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Debatte über Gewalt: "Gangart von Populisten": SPD und Grüne kritisieren Joachim Herrmann

Debatte über Gewalt

"Gangart von Populisten": SPD und Grüne kritisieren Joachim Herrmann

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    „Es gibt keine neue Gangart“, versichert Joachim Herrmann nach dem Wirbel um seine Interview-Äußerungen.
    „Es gibt keine neue Gangart“, versichert Joachim Herrmann nach dem Wirbel um seine Interview-Äußerungen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat mit brisanten Aussagen zur tödlichen Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof und dem Schwertangriff in Stuttgart für Aufregung im politischen Sommerloch gesorgt. In der Großen Koalition gab es Debatten, nachdem der CSU-Politiker im Zusammenhang mit den beiden Verbrechen auf ein erhöhtes Gewaltrisiko bei Migranten hingewiesen hatte. Die SPD nannte Herrmanns Äußerungen „schändlich“. Auch bei den Grünen, also praktisch beim Koalitionspartner im Wartestand, war der Ärger groß.

    Auslöser der Kontroverse ist ein Interview, das Herrmann – Spitzname „Schwarzer Sheriff“ – der Passauer Neuen Presse gegeben hat. Er äußerte sich darin zum tödlichen Angriff auf einen Achtjährigen auf dem Frankfurter Hauptbahnhof und zur Tötung eines Mannes mit einem Schwert in Stuttgart – in beiden Fällen sind Migranten tatverdächtig. „Jetzt kommen unübersehbar Menschen aus anderen Kulturkreisen zu uns, in deren Heimat die Gewaltlosigkeit, wie wir sie pflegen, noch nicht so selbstverständlich ist“, sagte er. Und weiter: „Man muss das ganz deutlich aussprechen: Da kommen Leute zu uns, die sehr viel schneller Konflikte mit Gewalt austragen. Die folglich auch selbst ein deutlich höheres Niveau an Gewalt erlebt haben als wir. Wir haben hier ein erhöhtes Risiko, das zeigen die Kriminalstatistiken ganz eindeutig.“

    In den vergangenen Monaten hatte sich die CSU mit migrationskritischen Aussagen deutlich zurückgehalten. Nun fühlt sich mancher Berliner Politiker an Zeiten erinnert, in denen die Christsozialen mit ihren Forderungen in der Flüchtlingspolitik beinahe die Große Koalition gesprengt hätten.

    SPD-Politiker über Herrmann: Man sucht lieber einen Sündenbock, als über die eigenen Versäumnisse zu reden

    Mahmut Özdemir, SPD-Innenpolitiker aus Duisburg, zeigt sich entsetzt: „Den grausamen Vorfall in Frankfurt zu benutzen, um das eigene verquere Weltbild zu untermauern, ist schändlich. Für mich bleibt Straftäter gleich Straftäter, egal ob es der bayrische Steuerbetrüger oder der ausländische Kriminelle ist.“ Özdemir sagt gegenüber unserer Redaktion, für Herrn Hermann sei anscheinend „an allem der Ausländer schuld. Das zeugt davon, dass man lieber einen Sündenbock sucht, als über die eigenen Versäumnisse zu reden. Diese Gangart kenne ich von Populisten.“

    Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz geht ebenfalls hart mit Herrmann ins Gericht: „Derart pauschalisierende Vorwürfe helfen sicherheitspolitisch nicht einen Deut weiter, erschweren Integration unnötig und spalten unsere Gesellschaft.“ Sie seien eines Landesinnenministers „schlicht unwürdig.“ Er würde sich freuen, sagt von Notz, „wenn auch der bayerische Innenminister einmal substanzielle Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit in unserem Land machen würde, statt wiederholt Wasser auf die Mühlen der Hetzer der AfD zu kippen.“

    CDU-Politiker: Sanktionen müssen spürbarer werden

    Rückendeckung bekommt Herrmann dagegen vom CDU-Innenexperten Armin Schuster: „Es gibt in der Tat Gruppen, die besonders viele Probleme machen, dazu gehören nicht selten auch Nordafrikaner. Von ihnen geht selbst noch in den Justizvollzugsanstalten überdurchschnittlich häufig Gewalt aus.“

    Unserer Redaktion sagt Schuster weiter: „Wer aus autoritären Ländern zu uns kommt, empfindet unseren Rechtsstaat oft als schwach. Der sieht es nicht als zweite Chance, wenn er nach wiederholten Diebstählen immer noch auf freiem Fuß ist, sondern regelrecht als Aufforderung zum nächsten Schritt.“ Schuster fordert: „Wir sollten gegen diejenigen, die notorisch unsere liberale Strafrechtspolitik missachten, viel, viel härter vorgehen.“

    Sanktionen müssten spürbarer werden, so Schuster, das gelte auch für Dealer, Clan-Kriminelle, Gewalttäter und Serien-Einbrecher: „Wie beim Schwert-Täter von Stuttgart – oft gibt es schon ein ellenlanges Vorstrafenregister.“

    Joachim Herrmann versteht die Aufregung nicht

    Herrmann selbst zeigt sich verwundert über die Fülle an Reaktionen, die sein Interview ausgelöst hat. „Im Prinzip habe ich das alles schon ein paar Mal gesagt“, betont der Innenminister auf Anfrage unserer Redaktion. Er habe dabei aber stets darauf hingewiesen, dass es keinen Grund zu Verallgemeinerungen gebe. Tatsache sei, dass die Kriminalitätsbelastung nicht höher sei als vor 30 Jahren, auch wenn manche Bürger das subjektiv anders empfinden. Tatsache sei auch, dass Migranten an Gewaltdelikten überproportional beteiligt seien – wobei sich aber geschätzt die Hälfte der Gewaltdelikte, die von Migranten verübt würden, gegen andere Migranten richte. Das trage er bei der Vorlage der Kriminalitätsstatistik Jahr für Jahr vor.

    Von einem politischen Kurswechsel der CSU oder neuer Zuspitzung in Flüchtlingsfragen könne keine Rede sein. „Es gibt keine neue Gangart“, versichert Herrmann.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Migration und Kriminalität: Pauschalurteile bringen wenig

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