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Debatte: Das Maut-Machtwort des Herrn Seehofer

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Das Maut-Machtwort des Herrn Seehofer

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    Populismus? Aber nicht doch. Mit seinem Maut-Machtwort hat CSU-Chef Horst Seehofer genau das erreicht, was er wollte. Ein Kommentar
    Populismus? Aber nicht doch. Mit seinem Maut-Machtwort hat CSU-Chef Horst Seehofer genau das erreicht, was er wollte. Ein Kommentar Foto: Timm Schamberger/dpa

    Wenn ein, sagen wir mal, bayerischer Autofahrer nach Österreich kommt, dann muss er ein Pickerl kaufen. Und in Italien gehört das Abkassieren an der Maut-Station zum Reisen wie der Espresso an der Raststation und die Wurstsemmel aus der Plastikfolie. Gleichzeitig tuckern in der Ferienzeit (und auch sonst) gefühlt drei Millionen Wohnwagen aus, sagen wir mal, Holland über bayerische Autobahnen. Einfach so. Kostenlos.

    Sie finden das ungerecht? Horst Seehofer auch. Deshalb verspricht der CSU-Chef im Falle eines Wahlsieges im Herbst die Einführung der Pkw-Maut. Für Ausländer. Einen Koalitionsvertrag will er nur unterschreiben, wenn die Straßennutzungsgebühr drinsteht.

    Maut in Europa

    Derzeit werden in über 20 europäischen Ländern Autobahngebühren verlangt.

    Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Systeme unterschieden: Entweder wird jeder gefahrene Kilometer einzeln abgerechnet oder der Fahrer muss eine Zeit-Vignette kaufen.

    Zusätzlich zur Streckenmaut werden in vielen Ländern Gebühren für die Benutzung von Tunneln und Brücken bzw. für Fahrten durch die Innenstädte erhoben.

    In Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Portugal, Serbien und Spanien ist eine streckenabhängige Mautgebühr zu entrichten.

    Vignettenpflicht herrscht in diesen Ländern: Bulgarien, Österreich, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

    Deutschland: Die deutsche Lkw-Maut wurde 2005 für Autobahnen eingeführt und hatte massive Startschwierigkeiten. Mittlerweile hat sich das deutsche System der Toll Collect GmbH bewährt. Dabei werden alle Güterfahrzeuge ab zwölf Tonnen berücksichtigt.

    Italien: Auf einem Großteil der italienischen Autobahnen wird für alle Fahrzeuge eine streckenabhängige Maut erhoben. Die Höhe der Gebühren ist an den Fahrzeugtyp sowie an den Bau- und Unterhaltungsaufwand der Strecke gekoppelt. In den meisten Fällen wird an der Autobahnauffahrt eine Karte gezogen, über die beim Verlassen der Autobahn der fällige Betrag abgerechnet wird.

    Österreich: Die Autobahn-Maut in Österreich wird für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen durch die Vignette geregelt. Das so genannte Pickerl muss gut sichtbar am Auto bzw. Motorrad angebracht werden und ist preisbedingt bis zu einem Jahr gültig.

    Schweiz: In der Schweiz gibt es schon seit 1985 eine Vignette für die Benutzung der Autobahnen. Der Beschluss wurde im Rahmen einer Volksabstimmung gefasst.

    Frankreich: 1955 wurde in Frankreich ein Gesetz zur Einführung eines Mautsystems erlassen, das den privaten Ausbau des Autobahnnetzes fördern sollte. Heute wird beim Verlassen der Autobahn eine streckenabhängige Gebühr verlangt, die außerdem an die Wegbaukosten und die Höhe des Fahrzeuges gebunden ist.

    Am Wochenende und auch am Mittwochabend hat er das wieder bekräftigt. Lautstark, wie es sich für einen bayerischen Löwen im Wahlkampf gehört. Ob das nun rechtliche Probleme mit diesen, entschuldigen Sie den Ausdruck, Erbsenzählern in Brüssel gibt oder Stress mit dem Koalitionspartner, das ist dem Herrn Ministerpräsidenten, sagen wir mal, egal.

    Bayerns SPD-Chef Florian Pronold nennt so etwas „Volksverdummung“. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Toni Hofreiter von den Grünen, behauptet gar, Seehofer wolle eigentlich eine Maut für alle, sage aber im Wahlkampf lieber, dass nur Ausländer zur Kasse gebeten werden. Und der ADAC bezichtigt den CSU-Chef des „blanken Populismus“.

    Maut: Die politische Konkurrenz schäumt

    Populismus? Dafür ist doch eigentlich Alexander Dobrindt zuständig. Keine Sorge, der Generalsekretär hat seinen Einsatz nicht verpasst und sprang dem Chef  prompt zur Seite. „Es muss endlich Schluss sein damit, dass wir unsere Autobahnen für alle kostenfrei hergeben, während wir Deutsche überall um uns herum zahlen müssen“, findet Dobrindt.

    Die politische Konkurrenz schäumt. Doch auch die Koalitionspartner sind irgendwie irritiert ob des Münchner Maut-Machtwortes. „Als Nächstes kommt die Maut für alle Nicht-Bayern“, prophezeit der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Oliver Luksic, schon mal süffisant. Und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat zumindest „erhebliche Zweifel“.

    Offenbar nicht zu Unrecht. Die EU-Kommission betont, dass Ausländer bei der Zahlung solcher Gebühren gegenüber Inländern nicht benachteiligt werden dürfen. Das weiß auch die Kanzlerin. Sie lässt ganz diplomatisch ausrichten, der Straßenbau sei ein Schwerpunkt in der kommenden Legislaturperiode. Welcher Weg dann genau zum Ziel führe, das werde sich weisen.

    Und Horst Seehofer? Der ist schon am Ziel. Wir haben Wahlkampf und alle reden über den Mann, der für Gerechtigkeit auf deutschen Straßen kämpft.

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