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Debatte: Coronavirus: Schaffen wir gerade unsere Freiheit ab?

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Coronavirus: Schaffen wir gerade unsere Freiheit ab?

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    Die Maßnahmen, die die Regierung den Bürgern zumutet, sind massiv. Mit einem Display an der Autobahn 7 kurz nach dem Tunnel an der Grenze von Österreich nach Deutschland werden die Menschen aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
    Die Maßnahmen, die die Regierung den Bürgern zumutet, sind massiv. Mit einem Display an der Autobahn 7 kurz nach dem Tunnel an der Grenze von Österreich nach Deutschland werden die Menschen aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    In der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag verfasste ein Autor namens René Schlott einen Text zu Corona, der die Überschrift trug "Um jeden Preis?". Darin stellte Schlott fest, unsere offene Gesellschaft solle wohl gerade gerettet werden. Aber sie werde dabei in Wahrheit erwürgt. In normalen Zeiten wäre dies ein völlig normaler, wenn auch provokanter Text gewesen. Seit

    Denn er spricht Fragen aus, die scheinbar unaussprechbar geworden sind. Die wichtigsten lassen sich so zusammenfassen: Haben wir sie gerade eigentlich noch alle? Oder lässt uns die Angst vor dem Virus einfach überschnappen?

    Klar ist: Das Coronavirus ist gefährlich und wurde lange unterschätzt

    Zur Klarstellung: Corona ist schlimm, es ist gefährlich, es wurde lange unterschätzt. Jeder Tote ist einer zu viel. Auch der Autor dieser Zeilen sorgt sich um seine Eltern, um seine Familie, seine Lieben, um unseren Planeten ganz generell. Auch ich vertraue dem Rat von Wissenschaftlern.

    ABER: Ist es deswegen völlig absurd, kurz zu konstatieren, wie (so schreibt Schlott) "mit atemberaubender Geschwindigkeit und einer erschütternden Bereitwilligkeit seitens der Bevölkerung Rechte außer Kraft gesetzt werden, die in Jahrhunderten mühsam erkämpft worden sind"? Schlott zählt auf: "das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Recht auf Bildung, das Recht auf Freizügigkeit, die Freiheit von Lehre und Forschung, die Freiheit der Berufsausübung, die Gewerbefreiheit, die Reisefreiheit." Die Pressefreiheit fehlt in dieser Liste. Aber sonderlich viele Nachfragen zur Sinnhaftigkeit mancher Corona-Maßnahme sind gerade nicht zu hören, sehen, lesen. Dafür aber sehr viel eilfertige Verbreitung der gerne auch mal widersprüchlichen Aussagen von Medizinern (merke: fast unfehlbar) oder gar Virologen (merke: in jedem Fall absolut unfehlbar!).

    Die Rechte sind auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, nicht auf wenige Tage

    Wohlgemerkt: All diese aufgezählten Rechte sind nicht für einen Tag ausgesetzt oder für zwei, sondern auf unbestimmte Zeit – stets mit dem expliziten Hinweis, es könne ja noch viel härter kommen. Ergeben erwartet das Volk die tägliche Corona-Ansage der Politik, nun gar von Kanzlerin Angela Merkel abends zur besten Sendezeit.

    Alles scheint auf einmal möglich, im Kampf gegen eine doch eher abstrakte Gefahr. Natürlich, die potenziellen Corona-Fallzahlen sind gigantisch. Gigantisch ist aber auch die Chance, daran nicht zu sterben, eine Diagnose ist wahrlich kein Todesurteil, das geht im atemlosen Live-Ticker zu neuen "Fällen" doch gelegentlich etwas unter.

    Jedes Jahr versterben fast eine Million Menschen in Deutschland. Sehr viele ließen sich retten. Grippewellen mit fünfstelligen Todeszahlen sind schon oft genannt worden. Schätzungsweise 20.000 Menschen verscheiden jährlich wegen Keimen im Krankenhaus (eine "Hygieneoffensive am Krankenbett" ist bislang nicht überliefert?). Als Befürworter eines Tempolimits auf deutschen Straßen vor kurzem darauf hinweisen, dieses rette auch Menschenleben, mussten sie sich vom Bundesverkehrsminister umgehend fehlenden "Menschenverstand" vorhalten lassen.

    In Amerika, das nun sogar die Casinos in Las Vegas verriegelt, starben voriges Jahr 15.279 Menschen durch Schusswaffen, jede Diskussion über ein mögliches Verbot gilt als Angriff auf die Freiheit (übrigens kaufen die abgeriegelten

    Wer Zweifel äußert, dem droht der Stempel: "Unsolidarisch"

    Doch wer nur leisen Zweifel an einer möglichen Corona-Überreaktion äußert, dem droht der Stempel: "Unsolidarisch". Alles ist scheinbar absolut alternativlos. Ganz offen wird geschwärmt, wie viel besser die soziale Abriegelung in (der Diktatur) China klappt oder beim Knallhart-Kanzler Sebastian Kurz, der in Österreich ordentlich "durchregiert".

    Ja, es ist durchaus fantastisch, dass aktuell so viel Solidarität für Corona-Bedrohte möglich ist. Aber manche aktuelle Entwicklung ist durchaus beängstigend. Das wird man selbst in Zeiten des Corona-Virus ja (hoffentlich) wohl noch schreiben dürfen.

    Über alle Entwicklungen rund um das Coronavirus informieren wir Sie in unserem Liveblog.

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