Der Konflikt zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer um den richtigen Pandemiekurs spitzt sich zu. Besonders scharfen Widerspruch erntet Angela Merkel dabei im eigenen Lager. So hat der neue CDU-Chef Armin Laschet die Kritik seiner Parteifreundin am Corona-Kampf der Länder als wenig konstruktiv zurückgewiesen. Es helfe nicht weiter, "wenn Bund und Länder sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Montag nach einer Sitzung der CDU-Parteigremien.
Laschet forderte gleichzeitig, das nächste Treffen der Länderchefs mit der Kanzlerin in einem deutlich kleineren Format und in Präsenz abzuhalten. Dass wie zuletzt bis zu 80 Leute an dieser Runde beteiligt gewesen seien, trage "nicht zur Effektivität und zum Krisenmanagement in diesen Zeiten bei".
Kanzlerin Angela Merkel droht mit dem Infektionsschutzgesetz
Die Kanzlerin hatte am Sonntagabend in der ARD den weichen Corona-Kurs und das Unterlaufen der vereinbarten Notbremse in vielen Bundesländern scharf kritisiert. Die CDU-Politikerin zeigte sich deutlich verärgert und deutete an, dass der Bund notfalls über das Infektionsschutzgesetz auch im Alleingang härtere Corona-Regeln durchsetzen könnte, wenn die Länder nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen.
Laschet dagegen betonte: "Jeder will, dass die Infektionszahlen runtergehen, und jeder hat für sein Land entsprechende Maßnahmen gemacht."
Wie genau die Regierungschefin die Entscheidungshoheit in der Pandemiebekämpfung an sich ziehen will und was sie im Einzelnen plant, blieb auch am Montag offen. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte lediglich, dass es jetzt an den Ländern sei, das bei den Ministerpräsidentenkonferenzen Beschlossene umzusetzen. Damit sei zuallererst die "Notbremse" gemeint, aber auch weitere Maßnahmen wie Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen. Seibert nannte die letzte Konferenz eine "Zäsur" in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Er ließ allerdings offen, was sich jetzt ändern werde. "Einzelfragen werden in den kommenden Tagen entschieden."
Ministerpräsidenten gehen eigene Wege
Auf Konfrontationskurs zu Merkel ging neben Laschet auch der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans. Er verteidigte Teilnehmern zufolge im CDU-Präsidium die von ihm geplanten Öffnungen und wies den Vorwurf zurück, im Saarland würden Beschränkungen durch Lockerungen ersetzt. Vielmehr werde mit weitreichenden Auflagen dafür gesorgt, dass die Menschen getestet im Freien zusammenzukommen könnten, statt im Verborgenen ohne Tests und Maßnahmen. Ebenso verteidigte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) geplante Öffnungen im Rahmen von rund 25 Modellversuchen: "Ich befürchte, wir werden mit einem gewissen Infektionsgeschehen in Deutschland leben müssen."
Unterstützung von Horst Seehofer
Seinem Verdruss über die Bundeskanzlerin machte auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) Luft. Inhaltlich unterstütze er Merkel ja in ihrem Wunsch nach mehr Härte im Kampf gegen Corona, betonte er, er fordere ja selbst einen Stufenplan und einheitliche Regeln für Deutschland. Ihn ärgere jedoch die Tonart von Merkel.
erhielt sie dagegen aus der CSU. Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte, dass der Bund in der Pandemiebekämpfung stärker das Ruder übernimmt. Dazu könne entweder das Infektionsschutzgesetz präzisiert oder ein eigenes Gesetz beschlossen werden.
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