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Die Grünen: Pädophilie-Debatte: Ein Spitzenkandidat im Sturm

Die Grünen

Pädophilie-Debatte: Ein Spitzenkandidat im Sturm

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    Jürgen Trittin muss kurz vor der Bundestagswahl Vorwürfe in der Pädophilie-Debatte parieren.
    Jürgen Trittin muss kurz vor der Bundestagswahl Vorwürfe in der Pädophilie-Debatte parieren. Foto: Soeren Stache (dpa)

    Die Grünen stehen angesichts der Vorwürfe in der Pädophilie-Debatte weiterhin massiv unter Druck - und das in der Endphase des Bundestags-Wahlkampfs.

    Unions-Politikerinnen fordern in einem Brief, der der "Leipziger Volkszeitung" vorlag, die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt auf, sich aktiv in die Aufklärung der "Pädophilie-Verstrickungen" ihres Kollegen Jürgen Trittin einzuschalten.

    "Null-Toleranz-Politik gegenüber Pädophilie"

    In dem Schreiben heißt es: "Als Mutter zweier Söhne dürfen Sie zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen nicht schweigen." Ferner fordert die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Dorothee Bär, zusammen mit sechs Frauen aus dem Junge-Union-Bundesvorstand Göring-Eckardt auf, "einen übergreifenden Konsens für eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Pädophilie" zu erarbeiten.

    Vorallem steht derzeit der Spitzenkandidat der Grünen in der Kritik: Jürgen Trittin. Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl wurde bekannt, dass Jürgen Trittin 1981 für ein Kommunalwahlprogramm verantwortlich war, in dem Straffreiheit für gewaltfreie sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern gefordert wurde. Das schrieben die Politologen Franz Walter und Stefan Klecha in einem Beitrag für die Berliner "Tageszeitung" ("taz"). Jürgen Trittin räumte dies als Fehler ein.

    Vorwurf an Grüne: Unterentwickeltes Bewusstsein für eigene Geschichte

    Der Mitautor der Pädophilie-Studie, Klecha, unterstellte den Grünen ein unterentwickeltes Bewusstsein für die eigene Geschichte. Dass die Studie überhaupt in Auftrag gegeben wurde, sei zwar gut, sagte der Politologe der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). "Aber grundsätzlich gilt: Man erinnert sich so schlecht an das, was gewesen ist, besser gesagt: Man erinnert sich nicht gerne. Die Vorgänge sind jedoch noch nicht solange her."

    Der unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, bescheinigte den Grünen indes, mit der unabhängigen Aufarbeitung ihrer Gründungszeit die richtige Entscheidung getroffen zu haben. "Auch schmerzhafte Ergebnisse werden veröffentlicht, das ist genau der richtige Weg", sagte Rörig dem "Tagesspiegel" (Dienstag). Zu Rücktrittsforderungen an Trittin sagte er, es müsse "in Ruhe und losgelöst vom Wahlkampf und von populistischen Forderungen entschieden werden, wie man auf die Opfer angemessen und sensibel zugeht".

    Grünen-Politiker: "Wir haben nicht genügend hingeschaut"

    Ralf Fücks von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung sagte am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin": "Wir haben das lange verdrängt, aber programmatisch reinen Tisch gemacht." Der frühere Grünen-Vorsitzende räumte ein: "Wir haben nicht genügend hingeschaut. (...) Wir hätten damals das Jugendamt und die Staatsanwaltschaft rufen sollen." Laut Fücks gab es in der Partei "eine falsche Scheu, mit Entschiedenheit gegen diese Gruppen vorzugehen". Die Rücktrittsforderung an Trittin sei allerdings "überzogen - es gibt Unterschiede zwischen Straftaten und politischen Fehlern".

    Grünen-Wahlkampfmanagerin Steffi Lemke sagte am Dienstag im Deutschlandfunk: "Wir haben unsere Verantwortung eingeräumt, unseren Fehler eingestanden und uns entschuldigt." Zu Trittin meinte sie: "Wir sind in einer extrem schwierigen Situation, wo er als Spitzenkandidat jetzt auch in einem Sturm steht, den wir selber zu verantworten haben." Gleichwohl sei Trittin "ein guter Spitzenkandidat, weil er die Partei in vielen Fragen gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt durch schwieriges Fahrwasser gesteuert hat".

    Hasselfeldt fordert Trittins Rückzug

    Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte die Grünen auf, einen Beauftragten für die Angelegenheiten von Missbrauchsopfern zu ernennen. "Die Grünen sind dabei, ihre moralischen Ansprüche, die sie jahrelang als Maßstab ihrer Politik geltend gemacht haben, zu verspielen", sagte er der Zeitung "Die Welt" (Dienstag). Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, verlangte von Trittin den Rückzug von der Spitzenkandidatur. Ginge es um den politischen Gegner, wäre Trittin "einer der ersten, die sich entrüstet und einen Rücktritt gefordert hätten", sagte sie der "Rheinischen Post" (Dienstag).

    dpa/AZ

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