Bund und Länder wollen den Druck auf Ungeimpfte schrittweise erhöhen, damit sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen. Das haben die Chefs und Chefinnen der Länder gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossen. Ungeimpfte müssen demnach ab dem 23. August einen negativen Corona-Test vorlegen, wenn sie zum Beispiel jemanden im Krankenhaus oder Altenheim besuchen oder sich beim Friseur die Haare schneiden lassen. Geimpfte und Genesene sind davon ausgenommen.
Die Bestimmung gilt ab einer bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner, wie aus der Runde durchsickerte. Am Dienstag stand sie bei 23,5 mit zuletzt stabil steigender Tendenz. Den Ländern steht es frei, bei Inzidenzen unter 35 andere Vorschriften zu erlassen.
Notwendig wird ein negativer Test gleichsam für den Besuch im Kosmetik- oder Massagestudio, den Gang ins Theater und Kino sowie für das Schwimmen im Hallenbad. Vorzuweisen ist entweder ein Schnelltest, der nicht älter ist als 24 Stunden, oder ein PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ungeimpfte müssen ihn außerdem ab dem Stichtag Ende August vorweisen, wenn sie in Gasthäusern und Kneipen (Innenräume) essen und trinken wollen. „Wir setzen jetzt voll bei steigenden Infektionszahlen (...) auf das Testen“, erklärte die Kanzlerin.
Bund-Länder-Treffen: Für Ungeimpfte wird es teuer
Steigt zunächst für Ungeimpfte der Aufwand, wenn sie am öffentlichen Leben teilnehmen wollen, wird es ab dem 11. Oktober auch teuer. Dann wollen Bund und Länder die kostenlosen Bürgertests abschaffen. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann oder für den die Ständige Impfkommission keine Empfehlung abgegeben hat, für den „wird es weiterhin die Möglichkeit zum kostenlosen Antigen-Schnelltest geben“.
Aktuell können die Teststellen für den Schnelltest maximal 12,50 Euro je Abstrich beim Staat abrechnen. Ob die Anbieter bei diesem Preis bleiben oder ihn im Herbst für Privatleute sogar erhöhen, ist gegenwärtig unklar. „Wir hoffen allerdings, dass sich die Impfquote noch einmal deutlich steigert“, sagte Merkel.
Nicht durchsetzen konnte sich ein Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er wollte Ungeimpften in Herbst und Winter den Gang ins Wirtshaus und die Teilnahme an Veranstaltungen generell verbieten – ganz gleich, ob sie einen negativen Test vorzeigen könnten oder nicht. CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte das abgeräumt. Allerdings werden Ungeimpfte einen anderen Nachteil zu spüren bekommen. Anders als Geimpfte und Genesene müssen sie nach Urlauben im Ausland in Quarantäne, aus welcher sie sich freitesten können. Sie müssen sich auch isolieren, falls sich eine Kontaktperson mit dem Erreger angesteckt hat.
Corona-Maßnahmen: Die Maske soll weiter dazugehören
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drang in der Diskussion mit seinen Amtskollegen auf strengere Vorgaben. „Die bisherigen Impfquoten reichen einfach nicht auf, um sorglos zu sein“, sagte der CSU-Chef. Er hält es für wahrscheinlich, dass die Beschlüsse bald nachgeschärft werden müssen. Ein neuerliches Herunterfahren der Gesellschaft wird derzeit von den Regierungen in Bund und Ländern aber ausgeschlossen. Dazu soll auch der Fortbestand der Maskenpflicht beitragen. Söder deutete aber an, dass es später doch noch mehr Einschränkungen für Ungeimpfte geben könnte.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae bemängelte die Entscheidung zur Abschaffung der kostenfreien Corona-Tests als kurzsichtig: „Eine Kostenpflicht der Tests ab dem 11. Oktober wird bewirken, dass Geimpfte sich gar nicht mehr testen lassen, obwohl das bei Varianten auch nach einer Impfung noch sinnvoll sein kann“, sagte der Abgeordnete. Eine Impfung schütze ja nur weitgehend vor Erkrankung, nicht vor Infektion.