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Corona-Pandemie: Stammt das Coronavirus doch aus einem Labor in Wuhan?

Corona-Pandemie

Stammt das Coronavirus doch aus einem Labor in Wuhan?

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    Am Wuhan Institut für Virologie wird seit vielen Jahren mit gefährlichen Coronaviren experimentiert.
    Am Wuhan Institut für Virologie wird seit vielen Jahren mit gefährlichen Coronaviren experimentiert. Foto: imago-images.de

    Als wäre das Rätsel um den Ursprung der verheerendsten Pandemie des Jahrhunderts nicht mysteriös genug, trägt die Frau, die möglicherweise am nächsten an der Lösung dran ist, auch noch seit vielen Jahren in der Forschung einen hollywoodreifen Spitznamen: „Batwoman“, Fledermausfrau, wird die chinesische Virologin Shi Zhengli genannt.

    Schon vor dem Ausbruch der Pandemie, die inzwischen Milliarden Menschen unter dem Namen Sars-CoV-2 kennen, zählte die 57-Jährige bereits zu einer in Fachkreisen bekannten Erforscherin von schwer krankheitserregenden Coronaviren.

    Der erste Gedanke: "Sind die Viren aus unserem Labor?"

    Shi Zhengli arbeitet – zufällig oder nicht – seit Jahren in der Stadt, von der aus die Pandemie um die Welt zog: Am Wuhan Institut für Virologie, kurz WIV. Im März 2020, drei Monate nachdem neuartige Coronaviren die ersten Menschen in Wuhan befielen, ging ein Satz der Fledermaus-Frau um die Welt: „Könnten sie aus unserem Labor stammen?“ Das sei ihr erster Gedanke gewesen, sagte Shi Zhengli dem Magazin Scientific American. Sie habe verzweifelt alle Aufzeichnungen ihres Labors der vergangenen Jahre durchforscht, ob Virenmaterial bei Experimenten falsch gehandhabt worden sei. Doch keine Gen-Sequenz habe übereingestimmt mit jenen der Viren aus Fledermaushöhlen, mit denen ihr Team geforscht habe. „Da ist von mir eine große Last abgefallen. Ich hatte seit Tagen kein Auge zugetan.“

    Doch inzwischen wachsen die Zweifel an der Darstellung der chinesischen Virenforscherin, die nach dem Artikel monatelang für Ausländer unerreichbar war. Zwischen Forschern, Wissenschaftsjournalisten und Politikern ist ein erbitterter Streit ausgebrochen, ob Sars-CoV-2 wirklich eines natürlichen Ursprungs ist, wie die meisten Virologogen vermuten, oder möglicherweise das Produkt eines verhängnisvollen Laborunfalls. „Lab-Leak“ heißt die Theorie eines unabsichtlichen Lecks in einem der beiden Wuhaner Forschungslabore für Coronaviren. Seit Wochen beherrscht die Debatte vor allem die US-Medien.

    Die erste "Lab-Leak"-Theorie stammte aus China

    Die erste Lab-Leak-Theorie stammte aber aus China selbst: Bereits im Februar 2020 hatte der renommierte chinesische Biologie-Professor Botao Xiao mit einem Co-Autor in einem Aufsatz „Die möglichen Ursprünge des 2019er Coronavirus“ öffentlich auf einem Forschungsportal einen Laborunfall als Ursache vermutet. „Das Killer-Coronavirus stammt wahrscheinlich aus einem Labor in Wuhan“, lautet das Fazit der Wissenschaftler. Denn in beiden Laboren sei mit Fledermäusen gearbeitet worden, die als ursprüngliche Virenträger gelten.

    Der Aufsatz verschwand später von dem Portal, gleichzeitig soll Peking die Vorschriften für Hochsicherheitslabore verschärft haben. Zudem, so wurde kürzlich bekannt, wurden Millionen öffentlich zugänglicher Forschungsdaten der Wuhaner Labore gelöscht. Schon kurz nach dem Corona-Ausbruch in der acht Millionen Einwohner zählenden Metropole wurde über die beiden Wuhaner Hochsicherheitslabore spekuliert. Sie sind seit langem das Zentrum der mit internationaler Hilfe geförderten Coronaviren-Forschung Chinas.

