Angesichts der bundesweit zunehmenden Proteste gegen die strengen Corona-Regeln hat BKA-Chef Holger Münch vor Zuständen wie zur Flüchtlingswelle im Herbst 2015 und danach gewarnt. Die aktuelle Lage sei sehr dynamisch und schwer einzuschätzen, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes am Montag in Berlin.
Er schätze die Situation derzeit als noch nicht so schlimm ein wie damals. „Das Risiko aber, dass mit abnehmender Akzeptanz und mit dem Gefühl der Bedrohung - das war auch einer der Auslöser 2015/2016 - eine solche Situation eintreten kann, das halte ich schon für realistisch“, sagte Münch. Natürlich würden die Sicherheitsbehörden Demonstrationen „logischerweise ermöglichen, soweit das momentan verantwortbar ist“. Informationen und staatliche Hilfsmaßnahmen seien aber „sehr, sehr wichtig, um die Situation zu stabilisieren“.
Münch: Das rechte Spektrum versucht die Proteste zu kapern
Bei den gerade aufkommenden Demonstrationen werde vor allem aus dem rechten Spektrum versucht, die Proteste aus dem bürgerlichen Lager, das durch die Corona-Maßnahmen besonders belastet sei, „zu kapern“, um dann entsprechende Weltanschauungen und Theorien zu verbreiten, sagte Münch. Die Wahrscheinlichkeit, dass daraus ein ernsthaftes Problem werde, steige mit der Abnahme der Akzeptanz der Corona-Maßnahmen einerseits sowie mit der Frage, ob demnächst viele Bundesbürger wirtschaftliche Probleme bekämen.
„Das sind, glaube ich, die Risikofaktoren, die wir sehen müssen“, sagte Münch und ergänzte: „Deshalb ist Aufklärung extrem wichtig. Rund um Corona, aber auch rund um die Frage, welche Hilfe man erhalten kann, um sich zu stabilisieren in den nächsten Monaten“. Das sei sehr wichtig, damit es nicht zu Protesten komme, „die uns noch Sorgen bereiten in den nächsten Monaten“, bekräftigte der BKA-Chef.
Verschwörungstheorien kommen aus den gleichen Bereichen wie schon vor Corona
Derzeit kämen die Verschwörungstheorien noch aus den gleichen Bereichen, aus denen sie auch vorher schon gekommen seien, sagte Münch. Auch vor Corona sei schon gegen vermeintliche staatliche Repressionen demonstriert worden. Das Virus sei aber nun als Thema „dankbar aufgenommen“ worden. Man habe es „mit einer Verschiebung bei den Verschwörungstheoretikern hin zu Corona“ zu tun.
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