Die Probleme haben sich in 25 Jahren Deutsche Bahn AG aufgehäuft. Und jetzt sollte ein Arbeitsfrühstück bei Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die entscheidende Wende zum Besseren bringen? Eine Illusion für einen Konzern, der seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahren wird, wieder eine Schuldenlast von 20 Milliarden Euro mit sich herum- schleppt und dringend 50 Milliarden Euro investieren müsste, die er nicht hat. Es scheint, als sollten dessen Manager als die Sündenböcke herhalten, als hätten sie alleine eine Bringschuld für pünktlichere und zuverlässigere, für saubere und auch noch bezahlbare Züge.
Natürlich hat der Bund als alleiniger Eigentümer der Bahn die Pflicht und das Recht, von der Unternehmensführung das Bestmögliche zu verlangen. Aber hat er in den vergangenen Jahrzehnten auch für den entsprechenden Rahmen gesorgt? Schweizer und Österreicher fahren besser Bahn als wir, weil ihre Regierungen anders als die deutsche schon lange damit begonnen haben, mehr in die Schiene als in Fernverkehrsstraßen zu investieren.
Die Bahn wird gebraucht, um die Klimaziele zu erreichen. Aber was hilft es, die Verlagerung von deutlich mehr Personen- und Güterverkehr auf die Schiene zu propagieren, wenn die Züge überfüllt und Strecken überlastet sind? Wenn Fahrpläne nicht so abgestimmt sind, dass beim Umsteigen die im ICE durch Schnelligkeit gewonnene Zeit durch langes Herumstehen auf dem Bahnsteig wieder verloren geht. Wenn ganze Regionen nicht mehr mit dem Zug erreichbar sind, weil es zu teuer erscheint, in marode gewordene Nebenstrecken zu investieren.
Bei der Bahn kann der Blick aufs Wesentliche schon mal verloren gehen
Es ist ein Unding, dass nur noch jeder vierte Fernzug pünktlich ist – und auch das nur nach den bahneigenen Kriterien, wenn bei bis zu sechs Minuten Verspätung noch ein Auge zugedrückt wird. Hier reicht es aber nicht, wenn die Politik nur pauschal mehr Pünktlichkeit einfordert. Sie sitzt sowohl am Geldhahn des Bundeshaushalts als auch im Aufsichtsrat des Bahnkonzerns und hat damit den nötigen Einfluss auf Spitzenpersonal und unternehmerische Entscheidungen. Fragt sich nur, ob sie ihre Möglichkeiten in den vergangenen Jahren auch genutzt hat oder dem anschwellenden Chaos allzu tatenlos zugeschaut hat. Es wäre aber auch fatal, wenn Politiker dem Irrglauben verfielen, alles besser zu können.
Die Bahn ist inzwischen ein Konglomerat von 700 Untergesellschaften. Da geht der Blick aufs Wesentliche schon mal verloren. Wichtige Entscheidungen scheitern an den zu vielen Entscheidern. Leidtragende sind die Reisenden, die Logistikkunden und – nicht zu vergessen – die vielen engagierten Mitarbeiter der Bahn. Das Unternehmen DB AG, das monopolartig und selbstverständlich wie einst seine Vorgänger ein Angebot auf der Schiene aus einem Guss anbietet, gibt es in dieser Form nicht mehr.
Der Bund muss für Schienenwege sorgen
25 Jahre nach seiner Gründung muss es endlich auf neue Beine gestellt werden mit klaren Zuständigkeiten. Der Bund muss – wie er es ganz selbstverständlich für Lkw und Pkw mit dem Straßenbau tut – für Schienenwege sorgen, die die Anforderungen eines attraktiven und leistungsfähigen Zugverkehrs erfüllen. Die Bahn muss in erster Linie diese Züge so betreiben, dass es keinen Verdruss mehr bedeutet, das Auto stehen zu lassen. Das geht nicht ohne deutlich mehr moderne Züge, nicht ohne mehr Personal und nicht ohne eine neue Unternehmenskultur, die Zuverlässigkeit zur obersten Maxime macht.
Davon ist man noch weit entfernt. Erwartungsgemäß hat das Zwei-Stunden-Gespräch am Dienstag nicht viel mehr gebracht als die Botschaft, dass man sich wieder zusammensetzen werde – immerhin jetzt schon am Donnerstag.
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