Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Deutschlandbesuch geht zu Ende: Papst Benedikt XVI. fordert Rückbesinnung auf alte Werte

Deutschlandbesuch geht zu Ende

Papst Benedikt XVI. fordert Rückbesinnung auf alte Werte

    • |
    Papst Benedikt XVI. gestikuliert am Sonntag (25.09.11) im Konzerthaus in Freiburg nach seiner Rede.
    Papst Benedikt XVI. gestikuliert am Sonntag (25.09.11) im Konzerthaus in Freiburg nach seiner Rede. Foto: Torsten Silz/dapd

    Auch am Wochenende hatte der Papst ein dichtes Programm absolviert. Die Gläubigen strömten begeistert zu den Veranstaltungen. 100.000 Menschen nahmen am Abschlussgottesdienst in Freiburg, am Samstag waren 28.000 Menschen bei Gottesdienst in Erfurt gewesen, abends hatten 30.000 Jugendliche mit ihm ein Abendgebet gefeiert.

    Papsttreue gefordert

    Doch bestimmte Erwartungen erfüllte der 84-Jährige nicht. So gab er nicht den Wünschen nach Reformen der Kirche nach. Stattdessen forderte er Im Freiburger Sonntagsgottesdienst er von den deutschen  Katholiken Papsttreue. Gläubigen riet der Papst, sich in kleinen  Gemeinschaften dem Glauben zuzuwenden, den Sonntagsgottesdienst zu  besuchen und in der Bibel und im Katechismus zu lesen. Als Konsequenz aus dem Missbrauchskandal in  der deutschen Kirche forderte er am Sonntag, dass die Kirche ihre Weltlichkeit "beherzt" ablegen müsse. Es sei gefährlich, wenn die Skandale der Kirche den Glauben  unzugänglich machen.

    Kleines Kirchenlexikon

    Apostolische Reise: Die "Dienstreisen" des Papstes außerhalb Italiens werden als Apostolische Reisen bezeichnet. Bei offiziellen Reisen innerhalb Italiens spricht der Vatikan von Pastoralbesuchen. Der Deutschlandbesuch ist die 21. Auslandsreise Benedikts XVI.

    Eucharistiefeier: Höhepunkt einer Eucharistiefeier (von griech. eucharistía = Danksagung) ist die Wandlung von Brot und Wein zu Leib und Blut Christi. Da die Protestanten diese Glaubensüberzeugung nicht teilen, untersagt ihnen die katholische Kirche die Teilnahme an der Heiligen Kommunion, bei der gewandelte Leib Christi meist in Form einer Hostie ausgegeben wird. Papst Benedikt XVI. plant auf seiner Reise öffentliche Eucharistiefeiern in Berlin (Olympiastadion), Erfurt (Domplatz) und Freiburg (Flughafengelände).

    Ökumene: Der Begriff Ökumene stammt aus dem Griechischen (oikouméne = das Bewohnte, die bewohnte Erde) und wird in erster Linie für das Ringen um die Einheit der Christen verwendet. Die moderne ökumenische Bewegung entstand an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Papst Benedikt XVI. trifft sich auf seiner Deutschlandreise im evangelischen Augustinerkloster Erfurt mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland zu einem Gespräch und einem ökumenischen Gottesdienst. In Freiburg steht ein Treffen mit Vertretern der orthodoxen Kirche auf dem Programm.

    Orthodoxe Kirche: Die orthodoxen Kirchen (von altgriech. orthós = richtig, geradlinig und dóxa = Verehrung, Glaube) haben ihre Wurzeln im östlichen Mittelmeerraum und in Süd- und Osteuropa. Mit der römisch-katholischen Kirche besteht eine weitgehende Übereinstimmung in Glaubensfragen. Derzeit gibt es weltweit rund 300.000 Millionen Orthodoxe, in Deutschland rund 1,5 Millionen. Der Papst trifft in Freiburg Vertreter der orthodoxen Kirchen in Deutschland.

    Angelusgebet: "Der Engel des Herrn" (Angelus) ist ein katholisches Gebet, das morgens, mittags und abends gesprochen wird. Der Papst will auf seiner Deutschland-Reise am Samstagnachmittag im Freiburger Münster ein Angelus-Gebet halten.