    Labor in Sichtweite des Wuhaner Fischmarkts

    Eines der Labore, das Wuhaner Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention WHCDC, liegt nur 300 Meter entfernt vom Huanan-Markt entfernt. Dieser galt mit seinem Handel von Fisch und Wildtier als Ausgangszentrum der Seuche. Shi Zhenglis Arbeitsplatz, das Wuhan Institut für Virologie, liegt 13 Kilometer entfernt. Heute ist unklar, ob der Wildtiermarkt überhaupt der Dreh- und Angelpunkt des Ausbruchs war. Zwar stellten die Virenforscher dort an Ständen und Hauswänden virenbelastetes Material sicher, das sie auf Blutspritzer vor Ort geschlachteter Tiere zurückgeführt haben sollen – ein Indiz auf einen tierischen Ursprung der Pandemie. Doch zugleich wurde damals auch bekannt, dass ein Drittel der 41 ersten identifizierten Corona-Patienten keinerlei Verbindungen zum Markt und Marktbesuchern hatte.

    Amerikanische und australische Medien vermuten inzwischen, gestützt auf Geheimdienstberichte, dass möglicherweise drei Mitarbeiter am Wuhan Institut für Virologie schon Anfang November 2019 die ersten Sars-CoV-2- Patienten gewesen sein könnten. Die drei seien mit Symptomen, die sowohl einer Covid-19-Infektion als auch einer gewöhnlichen Grippe ähnelten, in einem Wuhaner Krankenhaus behandelt worden.

    Hatten drei Labormitarbeiter Covid oder nur Grippe?

    Allerdings ist unklar, ob es sich dabei nicht um einen einfachen Arztbesuch wegen eines gewöhnlichen Infekts in einer Poliklinik gehandelt hat, wie es Kritiker der Lab-Leak-Theorie für möglich halten. Die Befürworter der Annahme, dass das Coronavirus auf natürliche Weise von Fledermausviren über ein anderes Tier als Zwischenwirt auf den Menschen übergesprungen sei, verweisen auf den tierischen Ursprung vieler Epidemien: etwa die Pest, die von Ratten eingeschleppt wurde, ebenso wie Masern vermutlich von Kühen oder Keuchhusten möglicherweise von Hunden übertragen wurde.

    Doch es gibt auf der anderen Seite immer wieder verhängnisvolle Laborunfälle. Auch das Sars-1-Virus entwich ein halbes Jahr, nachdem die asiatische Epidemie 2003 unter Kontrolle war, zunächst unbemerkt erneut aus einem Labor in Taiwan.

    Forschung mit "humanisierten" Labormäusen

    Neue Nahrung erhält die Wuhan-Laborleck-These, seitdem bekannt wurde, dass das Team von „Fledermausfrau“ Shi Zhengli in seiner Forschung Coronaviren gentechnisch verändert haben soll, um menschliche Zellen anzugreifen. Wie der renommierte frühere Wissenschaftsreporter der New York Times, Nicholas Wade, schreibt, benutzen die Wissenschaftler unter anderem an menschliche Zellen angepasste Mäuse und menschliche Zellen in Laborkulturen.

    Es könnte sogar sein, dass der gesuchte tierische Zwischenwirt von Sars-CoV-2 eine auf Humanzellen-Ähnlichkeit hingezüchtete "humanisierte" Labormaus sein könnte. Diese „Funktionsgewinn“ genannte Forschung soll helfen, künftige Viren zu imitieren und beherrschbar zu machen, und ist seit vielen Jahren umstritten.

    Große Ähnlichkeit mit Fledermausviren aus alter Kupfermine

    Im Mittelpunkt des Lab-Leak-Verdachts stehen Viren, die offenbar 2012 in einer alten Kupfermine in China gefunden wurden: im 1886 Kilometer von Wuhan entfernten Yunnan. Sechs Arbeiter, die Stollen von Fledermaus-Kot reinigten, erkrankten an einer Sars-ähnlichen Lungenentzündung, drei starben. Das Virusmaterial wurde 2013 vom Wuhan Institut für Virologie gesammelt und danach untersucht.

    Es soll zu 96 Prozent mit dem Sars-CoV-2 identisch sein. Shi Zhengli betonte inzwischen, in ihrem Labor habe es keine verändernden Experimente mit dem Virus gegeben. Es sei in Wuhan nur sequenziert, aber nicht isoliert oder gezüchtet worden.

    Ohne Chinas Einwilligung in genaue Genuntersuchungen, bleibt es wohl ein Rätsel, ob das Virus aus dem Labor oder der Natur kommt.

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