPD: Sie will den Spitzensteuersatz für Einkommen über 100 000 Euro auf 49 Prozent und die Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent anheben.
Außerdem wollen die Sozialdemokraten die Vermögensteuer wieder einführen und das Ehegattensplitting für neu Verheiratete abschaffen.
Grüne: Bei ihnen wäre der Spitzensteuersatz bereits ab 80 000 Euro fällig. Kapitalerträge müssten nach dem persönlichen Steuersatz versteuert werden, also mit bis zu 49 Prozent.
Außerdem wollen die Grünen zeitlich befristet eine Vermögensabgabe einführen, die Erbschaftsteuer erhöhen und das Ehegattensplitting stufenweise abschmelzen.
Der Grundfreibetrag soll von 8130 auf 8712 Euro steigen, um kleine Einkommen zu entlasten.
FDP: Wie die Union haben sich auch die Liberalen den Kampf gegen die kalte Progression auf ihre Fahnen geschrieben. Steuererhöhungen lehnen sie aus Prinzip ab.
Der Solidaritätszuschlag soll bis zum Jahr 2019 schrittweise abgeschafft werden. Um die Haushalte zu konsolidieren, will die FDP Subventionen abschaffen.
Linke: Bei ihr gehört auch die Mittelschicht zu den Besserverdienern: 53 Prozent Spitzensteuersatz ab einem Einkommen von 65 000 Euro. Der Grundfreibetrag soll auf 9300 Euro steigen.
Banker sollen für Boni Sonderabgaben zahlen. Bei einem Privatvermögen von über einer Million Euro soll eine Vermögensteuer von fünf Prozent fällig werden.
Jeden Euro, der ein Jahreseinkommen von mehr als einer Million übersteigt, will die Linke nach französischem Vorbild mit 75 Prozent besteuern. (rwa)
Bernd Riexinger, der Parteichef der Linken, wies die Delegierten auf die Folgen eines Euro-Ausstiegs für Deutschland hin. In diesem Falle müsste die Bundesrepublik ihre Währung aufwerten, sagte er in der Debatte. Dadurch würden Lohnerhöhungen erschwert werden.
Auf Fraktionschef Gregor Gysi sagte, dass ein Aussteig aus dem euro zu "gewaltigen Problemen bei uns" führen würde, da dann die Exportwirtschaft zusammenbreche und der Süden Europas verelende.
Mindestlohn und Verbesserung der Rentenlage sind wichtige Punkte im Parteiprogramm
Grüne und SPD rief Gysi dazu auf, gemeinsam Mehrheiten für eine sozialere Politik in der Bundesrepublik zu schaffen. Die Linke setze sich für deutliche Verbesserungen für Rentner und einen flächendeckenden Mindestlohn von zunächst zehn Euro ein.
Unter Beifall rief der Fraktionschef: "Bewegen müssen sich hier SPD und die Grünen, und zwar gewaltig."
Linke will wieder zweistelliges Wahlergebnis
Gysi machte der SPD außerdem den Vorwurf, ein rot-grünes Bündnis nach der Bundestagswahl auszuschließen, nicht jedoch eine Koalition mit der FDP. Das Ziel der Linken sei es, bei der Bundestagswahl im September wie schon 2009 ein zweistelliges Ergebnis zu erreichen.
Damals hatte die Linke ein Rekordergebnis von 11,9 Prozent einfahren können. In aktuellen Umfragen liegt die Partei aber lediglich bei sechs und neun Prozent. AFP