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Corona-Pandemie: Intensivmediziner fordern Lockdown-Verlängerung bis April

Corona-Pandemie

Intensivmediziner fordern Lockdown-Verlängerung bis April

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    Intensivmediziner befürworten die geplante Verlängerung des Lockdowns. In drei Wochen könnten viele Risikopatienten geimpft werden.
    Intensivmediziner befürworten die geplante Verlängerung des Lockdowns. In drei Wochen könnten viele Risikopatienten geimpft werden. Foto: Armando Franca, dpa/AP

    Ein bisschen lockern – aber noch kein Lockdown light: Der ursprüngliche Entwurf für die Bund-Länder-Konferenz kam noch den Wünschen von Medizinern entgegen, die beschlossenen Lockerungen kaum. „Unsere Position ist klar, den Lockdown bis 1. April zu verlängern“, sagt der Präsident der Intensiv- und Notfallmediziner-Vereinigung DIVI, Gernot Marx. „Wir brauchen einen Dreiklang aus strikter Kontrolle des Virus, deutlich intensiverem Impfen und einem ständigen Blick darauf, wie sich die Ansteckungshäufigkeit beim sogenannten R-Wert entwickelt“, fordert er. „Wir müssen mit der Impfwelle vor die Infektionsquelle kommen.“

    Die Intensivmediziner warnen mit Computersimulationen davor, dass eine schnelle Rückkehr zur Lage vor dem Lockdown im Herbst wegen der hochansteckenden britischen Coronavirus-Variante B.1.1.7 zu einer Explosion der Neuinfektionszahlen führen würde. Bis Mai könnte die Zahl der Covid-Patienten auf Intensivstationen auf 25000 steigen – viermal mehr als zum Jahreswechsel und kaum zu verkraften für das deutsche Gesundheitswesen. Die positive Nachricht der Mediziner ist, dass bei Lockerungen ab Ostern die Situation wegen der fortschreitenden Impfungen beherrschbar wäre, selbst wenn der R-Wert, der angibt, wie viele andere ein Corona-Infizierter ansteckt, genauso wie vor dem Lockdown ansteigt.

    Intensivmediziner Gernot Marx: Wer geimpft ist, kommt nicht auf die Intensivstation

    „Wer geimpft ist, kommt nicht auf die Intensivstation“, betont der DIVI-Präsident. „Selbst wenn im Worst-Case-Szenario der R-Wert im April wie im Oktober für die Ursprungsvariante des Corona-Virus wieder auf 1,2 steigen würde, könnten wir dann die erwartbar hohe Zahl von 5000 Intensivpatienten mit Covid-19 meistern“, sagt Marx. „Nach unserem Berechnungsmodell könnte man in drei Wochen mehr lockern als jetzt, weil dann bereits deutlich mehr Risikopatienten geimpft sein werden und wir damit weniger Covid-19-Intensivpatienten befürchten müssen.“

    Diese Entwicklung werde sich im April positiv fortsetzen: „Auf der einen Seite erwarten wir die Zulassung weiterer Impfstoffkandidaten, auf der anderen Seite wird die Produktion in Deutschland deutlich erweitert, wenn die neue Fabrik von Biontech in Marburg richtig anläuft“, sagt Marx. „Es ist wichtig, dass wir noch drei Wochen durchhalten, weil wir durch das Impfen vieler Menschen trotz der Virusmutationen eine dritte Welle deutlich abflachen können“, fügt der Aachener Medizinprofessor hinzu „Wir gewinnen dadurch wertvolle Zeit.“

    Experten: Impfstoffe von Biontech, Moderna und AstraZeneca wirken effektiv

    Wie Marx wirbt auch die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) dabei auch für den in die Diskussion geratenen Corona-Impfstoff von AstraZeneca. „Alle zugelassenen Impfstoffe sind sicher und schützen effektiv vor einer schweren Covid-19-Erkrankung“, betont die Immunmediziner-Präsidentin Christine Falk. „Die Impfungen lösen bei nahezu jedem Geimpften eine schützende Immunantwort aus.“ Bei über 99 Prozent seien nach der zweiten Dosis Antikörper und Immunzellen gegen das Coronavirus nachweisbar. Die schützen je nach Wirkstoff zu 80 bis 95 Prozent überhaupt gegen eine Corona-Erkrankung mit Symptomen und sogar deutlich stärker gegen einen schweren Verlauf.

    Auch bei den Nebenwirkungen unterscheiden sich die drei Impfstoffe laut den Immunexperten kaum: Der Unterschied sei, dass die typischen Symptome bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna eher nach der zweiten Impfung und bei AstraZeneca dagegen mehr nach der ersten auftreten. Dieses Phänomen hatte AstraZeneca zu Unrecht einen schlechten Ruf eingebracht, wenn man sich im Vergleich dazu die Impfreaktionen von Biontech und Moderna betrachtet. „Die oft typischen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Muskelschmerzen sind in der Regel Ausdruck davon, dass der Impfstoff das tut, was er tun soll, nämlich eine Immunreaktion auszulösen“, betont der Generalsekretär der Immunmediziner-Gesellschaft, Carsten Watzl.

    Laut einer britischen Studie hat sich der AstraZeneca-Impfstoff bei älteren Menschen über 70 Jahren nach der ersten Impfdosis mit 60 bis 73 Prozent sogar wirksamer als das Mittel von Biontech mit 57 bis 61 Prozent erwiesen. In Deutschland prüft die Ständige Impfkommission noch, ob AstraZeneca nun doch für über 65-Jährige zugelassen werden soll. Bislang haben mehr als 20 Millionen Briten eine erste Corona-Dosis erhalten – mehr als jeder dritte Erwachsene. In Deutschland haben dagegen nur sechs Prozent der Erwachsenen mindestens eine Impfung erhalten. Vor allem beim Impfstoff von AstraZeneca gleicht die Bilanz einem Desaster: Von 3,2 Millionen Impfdosen wurden bislang nur 455.000 verimpft.

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