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Corona-Pandemie: Intensivmediziner: "Wenn die Zahlen hochgehen, verlieren wir die Kontrolle"

Corona-Pandemie

Intensivmediziner: "Wenn die Zahlen hochgehen, verlieren wir die Kontrolle"

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    Fachärzte schlagen auch in Deutschland Corona-Alarm: Die Zahl der Intensivbetten wird knapp.
    Fachärzte schlagen auch in Deutschland Corona-Alarm: Die Zahl der Intensivbetten wird knapp. Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

    Uta Merle ist als Ärztin an hohe Belastungen vielerlei Art gewöhnt. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie lassen aber auch bei ihr alle Alarmglocken schrillen. „Wir müssen die Kontrolle behalten, das darf uns nicht entgleiten“, mahnt die ärztliche Direktorin am Universitätsklinikum Heidelberg. Zusammen mit dem Intensivmediziner Matthias Kochanek vom Universitätsklinikum Köln und Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig berichtet sie über die aktuelle Corona-Lage.

    Am Montag treten die neuen Corona-Regeln in Kraft. Sie sollen den Anstieg der Neuinfektionen bremsen. Aus medizinischer Sicht haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder damit alles richtig gemacht. „Ich kann die politische Entscheidung nur maximal unterstützen“, sagt Kochanek in einer Videokonferenz und seine Kollegin in Heidelberg stimmt zu: „Wenn die Zahlen weiter hochgehen, dann werden wir die Kontrolle verlieren.“

    Zahl der Corona-Intensivpatienten verdoppelt sich etwa alle zehn Tage

    Die Lage an den Kliniken ist kritisch. Laut des Intensivbettenregisters befinden sich mit Stand Freitag 1839 Menschen wegen Covid-19 auf einer Intensivstation. Genau die Hälfte muss beatmet werden. Von 21.682 Intensivbetten sind 7539 Betten frei. Hinzu kommt eine Sieben-Tage-Notfallreserve von 12.732 Betten. Bayern kommt auf 3061 belegte und 1138 freie Betten, die Notfallreserve wird mit 1892 Betten beziffert. Ernst ist die Lage, weil sich die Zahl der Corona-Intensivpatienten etwa alle zehn Tage verdoppelt.

    Die Politik hat deshalb die Maßnahmen zunächst bis Ende November befristet. Gelingt es bis dahin nicht, den Anstieg der Neuinfektionen zu stoppen, droht den Kliniken der Notstand. Die Experten wagen keine Prognose, sind aber skeptisch: „Das Personal ist ausgelaugt“, sagt Kochanek und zollt den Leistungen der Pflegekräfte höchsten Respekt. „Ich fühle mich in vielen Belangen völlig überbezahlt im Vergleich zu dem, was Pflegekräfte leisten müssen“, räumt er ein.

    Notwendige Operationen sollen nicht verschoben werden

    Im Winter sei in den Kliniken ohnehin mehr zu tun. Die Mediziner wollen deshalb im Gegensatz zum Frühjahr, als alles andere hinter Corona zurückstehen musste, notwendige Operationen trotz Pandemie vornehmen. „Wir müssen weiter Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Krebsoperationen im Blick behalten“, sagte Medizinerin Merle. Gelinge das nicht, baue sich hier die nächste Welle auf.

    An zwei Stellschrauben muss nach Ansicht der Ärzte gedreht werden. Da ist zum einen der Umgang mit Menschen ab 60 Jahren. Die haben allein schon wegen ihres Alters ein um den Faktor 30 höheres Erkrankungsrisiko als Menschen mit Vorerkrankungen. „Wir haben viel zu wenig diskutiert, was man gezielt machen kann, um die hochbetagten Menschen vor dem Virus zu schützen, ohne sie zu sehr zu isolieren“, sagt Gérard Krause. Noch sei es aber nicht zu spät. Die andere Stellschraube ist das Personal. Das ist knapp, auch weil die Betreuung von Covid-19-Patienten aufgrund der Schutzvorschriften enorm aufwendig ist. „Wir können nicht einfach mal so ins Zimmer gehen“, erklärt Merle. Kochanek rechnet vor, dass das Anlegen der Schutzkleidung jedes Mal zwischen drei und fünf Minuten dauert. Man müsse also genau überlegen, ob und wann man einen Patienten verlässt. Am Ende laufe es auf eine „1:1-Betreuung“ hinaus.

    Langfristig braucht es eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte

    Die Rekrutierung ehemaliger Pflegekräfte und Mediziner könne dem Personalmangel kurzfristig bedingt entgegenwirken. Auf lange Sicht brauche es aber eine bessere Bezahlung der hoch spezialisierten Intensivkräfte, eine Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufs und mehr gesellschaftliche Anerkennung, was an Krankenhäusern geleistet wird.

    Lesen Sie dazu auch: Die Lage in Bayerns Kliniken und Heimen verschärft sich

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