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Deutschland-Besuch: Papst kommt ohne ökumenisches Gastgeschenk ins Land Luthers

Deutschland-Besuch

Papst kommt ohne ökumenisches Gastgeschenk ins Land Luthers

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    Die Hände eines Gläubigen während der Papst-Messe im Berliner Olympiastadion. dpa
    Die Hände eines Gläubigen während der Papst-Messe im Berliner Olympiastadion. dpa

    Bei seinem Besuch im Stammland der Reformation hat Papst Benedikt XVI. kein "ökumenisches Gastgeschenk" mitgebracht und Hoffnungen auf schnelle Fortschritte in der Ökumene gedämpft. Vor seinem Thüringen-Besuch sei viel von einem solchen Signal für ein engeres Miteinander von Katholiken und Protestanten die Rede gewesen, erklärte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Freitag in einem gemeinsamen Gottesdienst in der Kirche des Erfurter Augustinerkonvents. Aber Glaube sei keine Verhandlungssache.

    Staaten könnten Kompromisse schließen, die beiden Seiten vorteilhaft erschienen, sagte der Papst. "Aber der Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile", betonte er. "Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken oder aushandeln." Nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wachse Einheit. Benedikt XVI. rief dazu auf, "nicht nur die Trennungen und Spaltungen" zu beklagen, "sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt".

    Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), meinte, allein von dem gemeinsamen Wortgottesdienst seien "Bilder der Herzlichkeit im Glauben miteinander" um die Welt gegangen. Zu Forderungen nach einer raschen Ökumene sagte die CDU-Politikerin im ZDF: "Wir brauchen wirklich das Verständnis und die Geduld miteinander."

    Glaubensgespräch mit Vertretern der evangelischen Kirche

    Nach seinem 24-stündigen Aufenthalt in Berlin war der Papst am Vormittag nach Erfurt geflogen. Im Augustinerkloster traf er sich mit Vertretern des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu einem Glaubensgespräch. In diesem Kloster lebte Martin Luther von 1505 bis 1512.

    In diesem Gespräch erteilte Benedikt XVI. Zugeständnissen an den Zeitgeist eine Absage. Natürlich müsse der Glaube heute neu gedacht und gelebt werden. "Aber nicht Verdünnung des Glaubens hilft, sondern nur ihn ganz zu leben in unserem Heute. Dies ist eine zentrale ökumenische Aufgabe."

    Trotzdem appellierte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, an den Papst, "weitere konkrete Schritte zu mehr Gemeinsamkeit zu wagen". Danach sehnten sich viele Menschen in allen Regionen Deutschlands, "vor allem die Gläubigen, die in konfessionsverbindenden Ehen und Familien leben", erklärte Schneider. "Für uns alle wäre es ein Segen, ihnen in absehbarer Zeit eine von Einschränkungen freiere eucharistische Gemeinschaft zu ermöglichen." Ein gemeinsames Abendmahl beider Konfessionen lehnt die katholische Kirche bislang ab.

    Ein Toter nach Gottesdienst in Berlin

    Am Nachmittag wollte der Papst an der Wallfahrtskapelle Etzelsbach im thüringischen Eichsfeld vor mehr als 60.000 Pilgern einen weiteren Gottesdienst, eine Marianische Vesper, feiern. Für den Anreiseverkehr war seit Mitternacht ein nahes Teilstück der Autobahn A 38 gesperrt worden. Es dient als Busparkplatz, von dem die Besucher dann auf mehreren Pilgerwegen zu der Wallfahrtskapelle laufen.  Seinen ersten Gottesdienst hatte Benedikt XVI. am Donnerstagabend im Berliner Olympiastadion mit 61.000 Gläubigen gefeiert. Danach war ein 81-Jähriger zusammengebrochen und gestorben.

    Papst trifft Muslime

    Vor seinem Abflug nach Erfurt traf sich der Papst in Berlin noch mit Vertretern des Islams. Dabei rief er zum gemeinsamen Einsatz von Katholiken und Muslimen für mehr soziale Gerechtigkeit auf. Als "Menschen des Glaubens" könnten sie einen Beitrag leisten für den Aufbau einer besseren Welt.  Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte, es gebe eine große Chance, dass der muslimisch-christliche Dialog weiter an Fahrt gewinne. Er dankte dem Papst dafür, dass er in aller Deutlichkeit diesem Dialog einen solchen Stellenwert einräume. Das sei ein "wichtiges und wohltuendes Zeichen" gewesen.Petr Jerabek und Vera Fröhlich,

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