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Demonstrationen: Proteste gegen Asyl und Islam: Das steckt hinter Pegida und Bagida

Demonstrationen

Proteste gegen Asyl und Islam: Das steckt hinter Pegida und Bagida

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    Sie demonstrieren gegen muslimische Extremisten und angeblichen Asylmissbrauch: "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Experten warnen vor der Entwicklung.
    Sie demonstrieren gegen muslimische Extremisten und angeblichen Asylmissbrauch: "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Experten warnen vor der Entwicklung. Foto: Arno Burgi, dpa

    Sie marschieren jede Woche, bis zu 8000 Menschen. In Dresden formieren sich jeden Montag die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes", kurz: Pegida. Sie demonstrieren gegen alles Mögliche: gegen angeblichen Asylmissbrauch, muslimische Extremisten, eine Verwässerung der deutschen Kultur und die vermeintliche "Islamisierung des Abendlandes". Anfangs waren es nur ein paar hundert Leute, nun sind es jede Woche mehrere Tausend. Dabei mischen sich auch Neonazis, Hooligans und bekennende Islamfeinde unter das Bürgertum. Und inzwischen gibt es in vielen anderen Städten Ableger der Dresdner Bewegung: in Rostock, in Magdeburg, in Bonn. Aber auch in Bayern, wie in Würzburg und in München.

    Es braut sich etwas zusammen im Land, fürchten Rechtsextremismus-Experten

    Rechtsextremismus-Experten beobachten die Entwicklung mit Sorge und fürchten, dass sich etwas zusammenbraut im Land. Auch wenn manches Ziel der Bewegung eher schräg anmutet. So wenden sich die Pediga-Leute nicht nur gegen die Aufnahme von "Wirtschaftsflüchtlingen" oder vermeintliche Glaubenskriege auf deutschem Boden. Auch der Erhalt von Weihnachtsmärkten treibt die Bewegung um. Dass diese mancherorts schon "Wintermärkte" hießen, nur um nicht die Gefühle von Nicht-Christen zu verletzen - das geht aus ihrer Sicht gar nicht.

    Pegida-Wortführer: Es kommt gleich die "Nazi-Keule"

    Pegida-Wortführer Lutz Bachmann sagte kürzlich, dass sich niemand sonst traue, offen über diese Dinge zu reden. Es werde gleich die "Nazi-Keule" geschwungen. Dabei wollten er und seine Mitstreiter nichts mit Radikalen zu tun haben.

    Ein harmloser Bürgerprotest also? Nein, meint der Berliner Rechtsextremismus-Forscher Hajo Funke. Die Pegida werfe "Kampfvokabeln" in die Menge, nutze Ängste in der Bevölkerung und lade sie zu Ressentiments auf. Die Gruppe versuche, einen "Kampf der Kulturen" zu schüren. "Das ist das klassische Repertoire von Rechtspopulisten", sagt er. Das Ganze zeige Ansätze einer rechtsextrem inspirierten Massenbewegung. "Das macht mir Sorgen."

    Bagida -"Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes"

    Ähnlich sieht es der Rechtsextremismus-Experte Robert Philippsberg, der als Politikwissenschaftler an der Ludwig-Maximilian-Universität in München arbeitet. Pegida und der bayerische Ableger Bagida ("Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes") bedienten Ressentiments, sagt Philippsberg. An einem ernsthaften Dialog, etwa um die Flüchtlingspolitik, seien die Bewegungen nicht interessiert. "Sonst würden sie ein anderes Vokabular wählen." So sei für diese Gruppierungen etwa die Gleichsetzung von Islam und Islamismus typisch. "Sie wählen eine Sprache und ein Auftreten, das die Eingangsschwelle für Menschen mit Ressentiments senkt", erklärt Philippsberg. Es spreche Menschen an, die sich nicht trauen würden, etwa bei NPD-Kundgebungen mitzulaufen, die aber ein "bisschen auf der Sarrazin-Welle" schwimmen wollten.

    Wo kommt die aktuelle Entwicklung her? Rechtsextremismus-Forscher Funke klagt, die politischen Verantwortlichen hätten es versäumt, früh genug und vernünftig auf den Anstieg der Asylbewerberzahlen in Deutschland zu reagieren und auf Ängste in der Bevölkerung einzugehen. Verschiedene Gruppen machen sich diese Gefühlslage nach Ansicht der Experten nun zunutze. So wächst die Zahl der Proteste und Übergriffe gegen Asylbewerberheime. Das Bundeskriminalamt zählte in den ersten neun Monaten 2014 schon mehr rechtsextreme Angriffe dieser Art als 2012 und 2013 zusammen.

    Nicht jeder, der auf den Demonstrationen mitlaufe oder online seine Zustimmung signalisiere, sei ein knallharter Rechtsextremer, sagt Forscher Philippsberg. "Aber die laufen natürlich auch mit." Und auf Facebook zeigten viele der Sympathisanten der Bagida eindeutig rechtsextremistische Tendenzen.

    In dem sozialen Netzwerk haben Pegida und der Ableger Bagida großen Zulauf. Pegida verzeichnet derzeit mehr als 33000 Likes, Bagida bereits über 7000. Dort kündigen die Anhänger auch bereits an, ähnliche Demonstrationen wie in Dresden organisieren zu wollen. "Keine Angst", steht dort. "Auch der erste, friedliche Spaziergang in Bayern kommt." In Dresden kommt der "friedliche Spaziergang" heute hingegen ausnahmsweise einmal nicht. Es wird nur eine Kundgebung geben. Pegida begründet den Schritt mit der Rücksicht auf das Weihnachtsgeschäft der Dresdner Einzelhändler. Vielleicht ist der wahre Grund aber auch ein anderer: In der Stadt hat sich ein Gegenbündnis aus Kirchen, Universitäten und Vereinen gebildet. Sie haben heute zu einer Demonstration für Weltoffenheit und gegen Intoleranz aufgerufen. (mit dpa)

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