Die Unions-Bundestagsfraktion prüft nach dem jüngsten Aufmarsch von Männern in Stasi-Uniformen in Berlin ein Verbot von DDR-Symbolen. Mitglieder des Traditionsverbandes Nationale Volksarmee (NVA) hatten in deren Kleidung am sowjetischen Ehrendenkmal im Stadtteil Treptow für Aufmerksamkeit gesorgt.
Anlass war der russische Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs und der Sieg über Hitler-Deutschland. Politiker und DDR-Opferverbände zeigten sich empört. „Der Aufmarsch von Ewiggestrigen in DDR-Uniformen war eine Provokation. Sie verhöhnten die Opfer der unmenschlichen SED-Diktatur“, sagte gestern Volker Kauder, 63, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, unserer Zeitung.
Politik müsse über ein Verbot von DDR-Symbolen entscheiden
„Inhaltlich ist die Diskussion gut gemeint“, sagte Dr. Dierk Hoffmann vom Institut für Zeitgeschichte in Berlin: „Sie treibt jedoch nicht das Geschichtsbewusstsein voran.“ Über ein Verbot entscheiden müsste die Politik. „Es ist sicher richtig, dass man den Interessen von Opfern des SED-Regimes gerecht werden muss.“
Viel wichtiger sei es jedoch, die Geschehnisse in der Diktatur in den Schulen aufzuarbeiten. „Da besteht einiges an Nachholbedarf.“ Seine zwei Kinder würden beide die neunte Klasse besuchen, im Deutsch- und Geschichtsunterricht bleibe das Thema DDR aber außen vor. Der Wissenschaftler kritisiert indes, dass Politiker solche Diskussionen immer wieder nutzen würden, um in die Medien zu kommen.
Aus Kreisen der Unionsfraktion heißt es, die DDR-Symbole zu verbieten sei verfassungsrechtlich nicht ganz einfach und immer eine Abwägungssache. Kauder forderte, dass sich so ein Aufmarsch aber nicht wiederholen dürfte. „Die Behörden müssen intensiver prüfen, wie solche Auftritte unterbunden werden können“, so Kauder. Bei Versammlungen dürften Uniformen nicht getragen werden. Mittlerweile ermittelt deswegen die Polizei gegen die Demonstranten wegen des Verstoßes gegen das Waffen- und Versammlungsgesetz.
Ein Angriff auf die Demokratie
Deutlich äußert sich Klaus Ernst, Spitzenpolitiker der Linken: „Ein Verbot ist nicht notwendig.“ Die Souveränität des Staates sei durch Embleme nicht gefährdet. „Die Debatte ist auch überhaupt nicht zeitgemäß. Das eigentliche Problem stellen Aufmärsche in Uniformen dar“, sagte Ernst, der als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl im September antritt, unserer Zeitung.
Angestoßen hatte die Diskussion der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder. Aus Paris teilte er gestern mit, dass für ein Verbot von DDR-Symbolen das „Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ spreche. Die Aktion an dem Berliner Denkmal sei ein Angriff auf die Demokratie gewesen. Der Aufmarsch habe die Opfer des Unrechtsstaates verhöhnt.
Nostalgie-Treffen gibt es in Deutschland häufiger. In der Hauptstadt finden beispielsweise alte Militaria und andere Souvenirs großen Absatz.