Im Kampf gegen das Corona-Virus hat Deutschland die gemeinsame Linie verloren. Während im Saarland trotz steigender Infektionszahlen Kinos, Theater und Fitnessstudios wieder öffnen dürfen, dringt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet auf eine noch strengere Seuchenpolitik. "Brückenlockdown" hat der CDU-Vorsitzende seinen Vorstoß genannt und damit den ohnehin in der Pandemiefront steckenden Keil weiter hineingetrieben.
Laschet hat seine Idee, das Land für "zwei, drei Wochen" noch konsequenter herunterzufahren, weder gut mit den anderen Länderchefs abgestimmt, noch begründet. Er benannte nicht, welche Bereiche des Lebens geschlossen werden sollen und ob er beispielsweise eine nächtliche Ausgangssperre für notwendig hält. Bislang gehörte der 60-Jährige der Gruppe der Lockerer an, weshalb sein angestrebter Kurswechsel überrascht.
"Brückenlockdown": Laschets Vorschlag kommt ohne Begründung daher
Widerstand dagegen kommt aus allen Teilen der Republik. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil fragte rhetorisch, was denn Laschets Forderung genau heiße? "Ein Lockdown ist kein Selbstzweck. Er muss sehr gut begründbar sein", meinte der SPD-Politiker am Dienstag. Er widersprach auch der Forderung des CDU-Chefs, die nächsten Montag anstehende Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorzuziehen.
"Wer glaubt denn im Ernst, dass durch ein oder zwei Tage vorher ein Ergebnis besser werden würde?" Ähnlich hatte sich auch Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) geäußert, der den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat. Zuletzt war das Gremium nach der verunglückten Osterruhe in schwere Kritik geraten, weil die Beschlüsse mangelhaft vorbereitet waren. Die Kanzlerin hatte sich dafür bei den Wählern entschuldigt.
Diese Corona-Regeln gelten aktuell in Bayern
Die Corona-Regeln in Bayern sollen ab 8. März schrittweise gelockert werden. Die Öffnungsschritte erfolgen zeitlich versetzt und unterscheiden sich regional. Ob und wie sehr Beschränkungen wegfallen, hängt von der Sieben-Tage-Inzidenz vor Ort, also im jeweiligen Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab.
Kontaktbeschränkung
• unter 35: bis zu drei Haushalte und zehn Personen
• 35 bis 100: bis zu zwei Haushalte und fünf Personen
• über 100: ein Haushalt und eine weitere Person
Kinder werden jeweils nicht mitgezählt.
Einzelhandel
Ab 8. März gilt:
• unter 50: Öffnung des Einzelhandels
• über 50: Besuch nur nach Terminvereinbarung
• über 100: nur Geschäfte des täglichen Bedarfs geöffnet
Sport
Ab 8. März gilt:
• unter 50: kontaktfreier Sport mit max. 10 Personen im Außenbereich
• über 50: Individualsport mit maximal 5 Personen aus 2 Haushalten und Gruppen von bis zu zwanzig Kindern bis 14 Jahren im Außenbereich
• über 100: Individualsport nur im Rahmen der Kontaktbeschränkung
Ab 22. März gilt:
• unter 50 seit 14 Tagen: kontaktfreier Sport im Innenbereich, Kontaktsport im Außenbereich
• 50 bis 100 seit 14 Tagen: kontaktfreier Sport im Innenbereich sowie Kontaktsport im Außenbereich nur mit tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttests
Buchhandlungen, Archive und Bibliotheken
Ab 8. März gilt:
• Buchhandlungen, Archive, Bibliotheken und Büchereien dürfen wieder öffnen.
Museen, Galerien, zoologischen und botanischen Gärten sowie Gedenkstätten
Ab 8. März gilt:
• unter 50:Besuch ohne Terminvereinbarung möglich
• 50 bis 100: Besuch nur mit vorheriger Terminbuchung und Kontaktnachverfolgung möglich
• über 100: keine Öffnung
Schulen
Ab 15. März gilt:
• unter 50: Präsenzunterricht in allen Grundschulen und Förderschulen
• unter 100: Wechselunterricht in allen anderen Schularten
• 50 bis 100: Wechselunterricht in Grundschulen
• über 100: generell Distanzunterricht außer in Abschlussklassen
Die Festlegung der Unterrichtsform gilt für die gesamte Schulwoche, auch wenn sich die Inzidenz unter der Woche ändert.