    Vesper: Die Vesper (von lat. vespera = Abend) ist der abendliche Teil des Stundengebetes der katholischen Kirche und wird in der Regel gegen 18.00 Uhr gebetet. Wichtige Elemente sind die alttestamentarischen Psalmen sowie Gesänge und Lesungen aus dem Neuen Testament. Bei einer Marianischen Vesper, wie sie im Marien-Wallfahrtsort Etzelsbach in Thüringen gefeiert wird, schließt das Gebet mit einem Mariengesang ab.

    Vigil: Die Vigil (von lat. vigilia = Nachtwache) ist ein Teil des katholischen Stundengebets und bezeichnet eine Gebetszeit in der Nacht oder am frühen Morgen. Papst Benedikt XVI. feiert auf seiner Deutschlandreise eine Vigil mit Jugendlichen auf dem Messegelände in Freiburg. Auf den Weltjugendtagen hat der Papst in den vergangenen Jahren regelmäßig die Vigil mit Jugendlichen gebetet, zuletzt am 20. August in Madrid.

    Die Apostolische Nuntiatur: Nuntius ist lateinisch und bedeutet Botschafter. Der Apostolische Nuntius ist der Botschafter des Papstes im jeweiligen Land, in Deutschland ist seit 2007 Nuntius Erzbischof Jean-Claude Périsset. Der Standort ist in Neukölln, Lilienthalstraße, neben St. Johannes-Basilika und Hasenheide.

    Die amtskirchenkritische Gruppe Wir sind Kirche kritisierte den  Papstbesuch insgesamt. "Besonders schmerzhaft werden viele  Katholikinnen und Katholiken es vermissen, dass der Papst keinerlei  Hoffnung für neue pastorale Weg zum Beispiel für wiederverheiratete  Geschiedene gemacht hat, für die sich zuletzt auch Erzbischof Robert  Zollitsch eingesetzt hatte", heißt es in einer Erklärung der  Gruppe.

    Erzbischof Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz,bezeichnete den Besuch trotz der ausgebliebenen  Reformankündigungen als Erfolg. "Der Papst ist natürlich nicht  gekommen, um fertige Lösungen zu geben", sagte Zollitsch. Er habe  die deutsche Kirche aber ermutigt.

    "Krise des Glaubens" beklagt

    In seinen Reden und Predigten des Wochenendes gab der Papst eine  skeptische Beschreibung der deutschen Gesellschaft. So beklagte er  im Gespräch mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken - der  Laienvertretung - eine "Krise des Glaubens" in der westlichen Welt.  Wer "aus einem fernen Land" nach Deutschland komme, werde "viel  Armut" in den menschlichen Beziehungen und im religiösen Bereich  feststellen. Dabei kritisierte er auch den Zustand der Kirche in 

    Scharfe Kritik von Opferverbänden

    In Erfurt würdigte der Papst die Leistungen  ostdeutscher Katholiken bei der Wiedervereinigung. Doch es gab in der ostdeutschen Stadt auch scharfe Kritik am Oberhaupt der katholischen Kirche: Opferverbände kritisierten scharf das Treffen von Papst  Benedikt mit fünf Missbrauchsopfern am späten Freitagabend in  Erfurt. Insbesondere kritisierten die Verbände die Auswahl der  Gesprächsteilnehmer, bei der die Opfervertretungen unberücksichtigt  blieben. Die Initiative Eckiger Tisch erklärte, die Opfer prallten  an der Kirche ab "wie von einer Wand". Das Netzwerk Betroffener von  sexualisierter Gewalt sprach von einem neuen Treffen nach dem  Muster "Verleugnen, Verschweigen und Vertuschen".

    Nach den Stationen Berlin,  Erfurt und Freiburg wollte der Papst am Sonntagabend nach Rom  zurückkehren. Unter den Gästen bei derHeiligen Messe am Freiburger Flugplatz  war übrigens auch ein ehemaliger Augsburger Bischof: Walter Mixa. afp/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden