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Christian Lindner: Der Hoffnungsträger der FDP tritt zurück

Christian Lindner

Der Hoffnungsträger der FDP tritt zurück

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    FDP-Generalsekretär Christian Lindner tritt zurück.
    FDP-Generalsekretär Christian Lindner tritt zurück. Foto: dpa/Archiv

    Christian Lindner könnte auf den ersten Blick als der jüngere Bruder von Guido Westerwelle durchgehen: er ist groß, schlank und drahtig, ist blond und blauäugig. Der FDP-Generalsekretär Lindner wurde am 7. Januar 32 Jahre alt, Guido Westerwelle wurde am 27. Dezember 49. Beide sind vom Sternzeichen Steinbock. Beide sind in ihrer Partei schon in sehr jungen Jahren zu Amt und Würden gekommen. Lindner war bereits mit 31 FDP-Generalsekretär, Westerwelle war 32, als er in dieses Amt gewählt wurde. Beide haben sich im für die Liberalen schwierigen Nordrhein-Westfalen hochgearbeitet.

    In der Partei galt Generalsekretär Lindner immer als Hoffnungsträger, als denkbarer Parteivorsitzender.  Immer wieder wurde der gebürtige Wuppertaler von den Parteifreunden als das größte politische Talent, das die Liberalen seit Längerem hervorgebracht haben, hochgelobt.

    "Es gibt den Moment, in dem man seinen Platz frei machen muss", sagt Lindner

    Doch jetzt wirft er hin. Am Mittwoch gab er seinen Rücktritt offiziell bekannt, aber ohne nähere Erläuterung bekanntgegeben. "Es gibt den Moment, in dem man seinen Platz frei machen muss, um eine neue Dynamik zu ermöglichen", sagte der 32-Jährige  in der FDP-Parteizentrale in Berlin. Parteichef Philipp Rösler nahm den Rücktritt an. "Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben mich in dieser Einschätzung bestärkt. Meine Erkenntnis hat für mich zur Konsequenz, aus Respekt vor meiner Partei und meinem eigenen Engagement für die liberale Sache mein Amt niederzulegen."

    Er habe Parteichef Philipp Rösler und anderen führenden FDP-Politikern seine Entscheidung zuvor mitgeteilt und sich von den Mitarbeitern in der FDP-Zentrale bereits verabschiedet. "Auf den Tag genau zwei Jahre erkläre, verteidige ich die Politik der FDP in schwieriger Zeit", sagte Lindner. Er verließ das Rednerpult im Thomas-Dehler-Haus mit den Worten: "Auf Wiedersehen." Journalisten konnten keine Fragen mehr stellen.

    Christian Lindner mit seiner hohen Denkerstirn war nie ein Lautsprecher. Anders als Westerwelle hinterließ er keine Scherben im Porzellanladen, wenn er meinte, mal wieder deutlich werden zu müssen (man erinnere sich an die „spätrömische Dekadenz“). Lindner hatte die Wogen wieder geglättet und war dabei auch politisch Andersdenkenden durch seine ausgleichende, besonnene Art aufgefallen. Er war kein grober „Haudrauf“ wie sein Vorgänger Dirk Niebel. Spätestens seit seiner Antrittsrede als neuer Generalsekretär im April 2010 beim Parteitag in Köln war seine intellektuelle Brillanz bekannt, spätestens seit diesem Auftritt wurde er als der kommende Mann bei den Liberalen gehandelt.

    Lindners Handicap war seine Jugend

    Christian Lindners größtes Handicap war seine Jugend. Auch wenn es nicht stimmte, dass er noch wenig politische und lebenspraktische Erfahrung gesammelt habe. 1996 bis 98 war er Vorsitzender der Liberalen Schüler-FDP, ab 98 Mitglied im Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen, seit 2002 Vorsitzender eines 500 Mitglieder starken Kreisverbandes, von 2004 an Generalsekretär der NRW-FDP und schließlich seit 2010 gewählter Generalsekreträr der Bundes-Liberalen. Christian Lindner kannte die Basis und kannte die Stimmung an der Basis. Und er habe auch schon mehrere kritische Phasen in der FDP miterlebt, sagt er.

    Studium, Werbeagentur und eine Insolvenz

    Im „wirklichen Leben“ außerhalb der Politik arbeitete Lindner neben seinem Politik- und Philosophie-Studium schon zielstrebig am Aufbau seiner Werbeagentur, die er erst aufgab, als er „NRW-General“ wurde. Zwischendurch allerdings musste er einen Flop wegstecken. Ein von ihm mitgegründetes Internet-Unternehmen kam nicht auf die Beine und meldete Insolvenz an.

    Von Guido Westerwelle war die FDP an krachende Auftritte gewöhnt: das gelbe Guido-Mobil, die Zahl 18 auf den Schulsohlen, der Big-Brother-Auftritt, um nur einige wenige zu nennen. Sie war gewöhnt an seine Reden, gehalten im Stakkato fortissimo. Westerwelle hatte die FDP 2009 zu einem phänomenalen Wahlergebnis von 14,6 Prozent geführt. Hätte der junge Mann, der aus der Parteizentrale eine Denkfabrik machen will, dessen Tonlage eher moderat ist, der seine Reden mit philosophischen Denkansätzen garniert, das Zeug für den Parteivorsitz? Hätte er die nötige Härte gehabt? Er selbst wich allen hartnäckigen Fragen nach seiner möglichen politischen Zukunft aus.

    Da plauderte er schon lieber über seine Liebe zu schnellen Autos, seinen 22 Jahre alten Porsche 911, seine Lieblingsschauspieler Steve McQueen und Viggo Mortensen, die Anziehungskraft seiner Freundin und seine Carrera-Bahn.

    Für all das könnte er jetzt wieder mehr Zeit haben.

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