Außengastronomie
Ab 22. März gilt:
• unter 50 seit 14 Tagen: Außengastronomie öffnet
• 50 bis 100 seit 14 Tagen: Besuch der Außengastronomie nur nach Terminbuchung möglich; Personen aus mehreren Hausständen benötigen tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttest, wenn sie am selben Tisch sitzen
• über 100: keine Öffnung
Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos
Ab 22. März gilt:
• unter 50 seit 14 Tagen: Theater, Konzert- und Opernhäuser öffnen
• 50 bis 100 seit 14 Tagen: Besuch nur mit tagesaktuellem Schnell- oder Selbsttest
• keine Öffnung
Ausgangssperre
• unter 100: keine Ausgangssperre
• über 100: Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr
Die Skepsis gegen Laschet beschränkt sich nicht nur auf die SPD, sondern ist auch in seinem Lager verbreitet. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, der lockert statt verschärft, gehört genauso der CDU an, wie sein Kollege Daniel Günther aus Schleswig-Holstein. Günther ist dafür, dass die geltenden Beschlüsse zunächst überall konsequent umgesetzt werden, anstatt nach Verschärfungen zu rufen. Ausgangssperren hält er erst bei deutlich mehr Neuansteckungen für angezeigt.
CSU-Chef Markus Söder wiederum, der sich selbst als Anführer von "Team Vorsicht" sieht, hatte bereits einen Tag vor Laschet einen "erneuten kurzen, aber dafür konsequenteren Lockdown" ins Spiel gebracht.
CDU-Wirtschaftsrat wirft Armin Laschet fantasieloses Vorgehen vor
Der CDU-Wirtschaftsrat zeigt sich enttäuscht ob der Idee, den eisernen Corona-Griff noch zu verstärken. "Immer wieder eine Verlängerung oder Verschärfung des Lockdowns zu fordern ist fantasielos", sagte Wirtschaftsrat-Generalsekretär Wolfgang Steiger unserer Redaktion.
Nach mehr als einem Jahr Pandemie erwarteten Bürger und Unternehmen "eine ausgefeiltere Strategie". Steiger fordert, dass die Bundesrepublik beim Impfen angesichts einer Reserve von 5 Millionen Einheiten mehr Fahrt aufnehmen müsse. "Es braucht jetzt einen Impfbetrieb rund um die Uhr in den staatlichen Impfzentren."
Wie stark sich das Virus über Ostern ausgebreitet hat, ist unklar. Das Robert-Koch-Institut schränkte selbst ein, dass die gesunkenen Infektionszahlen nur bedingt aussagekräftig seien. Die Ursachen: An Feiertagen wird weniger getestet und ein Teil der Gesundheitsämter meldet die Daten nicht weiter. Es muss also mit Nachmeldungen in Größenordnung gerechnet werden. Fest steht, dass auf den Intensivstationen der Krankenhäuser wieder mehr mit dem Erreger Infizierte um ihr Leben ringen. Ihre Zahl hatte zuletzt die Marke von 4000 überstiegen. Anfang des Jahres hatten knapp 6000 Covid-Intensivpatienten die Kliniken an ihre Grenzen gebracht.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Laschets "Brückenlockdown" ist eine ganz schlechte Idee
Das könnte Sie außerdem interessieren:
Mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete werben für Kanzlerkandidat Söder
AstraZeneca: „Die Hälfte der über 60-Jährigen will diesen Impfstoff nicht"
Impfexperte Watzl: So kann Deutschland schneller impfen
- Mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete werben für Kanzlerkandidat Söder
- AstraZeneca: „Die Hälfte der über 60-Jährigen will diesen Impfstoff nicht"
- Impfexperte Watzl: So kann Deutschland schneller impfen