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Coronavirus: Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt vor dritter Corona-Welle

Coronavirus

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt vor dritter Corona-Welle

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt im Deutschen Bundestag Stellung zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Runde.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt im Deutschen Bundestag Stellung zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Runde. Foto: Bernd v. Jutrczenka, dpa

    Als die Kanzlerin zur Regierungserklärung vor das Parlament tritt, merkt man ihr die Strapazen des vorherigen Tages nicht an. Einen 15-Stunden-Mittwoch hat sie hinter sich, fünf Stunden davon musste sie mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten über die Corona-Lage verhandeln. Das Ergebnis bleibt hinter ihren Vorstellungen, nicht aber hinter ihren Erwartungen zurück.

    Die CDU-Politikerin hat geahnt, dass die Mehrheit der Länder für zügige Lockerungen eintreten und vor allem auf eine schnelle Öffnung von Schulen und Kitas bestehen wird. Der Kanzlerin gefällt das nicht. Genauso wenig wie das Medienecho, das sie der sogenannten Kanzlermappe entnehmen kann, die noch vor dem ersten Hahnenschrei jeden Morgen für sie zusammengestellt wird. Merkel habe nachgegeben, sich nicht durchsetzen können, heißt es da unter anderem. Die Kanzlerin hingegen weiß, dass mehr einfach nicht drin war.

    Vor dem Bundestag wiederholt sie am Donnerstag ihr Hauptargument, mit dem sie auch beim Bund-Länder-Treffen vergeblich für einen noch längeren Lockdown geworben hatte. Verborgen unter den aktuell sinkenden Corona-Zahlen baue sich die aggressivere Virusvariante auf, sagt sie und spricht von einer „sehr realen Gefahr“ in Form von Virusmutationen.

    Angela Merkel wollte Schulen und Kitas noch länger geschlossen lassen

    Am Abend zuvor hatte sie gemeinsam mit den Ministerpräsidenten beschlossen, dass die einschneidenden Beschränkungen der persönlichen Freiheit bis 7. März fortgesetzt werden. Merkel wäre gerne noch weiter in den Monat hineingegangen, aber sie scheitert am Widerstand von Ministerpräsidentinnen wie Malu Dreyer.

    Die SPD-Politikerin aus Rheinland-Pfalz ist sauer, wie es aus Verhandlungskreisen heißt. Dreyer habe auf den „Pandemiefrust“ der Bevölkerung hingewiesen und sich vehement für eine Öffnungsperspektive und zügige Lockerungen eingesetzt. Möglicherweise hat das damit zu tun, dass in vier Wochen in ihrem Bundesland gewählt wird. Dreyer bekommt Zustimmung aus Ländern wie Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern. Hamburg und Bayern halten zwar dagegen, doch am Ende muss Merkel zusehen, wie die Länder auf ihrer Entscheidungshoheit bei Kitas und Schulen bestehen und die gewünschte bundesweit einheitliche Regelung nicht zustande kommt.

    In ihrer Regierungserklärung verhehlt Merkel nicht, dass Schulen und Kindergärten aus ihrer Sicht noch länger geschlossen bleiben sollten. Sie kann das gut begründen. Nach einer Analyse der Technischen Universität Berlin ist die Gefahr, dass sich die Kinder im Klassenzimmer gegenseitig anstecken, besonders groß. In einer Oberschulklasse liegt selbst bei halber Belegung und Maskenpflicht der Ansteckungswert R bei 5,8. Das heißt, ein infizierter Schüler steckt sechs weitere an. In Theater, Museen und Oper liegt der Ansteckungswert bei 40 Prozent Auslastung laut TU Berlin nur bei 0,6, im Supermarkt bei 1,0.

    Als Ziel nennt Angela Merkel, dass eine Überforderung der Krankenhäuser unbedingt vermieden werden müsse

    „Wir müssen ausdauernd sein, wir müssen geduldig sein“, appelliert die Kanzlerin am Donnerstag im Bundestag an die Bürger. Eine Überforderung der Krankenhäuser müsse unbedingt vermieden werden, sagt sie, verteidigt ihren Wirtschaftsminister Peter Altmaier gegen Kritik wegen verschleppter Hilfszahlungen und spart das Impfstoff-Schlamassel gekonnt aus.

    Eines macht Angela Merkel klar, unmissverständlich: Die Verantwortung dafür, dass die Menschen in Deutschland seit Monaten unter drastischen Corona-Beschränkungen leiden und wegen aggressiver Mutanten eine dritte Infektionswelle droht, will sie nicht allein tragen. Die Kanzlerin sagt immer „Wir“, als sie in ihrer Regierungserklärung zu den Lehren kommt, die gezogen werden müssten. Jeder im Hohen Haus dürfte verstehen, wen Merkel mit ihrem „Wir“ vor allem meint: die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten.

    Kurz blickt sie auf den Sommer zurück, in dem man nach der ersten Corona-Welle wieder leichter habe leben können, „bei Inzidenzen, die heute traumhaft erscheinen“. Nur drei oder vier Ansteckungen über sieben Tage auf 100.000 Einwohner. Aktuell sind es gut 64. Doch dann, „dann waren wir nicht vorsichtig genug und nicht schnell genug“, klagt Merkel. „Wir haben auf die Anzeichen der zweiten Welle und die Warnungen verschiedener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hin nicht früh und nicht konsequent genug das öffentliche Leben wieder heruntergefahren.“ Ein direkter Vorwurf ist aus Merkels Mund natürlich nicht zu hören. In getragenem Ton wirbt die Kanzlerin darum, auch diese Verlängerung des Lockdowns mitzutragen

    Für den 3. März ist das nächste Treffen mit den Länderchefs angesetzt. Man werde dann natürlich weitere Fragen besprechen, sagt Merkel. Vor allen Dingen werde es aber darum gehen, „die Situation zu analysieren“. Das kann wie eine Drohung aufgefasst werden. Merkel wird die nächsten Tage sehr aufmerksam die Kurve der Neuinfektionen verfolgen. Sollte die nach oben gehen, steht den Ministerpräsidenten eine sehr ungemütliche Besprechung bevor.

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