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Corona-Pandemie: Ist Schweden mit seinem Corona-Sonderweg am Ende?

Corona-Pandemie

Ist Schweden mit seinem Corona-Sonderweg am Ende?

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    Menschen mit Mund-Nasen-Schutz - wie hier in einer Stockholmer U-Bahn-Station - sind jetzt in Schweden immer öfter zu sehen.
    Menschen mit Mund-Nasen-Schutz - wie hier in einer Stockholmer U-Bahn-Station - sind jetzt in Schweden immer öfter zu sehen. Foto: Johan Nilsson, dpa

    Es ist früher Samstagabend im verschneiten, eisigkalten Stockholm. In aufgeheizten Kneipen tummeln sich die Gäste vergnügt, so, als ob es keine Corona-Pandemie mit heftiger zweiter Welle in Schweden gebe. Noch hält Schweden an seinem lockeren Sonderweg ohne Lockdown und Maskenpflicht, mit geöffneten Geschäften und Gastronomiebetrieben, offenen Kindergärten und Schulen bis zur 10. Klasse fest. Man setzt auf Freiwilligkeit. Das Gesundheitssystem ist nicht kollabiert, seit 27. Dezember werden Pflegebedürftige, Alte und Klinikpersonal geimpft. Noch ist Schweden das freieste Land Europas. Noch.

    Gesundheitsexperten geben den Takt für den Sonderweg in Schweden vor

    Der Sonderweg ist in der Tat ein besonderer: Nicht die Politiker in der Regierungskanzlei Rosenbad, sondern die Experten im von Staatsepidemiologe Anders Tegnell geleiteten Gesundheitsamt geben in der Pandemie den Takt vor. Der Sonderweg ist populär bei den Menschen. Die Rate von Neuerkrankten liegt ungefähr in Europas Mittelfeld.

    Die durchschnittliche Covid-Todesrate lag zuletzt knapp unter der deutschen. Schweden hat bisher rund 9000 Opfer zu beklagen, Deutschland rund 37.000. Das bedeutet aber auch: Die Zahl der Todesfälle pro eine Million Einwohner liegt in dem skandinavischen Land nahezu doppelt so hoch. So wächst die Unruhe, was sich an der steigenden Zahl von freiwilligen Maskenträgern in Stockholm ablesen lässt.

    Und es gibt auch ein neues politisches Signal: Seit Sonntag gilt ein neues, befristetes Pandemie-Gesetz, welches der rot-grünen Regierung erstmals weitreichende Möglichkeiten für einen Lockdown gibt. Bereits im Frühjahr hatte Schweden ein solches Gesetz. Aber es lief im Sommer aus, ohne dass es einmal angewendet wurde. Nun also sind staatliche Einschränkungen bei Besucher- oder Kundenzahlen, Öffnungszeiten von Geschäften, Restaurants und Kneipen, aber auch Fitnessstudios möglich. Lediglich Ausgangsverbote oder ein kompletter Lockdown bleiben ausgeschlossen, weil das gegen das Grundgesetz verstoßen würde.

    Zum Lockdown fehlt der schwedischen Regierung noch der Wille

    Die Regierung betonte zwar auch diesmal bei der Verabschiedung des Pandemiegesetztes, dass man es so wenig wie möglich anwenden wolle. Das zeigt, dass der politische Wille zur Festlegung von Einschränkungen (noch) fehlt. Beobachter fragen sich daher, ob das Pandemiegesetz mehr der Abschreckung dienen soll, damit Empfehlungen besser gefolgt wird.

    Solche haben in Schweden tatsächlich dazu geführt, dass die meisten Betriebe, die keine physische Anwesenheit benötigen und Schulen auf Homeoffice und Fernunterricht umgestiegen sind. Indirekte Wirkung hatte das Ausschankgesetz erzielt: Weil Bars und Restaurants nur noch bis 20 Uhr Alkohol verkaufen dürfen, schließen viele Betriebe nun um 20 Uhr oder 20.30 Uhr. Doch die Bitte des Gesundheitsamtes an den Handel, Kunden nicht mit sonst üblichen Sonderangeboten nach Weihnachten anzulocken, verhallte diesmal weitgehend ungehört. Die Kunden strömten in Massen in die Geschäfte – zum letzten Mal im schwedischen Sonderweg?

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