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Corona-Unterricht: Lernhindernis Lockdown: So sehr schaden geschlossene Schulen dem Wissen

Corona-Unterricht

Lernhindernis Lockdown: So sehr schaden geschlossene Schulen dem Wissen

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    Zwei von fünf Kinder sehen ihre Klasse nur einmal die Woche per Video.
    Zwei von fünf Kinder sehen ihre Klasse nur einmal die Woche per Video. Foto: Alexander Kaya

    Schüler verbringen in der Corona-Krise deutlich weniger Zeit mit Lernen als in normalen Schuljahren. Mehr als die Hälfte der Eltern in Deutschland ist der Meinung, dass ihr Kind aufgrund von Schulschließungen weniger Fortschritte macht als beim Unterricht im Klassenzimmer. Da es vonseiten der Bildungsministerien der Bundesländer nach wie vor keine Analysen zum Lernstand der Schüler gibt, hat das Münchner Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, kurz Ifo-Institut, 2000 Eltern von Kindern aller Schularten befragt.

    Das Ifo-Institut untersucht regelmäßig Bildungstehmen.
    Das Ifo-Institut untersucht regelmäßig Bildungstehmen. Foto: dpa

    Vor Corona verbrachten Schüler den Forschern zufolge durchschnittlich 7,4 Stunden am Tag mit schulischen Aktivitäten wie Unterricht, Hausaufgaben und Lernen. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 schrumpfte diese Lernzeit auf weniger als die Hälfte. Im Lockdown Nr. 2 zwischen Mitte Dezember und Mitte März 2021 stieg die produktive Lernzeit immerhin wieder auf 4,3 Stunden. „Insgesamt zeigen sich nach einem Jahr Pandemie immer noch massive Lernzeitverluste“, konstatieren die Bildungsforscher.

    Ifo-Studie: "Verantwortung nicht auf Schulen übertragen"

    Mehr als 90 Prozent der Schüler in Deutschland haben Zugang zu einem PC oder Tablet – eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Distanzunterricht. Ein großer Unterschied zwischen den Schülern besteht aber beim Kontakt zu ihren Lehrern: Etwa ein Viertel hatte im zweiten Lockdown täglich Online-Unterricht. Das ist wesentlich mehr als im Frühjahr 2020 – und es beweist, dass ein großer Teil der Lehrer sich mit dem Digitalunterricht besser arrangiert hat. Jedoch haben immer noch zwei von fünf Kindern höchstens einmal pro Woche Unterricht mit ihrer Lehrkraft und der ganzen Klasse. Für Studienleiter Ludger Wößmann ist das zu wenig. Sein Appell an die Politik: „Wir brauchen klare und verbindliche Konzepte für einen täglichen Online-Unterricht per Video.“ Diese Verantwortung dürfe man nicht auf die Schulen übertragen. Doch genau das passiert vielerorts.

    Chaos und blank liegende Nerven: Eltern und Kinder streiten im Lockdown mehr, hat das Ifo-Institut herausgefunden.
    Chaos und blank liegende Nerven: Eltern und Kinder streiten im Lockdown mehr, hat das Ifo-Institut herausgefunden. Foto: Mascha Brichta, dpa

    Knapp die Hälfte der Eltern merkt ihrem Kind an, dass die letzten Schulschließungen es psychisch sehr mitgenommen haben – deutlich mehr als im ersten Lockdown (38 Prozent). Für drei von vier Kindern war es eine große Belastung, nicht wie gewohnt Freunde treffen zu können. Und jedes dritte Kind hat an Gewicht zugelegt, weil es sich zu wenig bewegte.

    Vielen Kinder können besser selbstständig arbeiten und mit Technik umgehen

    Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Zwei Drittel der Kinder können jetzt besser mit digitalen Technologien umgehen. Auch sind sie besser in der Lage, sich selbstständig Inhalte anzueignen. Ein gutes Fünftel der Eltern ist sogar der Meinung, dass ihr Kind im Distanzunterricht mehr gelernt hat als in der Schule. Das führt Bildungsexperte Wößmann vor allem auf den „sozioemotionalen Anteil“ des Lernens zurück. „Wenn ein Kind etwa in der Schule schikaniert wird, fällt das natürlich zu Hause weg.“ Auch, dass Kinder weniger abgelenkt werden, könne zum Lernerfolg beitragen. Insgesamt aber bewerten die Experten die Ergebnisse ihrer Studie als „durchaus ernüchternd“.

    Um mögliche Lernlücken auszugleichen, das hat die Bildungspolitik auch in Bayern mittlerweile erkannt, sind Förderkonzepte nötig. Der Bund hat dafür eine „Nachhilfe-Milliarde“ genehmigt, die Kurse daraus sollen allerdings erst nächstes Schuljahr starten. Bisherige Ferienkurse und Förderangebote besuchten nur 14 Prozent der Schüler – also bei weitem nicht alle, die Unterstützung nötig hätten. Ifo-Bildungsforscherin Larissa Zierow spricht zudem an, dass die Teilnahme an Förderprogrammen „bei Kindern aus Nicht-Akademiker-Haushalten deutlich niedriger ist“ – also eben bei denen, die Hilfe oft besonders dringend bräuchten. „Diese Befunde verdeutlichen, dass es besonders wichtig ist, die Fördermaßnahmen besser als bisher auf benachteiligte Gruppen zu konzentrieren.“

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