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Corona-Pandemie: Generaldebatte im Bundestag: Als Angela Merkel den Tränen nah ist

Corona-Pandemie

Generaldebatte im Bundestag: Als Angela Merkel den Tränen nah ist

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    Eindringlich beschwor Bundeskanzlerin Angela Merkel die gemeinsame Kraftanstrengung gegen das heimtückische Virus.
    Eindringlich beschwor Bundeskanzlerin Angela Merkel die gemeinsame Kraftanstrengung gegen das heimtückische Virus. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in ungewohnt emotionaler Weise für noch härtere Infektionsschutzmaßnahmen nach Weihnachten ausgesprochen. Die CDU-Politikerin nutzte die Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag aber auch zu einem eindringlichen Appell an die Eigenverantwortung der Bürger. Während ihrer Rede schien sie den Tränen nahe, mehrfach brach ihre Stimme. Alle seien jetzt zu einer größtmöglichen Reduzierung von persönlichen Begegnungen aufgerufen. Fast flehentlich mahnte sie, jetzt dem Rat der Wissenschaft zu folgen.

    Merkel plädiert für einen harten Lockdown nach Weihnachten

    Warum sie von der Notwendigkeit dieser Maßnahme so fest überzeugt sei, das habe viel mit ihrer persönlichen Geschichte zu tun. Sie glaube an die Macht von Aufklärung und Wissenschaft. Deshalb habe sie in der damaligen DDR auch ein Physikstudium begonnen. Es ließen sich manche Wahrheiten unterdrücken, aber eben nicht die Schwerkraft und die Lichtgeschwindigkeit. Hätte sie damals im Westen gelebt, sagt Angela Merkel, dann hätte sie sich wohl für ein anderes Fach entschieden. Die aktuellen Corona-Zahlen sprächen eine deutliche Sprache: Fast 300.000 aktive Fälle, fast 20.000 Tote seit Ausbruch der Pandemie in Deutschland. All das habe seinen Grund, so Merkel: „Die Zahl der Kontakte ist zu hoch.“ In einer Lockdown-Phase bis zum 10. Januar 2021 sollten deshalb alle Läden außer Supermärkte und Apotheken geschlossen werden.

    Unter Verweis auf die Empfehlungen des Nationalen Wissenschaftsrats Leopoldina sagte sie: „Wenn uns die Wissenschaft geradezu anfleht, vor Weihnachten, bevor man Oma und Opa und ältere Menschen sieht, eine Woche der Kontaktreduzierung zu ermöglichen, sollten wir doch noch mal nachdenken, ob wir irgendeinen Weg finden, die Ferien nicht erst am 19. beginnen zu lassen, sondern vielleicht schon am 16. Dezember.“ Die Kanzlerin, die bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht mehr antreten will, sorgt sich um das Urteil in den Geschichtsbüchern: „Was wird man denn im Rückblick auf ein Jahrhundertereignis sagen, wenn wir nicht in der Lage waren, für diese drei Tage noch irgendeine Lösung zu finden?“

    Merkel kritisierte Glühweinstände und Waffelbäckereien

    Merkel kritisierte zudem, dass mancherorts Glühweinstände oder Waffelbäckereien aufgebaut würden, dies vertrage sich nicht mit der Vereinbarung, Essen nur zum Verzehr nach Hause mitzunehmen. Angesichts von Todeszahlen von 590 Menschen am Tag sei dies „nicht akzeptabel“. Sie erinnerte daran, dass die Zahl der Corona-Toten noch Ende November bei zwölf am Tag und damit bei einem Bruchteil gelegen habe.

    Auch für die Schulen sollten Lösungen gefunden werden, wie der weiteren Verbreitung des Corona-Erregers Einhalt geboten werden könne - entweder mit verlängerten Ferien oder per Digitalunterricht. Das sei Sache der Länder. Die hohen Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie, samt Neuverschuldung von 180 Milliarden Euro, seien eine große Belastung. Allerdings gehe es nun darum, „Deutschlands Stärke zu erhalten“ und alles dafür zu tun, dass wirtschaftlich im Jahr 2022 wieder Vorkrisenniveau erreicht werde.

    Merkel: Durch Kurzarbeit viele Arbeitsplätze erhalten

    In diesem November seien 519.000 mehr Arbeitslose zu verzeichnen als ein Jahr zuvor – das bedeute tiefe Sorgen für die betroffenen Familien. Aber durch das Instrument Kurzarbeit hätten viele Arbeitsplätze erhalten werden können. Die Bundeskanzlerin dämpfte die Erwartungen auf eine rasche Entspannung der Lage durch einen Impfstoff. Im ersten Quartal 2021 würden zunächst vor allem ältere Menschen und medizinisches Personal geimpft werden.

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unterstützte Merkels Forderungen nach einem härteren Lockdown. Er appellierte an die Länder: „Setzen Sie sich mit dem Bund zusammen und finden Sie vor Weihnachten Lösungen, wie wir Kontakte reduzieren können.“

    Die AfD nutzte die Generaldebatte zum Haushalt zu einer Generalabrechnung mit Merkel. Fraktionschefin Alice Weidel attackierte die Bundeskanzlerin scharf. Nach „15 Merkel-Jahren“ sei Deutschland ein Land, das seine Grenzen nicht gegen illegale Einwanderung schützen wolle. Gleichzeitig würden Bürger „mit Ausgangssperren überzogen und Heerscharen von Polizisten zur Kontrolle der Maskenpflicht im Zugverkehr abkommandiert“.

    Scharfe Kritik an der Union kam auch vom Fraktionschef des Koalitionspartners SPD, Rolf Mützenich. Er verwies auf den Streit in Sachsen-Anhalt, wo der CDU-Plan, die Erhöhung der Rundfunkgebühren zu verhindern, von der AfD unterstützt wird. „Wer sich auf die AfD einlässt, geht daran zugrunde - und mit ihr die Demokratie“, sagte Mützenich. Auch den steigenden Etat von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nahm er ins Visier. Es sei eine „vollkommen falsche Herangehensweise, auf Abschreckung und militärische Stärke zu setzen“.

    Lindner kritisierte neue Schulden in Höhe von 180 Milliarden Euro

    FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die neuen Schulden in Höhe von 180 Milliarden Euro im Haushalt als „völlig überzogen“. Ohne „Zaubertricks“ ließen sich diese halbieren. Deutschland, so warnte er, dürfe nicht mehr Schulden machen als notwendig und müsse Stabilitätsanker in der Europäischen Union bleiben.

    Eine einmaligen Vermögensabgabe für „Superreiche, Multimillionäre und Milliardäre“ in der Corona-Krise forderte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock forderte, die Mittel zur Bewältigung der Corona-Krise zu einem „Umsteuern“ zu nutzen und etwa mehr für den Klimaschutz zu tun.

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