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Corona-Pandemie: Stiko-Chef Mertens hält Debatte um Kinder-Impfungen für "Statthalter-Diskussion"

Corona-Pandemie

Stiko-Chef Mertens hält Debatte um Kinder-Impfungen für "Statthalter-Diskussion"

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    Der Ulmer Virologe Thomas Mertens ist Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko). Er will erst eine Empfehlung aussprechen, wenn er mehr Daten zur Verfügung hat.
    Der Ulmer Virologe Thomas Mertens ist Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko). Er will erst eine Empfehlung aussprechen, wenn er mehr Daten zur Verfügung hat. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Der Chef der ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, will sich bei den Entscheidungen seines Gremiums von der Politik nicht unter Druck setzen lassen. „Wir wissen, was unsere gesetzliche Aufgabe ist, nämlich die Erarbeitung von Impfempfehlungen auf der Basis der besten verfügbaren wissenschaftlichen Datenlage“, sagt er im Interview mit unserer Redaktion. „Und das verfolgen wir mit großer Energie und auch sehr großem Arbeitsaufwand. Insofern muss man die Äußerungen mancher Politiker einfach ertragen.“ Das sei vielfach eine Art hektisches Bemühen, sich durch Aktivitäten hervorzutun. Dabei sei der zeitliche Druck nicht gerechtfertigt. „Es wäre sicher besser, wenn man erst genaue Datenanalysen machen würde und dann auf dieser Basis eine Empfehlung und schließlich eine politische Umsetzung angeht“, sagt Mertens. „Aber das ist in diesen Zeiten nicht ganz so leicht zu erreichen. Die politische Ebene steht sehr unter dem Eindruck, dass sie ganz schnell Dinge entscheiden muss. Auch wenn das objektiv gar nicht so gegeben ist.“

    Lieber Gruppe der 18- bis 59-Jährigen stärker impfen

    Mertens sagt das auch mit Blick auf die Schulen. Mehrere Ministerpräsidenten und Minister verlangen von der Stiko, dass sie eine Impfempfehlung für alle Kinder ab 12 Jahren ausspricht. Das sei aber gar nicht notwendig, argumentiert der Stiko-Chef. „Es ist einfacher, alles auf eine Impfung zu schieben, anstatt den von vielen medizinischen Fachgesellschaften erarbeiteten Maßnahmenkatalog umzusetzen“, sagt er. „Hinzu kommt, dass die Kinderimpfung derzeit vielfach eine Statthalter-Diskussion ist. Sie überdeckt die Tatsache, dass man die eigentlich entscheidende Gruppe, nämlich die 18- bis 59-Jährigen, augenblicklich mit Impfangeboten nicht so gut erreicht, wie man das sollte und müsste.“ Dabei sei hier sehr gut belegt, dass die Impfquote in dieser Altersgruppe darüber entscheide, wie die nächste Welle ablaufen werde. „Es wäre wirklich sehr wichtig, den 18- bis 59-Jährigen deutlich zu machen, dass es hier nicht nur um ihren Individualschutz geht, sondern um unsere Gemeinschaft bis hin zur wirtschaftlichen Entwicklung“, sagt Mertens.

    Millionen Schülerinnen und Schüler können nicht geimpft werden

    Um die Schülerinnen und Schüler macht er sich keine Sorgen. „Viele Berechnungen zeigen ja, dass der Unterricht an den Schulen gut zu händeln wäre, wenn man die bekannten Maßnahmen – dazu gehören unter anderem das Maskentragen, das Lüften und der Einbau von Luftfiltern – umsetzen würde“, sagt der Ulmer Virologe. Man dürfen auch nicht vergessen, dass 9,1 Millionen Kinder vor dem zwölften Lebensjahr gar nicht impfbar seien – das betreffe alle Kita- und Kindergartenkinder, alle Kinder in den Grundschulen, alle Kinder der ersten Klassen der weiterführenden Schulen. „Die kann man nicht impfen“, sagt Mertens. „Deshalb braucht man ein Maßnahmenpaket, um die Schulen sicher betreiben zu können.“

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