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Datenschutz: Vorratsdatenspeicherung kommt erst 2017 - wenn überhaupt

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Vorratsdatenspeicherung kommt erst 2017 - wenn überhaupt

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    Beschlagnahmte Computer in einem Kofferraum (Archivbild): Vor fünf Monaten wurde die neue Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beschlossen. Doch umgesetzt hat sie noch niemand.
    Beschlagnahmte Computer in einem Kofferraum (Archivbild): Vor fünf Monaten wurde die neue Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beschlossen. Doch umgesetzt hat sie noch niemand. Foto: Franziska Kraufmann

    Vorratsdatenspeicherung in Deutschland: Kaum ein Thema war in den vergangenen Jahren so umstritten wie die anlassunabhängige Speicherung von Telefon-, SMS- und Internetverbindungen der Bundesbürger.

    Polizei und Sicherheitspolitiker mahnten, ohne die Massenspeicherung sei der Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus praktisch schon verloren.

    Auf der anderen Seite standen die Kritiker der Vorratsdatenspeicherung. Datenschützer, Netzaktivisten, aber auch Journalistenverbände und Juristen warnten vor einer Aushöhlung der Bürgerrechte, sollte die Kommunikation aller Bundesbürger künftig auch ohne jeglichen Verdacht auf Vorrat gespeichert werden.

    Rückenwind bekamen die Kritiker der "VDS" durch die Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutschen Regelungen für eine Vorratsdatenspeicherung schon 2010 für verfassungswidrig erklärt. Und der EuGH kippte die EU-weiten Vorgaben 2014 - wegen Verstößen gegen Grundrechte.

    Die Regierungskoalition ließ sich davon aber nicht beirren. Selbst Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), lange erklärter Gegner der Massenspeicherung, kippte schließlich unter dem Druck seines Parteichefs Sigmar Gabriel um. Im Oktober 2015 beschlossen Union und trat das Gesetz dann in Kraft.

    Den neuen Regeln zufolge müssen Telekommunikationsanbieter die IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen zweieinhalb Monate lang aufbewahren. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen vier Wochen gespeichert werden. Die Behörden dürfen diese Daten zur Verfolgung bestimmter schwerer Straftaten nutzen - etwa bei der Bildung terroristischer Gruppen, Mord oder sexuellem Missbrauch.

    Erstmal bleibt alles beim Alten

    Fünf Monate gilt das Gesetz jetzt. Doch eine Vorratsdatenspeicherung gibt es in Deutschland noch nicht - und wird es auf absehbare Zeit auch nicht geben. Denn die Anbieter müssen die Vorgaben erst zum 1. Juli 2017 endgültig umgesetzt haben. Bis dahin bleibt erst einmal alles beim Alten.

    "Aktuell speichern wir Kundendaten ausschließlich im Rahmen der Rechnungserstellung, zu Nachweiszwecken bei Rechnungsbeanstandungen oder zur Behebung von Störungen oder Bekämpfung von Missbrauch an Telekommunikations-Anlagen", betont man bei M-Net in München.

    "Aktuell speichern wir keine Daten nach den Regeln des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zur Vorratsdatenspeicherung", heißt es auch bei Vodafone. Und Andreas Middel, Sprecher der Deutschen Telekom, betont, dass der Konzern seine Speicherabläufe ebenfalls noch nicht geändert habe. "Die Deutsche Telekom speichert nur Daten, die sie für die Geschäftsabläufe braucht - zum Beispiel für Rechnungen - und reduziert die gespeicherten Daten, wo sie kann."

    Wie die Anbieter die neue Datenspeicherung technisch umsetzen sollen, soll aus einem Anforderungskatalog hervorgehen. Doch selbst den gibt es noch nicht. Das Papier wird gerade erst von Bundesnetzagentur und Bundesbeauftragter für den Datenschutz erstellt. "Für diesen Anforderungskatalog hat uns der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2016 Zeit gegeben", berichtet Michael Reifenberg, Sprecher der

    Vorratsdatenspeicherung: Beim Bundesverfassungsgericht sammeln sich die Klagen

    Wenn sie dann überhaupt noch nötig sind. Fünf Verfassungsbeschwerden und ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Vorratsdatenspeicherung sind derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig, sagt Gerichtssprecher Michael Allmendinger. "Verhandlungs- und Entscheidungstermine sind derzeit nicht absehbar." Daneben hat der Internetprovider SpaceNet zusammen mit dem Internetverband eco eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Köln eingereicht.

    Der Ausgang der Verfahren ist offen, Beobachter schließen nicht aus, dass zumindest Teile der geplanten Vorratsdatenspeicherung auch diesmal wieder von den Juristen gekippt werden könnten.

    Die Provider kennen das aus leidvoller Erfahrung. "Die alte Vorratsdatenspeicherung vor sechs Jahren hat uns rund zwei Millionen Euro gekostet",sagt Andreas Maurer, Sprecher bei 1und1 in Montabaur. "Die lief nur sechs Wochen, bis sie vom Bundesverfassungsgericht kassiert wurde."

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