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Corona-Pandemie: Von der Leyen erklärt Streit mit Impfmittel-Herstellern für beendet

Corona-Pandemie

Von der Leyen erklärt Streit mit Impfmittel-Herstellern für beendet

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    Kommissionschefin Ursula von der Leyen stimmt versöhnliche Töne im Streit um die Impfmittel-Bestellung an.
    Kommissionschefin Ursula von der Leyen stimmt versöhnliche Töne im Streit um die Impfmittel-Bestellung an. Foto: Yves Herman, dpa (Archivbild)

    Vor dem virtuellen EU-Gipfel hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Streit mit den Impfmittelherstellern um Lieferverzögerungen für beendet erklärt und die Pharmafirmen als Verbündete im Kampf gegen das Coronavirus gelobt. „Die Impfstoffhersteller sind in dieser Pandemie unsere Partner und auch sie standen noch nie vor solch einer Herausforderung“, sagte die CDU-Politikerin im Interview mit unserer Redaktion. „Die Lage wird sich spürbar bessern“, kündigte von der Leyen mit Blick auf das zweite Quartal an.

    EU-Chefin nennt Verschiebung zweiter Impfdosis riskant

    Die Kommissionschefin wandte sich strikt gegen Überlegungen, für mehr Erstimpfungen den Abstand zwischen beiden Impfdosen zu vergrößern: „Die zweite Impfung einfach hinauszuschieben, halte ich für riskant“, warnte von der Leyen. „Wir sollten uns an die Vorgaben halten, die die Hersteller in ihren ausführlichen klinischen Tests ermittelt haben“, sagte sie. „Wir strecken deswegen die zweite Impfung nicht“, betonte sie.

    Ohnehin steige die Zahl der Lieferungen: „Wir merken, dass zum Beispiel Biontech mehr Dosen ausliefert als zunächst angenommen, weil die Produktion schneller wird“, sagte die Brüsseler Kommissionschefin. „Außerdem kommen die vielen Millionen Dosen aus dem zweiten Vertrag mit Biontech hinzu. Und Johnson&Johnson steigt ein.“ Verglichen mit den Aussichten vor einem Jahr sei die Situation ein großer Fortschritt: „Wir haben mehrere Impfstoffe, die wirken“, betonte von der Leyen. „Wenn sich jetzt noch Daten israelischer Forscher bestätigen sollten, dass Biontech-Geimpfte das Virus kaum mehr übertragen, dann wäre das ein weiterer Sprung nach vorn.“

    Von der Leyen lehnt Zwangslizenzen für Corona-Impfstoffe ab

    Von der Leyen wies Forderungen nach Zwangslizenzen zurück. Sie stehe dem sehr zurückhaltend gegenüber, sagte sie. „Die Herstellung von Vakzinen ist ein sehr komplizierter Prozess, für den nicht nur 400 verschiedene Komponenten von etwa 100 Firmen gebraucht werden, sondern auch hochspezialisiertes Personal“, betonte sie. Um eine geeignete Produktionsanlage aufbauen zu können, seien normalerweise Jahre nötig. „Deshalb halte ich es aktuell für besser, mit den Firmen zusammenzuarbeiten und darauf hinzuwirken, mit ihnen die weltweite Produktion zu verbessern“, betonte sie. „Es gibt ständig irgendwelche neue Fragen, die wir meistens gütlich miteinander klären.“

    Die EU sei dabei mit den Herstellern der Impfstoffe ständig im Gespräch und gehe mit ihnen alle Punkte durch, sagte von der Leyen: „Was wird gebraucht, um die Produktion auszubauen? Wo gibt es Ansatzpunkte, um die weltweiten Zulieferketten stärken und knappe Rohstoffe in ausreichender Menge zu besorgen?“ Auch die Zulassungsverfahren würden beschleunigt. „Dieses Vorgehen ist nicht nur jetzt nötig, um mehr Vakzine verimpfen zu können. Wir wollen dadurch auch sicherstellen, dass wir schneller reagieren können, wenn neue Varianten auftauchen und wir angepasste Impfstoffe brauchen.“ Das Wissen dafür liege bei den forschenden Unternehmen.

    Von der Leyen: „EU hat auf die richtigen Pferde gesetzt“

    Von der Leyen zeigte erneut Verständnis für die Kritik an der EU wegen der Impfmittel-Bestellung und für die Ungeduld der Bürger. „Ich kann die Frustration der Menschen und auch derjenigen, die in den Impfzentren arbeiten, gut nachvollziehen“, sagte sie.

    Musterschülerin, Medizinstudium, Ministerin: Die Karriere der Ursula von der Leyen

    Die CDU-Politikerin wurde in Brüssel geboren und hat dort bis 1971 die Europäische Schule besucht.

    Dass die 62-Jährige fließend Französisch spricht, ist als Chefin der EU-Kommission von Vorteil.

    Ihren Weg ist die Tochter des früheren niedersächsischen Regierungschefs Ernst Albrecht über die Jahre diszipliniert und kämpferisch gegangen. Mit einem Notendurchschnitt von 0,7 im Abitur konnte sie als Musterschülerin gelten.

    Dann folgte ein Medizinstudium mit Doktortitel und schließlich die Karriere in der Politik, die sie trotz ihrer Verpflichtungen als Mutter von sieben Kindern durchzog.

    Seit 2003 war sie Sozialministerin in Niedersachsen, ab 2005 Bundesfamilienministerin, von 2009 an Arbeitsministerin, danach Verteidigungsministerin. Seit 2019 leitet sie die EU-Kommission.

    Dennoch habe sich das gemeinsame Vorgehen bei der Bestellung als richtig erwiesen. „Dank des europäischen Ansatzes haben wir heute ein breites Angebot an Impfstoffen, die wir auch gegen die Mutationen nutzen können“, betonte die Kommissionschefin. „Wir haben auf sechs Hersteller gesetzt, drei davon sind inzwischen zugelassen und weltweit nachgefragt, zwei befinden sich kurz vor der Zulassung“, fügte sie hinzu. „Unsere Strategie ist aufgegangen. Wir haben auf die richtigen Pferde gesetzt.“

    So will Europa den Impf-Rückstand aufholen

    Eine Bilanz können aber erst am Ende des Sommers gezogen werden. „Das ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf“, sagte von der Leyen. „In 130 Ländern der Welt wurde noch niemand geimpft. Europa gehört zu den ersten, wenn auch mit weniger Dosen in der Startphase als erwartet.“ Europa werde seinen Rückstand auch gegen über anderen Ländern wie Großbritannien wieder wettmachen. „Wir holen auf“, sagte von der Leyen. „In Italien mit einer ähnlichen Bevölkerungsgröße wie Großbritannien erhielten sogar schon doppelt so viele Bürger mit der zweiten Dosis den vollen Impfschutz als im Vereinigten Königreich.“

    Lesen Sie dazu auch das ganze Interview mit Ursula von der Leyen: Ursula von der Leyen: "Ich kann den Frust der Menschen nachvollziehen"

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