Der großflächige Einsatz von Corona-Tests ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts gegen ein erneutes Aufflammen der Pandemie. Doch der schnelle Aufbau der Test-Stationen und die mangelnde Kontrolle lädt Betrüger ein. Nachdem am Wochenende Razzien in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurden, wird bekannt dass es auch in Bayern einen Verdachtsfall auf Abrechnungsbetrug gibt. „Dem Staatsministerium ist konkret ein Fall bekannt, in dem die Behörden ermitteln“, teilte das bayerische Gesundheitsministerium unserer Redaktion auf Nachfrage mit.
Um welche Teststation es sich dabei handelt, wollte der Ministeriumssprecher nicht sagen, die Ermittlungen laufen. „Das bayerische Gesundheitsministerium steht im dauernden Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, auch um dazu beizutragen, dass missbräuchliche Abrechnungen vermieden und aufgeklärt werden.“ Konkret geht es bei den Betrugsfällen um den Vorwurf, dass die Teststellen Corona-Proben abrechnen, die nie durchgeführt worden sind.
Betrug bei Corona-Tests war zuerst aus Nordrhein-Westfalen bekannt geworden
Seit Anfang März sieht die Corona-Testverordnung der Bundesregierung Bürgertests, also Schnelltests, vor. Der Bund übernimmt die Kosten für mindestens einen Schnelltest pro Bürger und Woche. Die Teststellen erhalten 18 Euro pro Test – und das, obwohl die Test-Kits inzwischen für einen Bruchteil des Geldes zu haben sind. Hinzu kommt, dass die Tests bei der Abrechnung keinen konkreten Patienten zugeordnet werden, sondern anonym bleiben. Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung hatten etwa an einer Teststelle in Köln ergeben, dass statt 70 wirklich genommener Proben fast 1000 abgerechnet worden seien.
Bayerisches Gesundheitsministerium will Betrugsverdacht um Corona-Tests nun prüfen
Die Aufklärung ist schwierig, anders als das Landesgesundheitsministerium sieht die KVB den Bund in der Verantwortung. „Da die Angaben, die die registrierten Anbieter von Bürgertests an die KVB zu übermitteln haben, keinen Bezug zu den getesteten Personen aufweisen dürfen, ist es der KVB weder gestattet noch faktisch möglich, vertiefte inhaltliche und qualitative Prüfungen vorzunehmen“, sagt Martin Eulitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. Nachdem die Betreiber vor der Eröffnung ihrer Teststelle eine Genehmigung beim Gesundheitsamt einholen müssen, habe der Öffentliche Gesundheitsdienst auch zu prüfen, ob die Arbeit ordnungsgemäß erfüllt werde.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte „stichprobenartig mehr Kontrollen“ an. „Egal, ob bei Masken oder beim Testen – jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen“, schreibt er auf Twitter.
FDP fordert, Schnelltests in die Hände von medizinischem Personal zu geben
Doch die FDP sieht ihn persönlich in der Verantwortung. „Verantwortlicher Umgang mit Geld spielt offenbar keine Rolle mehr“, kritisiert der Mediziner und FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann aus Würzburg. „Leider ist das in dieser Pandemie sehr oft vorgekommen: Es ist voraussehbar, was kommen wird. Aber die Bundesregierung ignoriert es, bis es nicht mehr geht. Was dann kommt, ist Stümperei von oberster Stelle.“
Er fordert, Tests nur noch an medizinisches Fachpersonal zu vergeben. Derzeit reicht ein einstündiger Kurs, um Corona-Tests anbieten zu können. „Es ist gut und richtig, dass die Tests niederschwellig und in großer Masse angeboten werden. Die Durchführung selbst ist auch keine medizinische Meisterleistung und kann schnell erlernt werden“, sagt Ullmann. Aber die Tests müssten richtig durchgeführt werden. „Es geht immer noch primär um das Erkennen von Infektionen. Das ist ein medizinischer Fachbereich und bedarf der medizinischen Verantwortung, Aufsicht und Einordnung“, erklärt der Abgeordnete.
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