Kontaktbeschränkungen, Geisterspiele, geschlossene Restaurants: Bund und Länder haben am Mittwoch neue Corona-Regeln beschlossen, die sich nur in einigen Punkten von dem harten Lockdown im Frühjahr unterscheiden. Im Gegensatz zu den früheren Maßnahmen sollen beispielsweise Schulen und Kitas möglichst geöffnet bleiben. Im Sport und in der Gastronomie jedoch gelten erneut harte Regeln. So müssen also Gaststätten schließen und Sportveranstaltungen ohne Zuschauer auskommen. Der Kontakt zu anderen Menschen wird massiv eingeschränkt.
Die zusätzlichen Maßnahmen treten bundesweit am Montag in Kraft und gelten bis Ende November, wie Kanzlerin Angela Merkel zum Abschluss der Beratungen erklärte. Nach zwei Wochen werden die Einschränkungen überprüft und notfalls verschärft. Merkel begründete die teils heftigen Einschnitte mit den stark gestiegenen Infektionszahlen. Wenn es so weitergehe, komme „das Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit“, sagte sie. Eine „nationale Gesundheitsnotlage“ müsse vermieden werden. „Das heißt, die Kurve muss wieder abflachen“, mahnte die CDU-Politikerin. Deshalb brauche man nun „eine nationale Kraftanstrengung“. Sie räumte ein, dass es sich um „harte und belastende Maßnahmen“ handele.
Coronavirus in Deutschland: Fast 15.000 Neuinfektionen an einem Tag
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem „schwierigen Tag, an den wir uns alle noch lange erinnern werden“. Zu den harten Einschnitten gebe es keine Alternative, sagte der CSU-Chef. „Je länger wir warten, desto schwieriger wird es“, betonte er und erklärte: „Das bisher Getane reicht nicht. Wir müssen mehr tun.“ Das gelte vor allem für die Reduzierung der Kontakte. Man habe jetzt die Chance, „gut über den Winter zu kommen“, so Söder.
In Bayern will das Kabinett an diesem Donnerstag über die Umsetzung der Maßnahmen sprechen. Erst danach soll sich auch in Augsburg entscheiden, ob möglicherweise noch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Der Sieben-Tage-Inzidenzwert in der Stadt lag am Mittwoch bei 224 – und damit weit über der Warnstufe „dunkelrot“ auf der bayerischen Corona-Ampel.
Das Robert-Koch-Institut vermeldete am Mittwoch den Rekordwert von fast 15.000 Neuansteckungen. Die Verdoppelungsrate stieg rasant und liegt deutlich höher als im Frühjahr. Gleichzeitig wird die Kontaktnachverfolgung immer schwieriger, wie Merkel betonte. Die Bürger sollen sich deshalb draußen nur noch mit einem weiteren Hausstand und höchstens zehn Personen treffen dürfen. Feiern in Wohnungen sind demnach „inakzeptabel“.
Bund stellt in Corona-Krise neue Finanzhilfen in Aussicht
Vor dem Brandenburger Tor demonstrierten tausende Menschen aus der Veranstaltungsbranche, die um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Ihnen, der Kulturbranche sowie weiteren betroffenen Wirtschaftszweigen stellten Bund und Länder neue Finanzhilfen in Aussicht. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versprach, vom Lockdown betroffenen Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern 75 Prozent ihres Umsatzes zu ersetzen. Die Unternehmen, die weiterarbeiten dürfen, müssen Hygienekonzepte umsetzen und ihren Mitarbeitern, „wo immer dies umsetzbar ist“, Heimarbeit ermöglichen.
Oppositionsparteien im Bundestag hatten zuvor auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gedrungen. Es sei doch fragwürdig, warum man ausgerechnet die Gastronomie schließen wolle, in der sich das Virus nur im geringen Ausmaß verbreite, sagte etwa FDP-Chef Christian Lindner. Der CDU-Abgeordnete Felix Schreiner sprach sich gegen Restaurantschließungen aus: „Gerade diese Branche hat in den vergangenen Monaten besonders gelitten, sich aber auch einer immensen Aufholjagd mit klugen und sicheren Konzepten gestellt.“ Linksfraktionschef Dietmar Bartsch warf Bund und Ländern vor, die Menschen „geradezu in den privaten Raum zu treiben“, wo die meisten Infektionen stattfänden. Die Grünen forderten die Einbeziehung des Parlaments. Die Einschränkung von Freiheitsrechten brauche den öffentlichen Diskurs und die parlamentarische Verankerung, sagte die Abgeordnete Britta Haßelmann.
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