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Corona-Pandemie: Der SPD geht die Bundes-Notbremse nicht weit genug

Corona-Pandemie

Der SPD geht die Bundes-Notbremse nicht weit genug

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    Kaum hat der Bundestag die bundeseinheitliche Notbremse beschlossen, wird sie auch schon kritisiert.
    Kaum hat der Bundestag die bundeseinheitliche Notbremse beschlossen, wird sie auch schon kritisiert. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Die einheitliche „Corona-Notbremse“ für ganz Deutschland ist seit diesem Mittwoch zwar beschlossene Sache – der Streit über die Neuregelung aber geht damit nur in eine neue Runde. Während die FDP bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt hat, sieht der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die Länder in der Pflicht, gegebenenfalls einen härteren Kurs einzuschlagen.

    Unserer Redaktion sagte er: „Das Infektionsschutzgesetz erlaubt es den Ländern, über die vorgesehenen Maßnahmen hinaus zu gehen. Wenn die Inzidenz mit den Maßnahmen nicht gesenkt werden kann, müssen die Länder zusätzliche Maßnahmen ergreifen.“

    Bundes-Notbremse sieht bei hohen Coronazahlen Ausgangssperre ab 22 Uhr vor

    Das geänderte Infektionsschutzgesetz sieht in Landkreisen oder Städten mit hohen Infektionszahlen unter anderem Ausgangsbeschränkungen von 22 Uhr bis 5 Uhr und strengere Bestimmungen für den Handel vor. Dies gilt, wenn die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen dreimal hintereinander den Wert 100 überschreitet.

    Klettert die so genannte Inzidenz über den Wert von 165, wird auch der Präsenzunterricht an Schulen eingestellt. „Ohne die Notbremse jetzt zu ziehen“, so Lauterbach, „würden wir in wenigen Wochen nicht nur eine Überlastung der Intensivstationen sehen, sondern auch große Schwierigkeiten haben, die dritte Welle in den nächsten Wochen in den Griff zu bekommen.“ Nach der Befassung des Bundesrats und der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten könnten die Regeln jedoch frühestens am Samstag greifen.

    Welt-Ärzte-Chef Montgomery: Corona-Virus kennt keine Gesetze

    Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Welt-Ärztebundes, warnte gegenüber unserer Redaktion davor, das Gesetz auf juristischem Weg über das Bundesverfassungsgericht kippen zu wollen: „Das Virus kennt keine Gesetze und keine Verhältnismäßigkeit. Es kennt nur Opfer.“ Wer Leid und Tod verhindern wolle, solle lieber konstruktiv mitarbeiten, um der Ausbreitung des Virus einen Riegel vorzuschieben. Montgomery zielt damit unter anderem auf die FDP.

    Frank Ulrich Montgomery warnt davor die Notbremse zu kippen.
    Frank Ulrich Montgomery warnt davor die Notbremse zu kippen. Foto: Guido Kirchner, dpa

    Deren Innen- und Rechtsexperte Stephan Thomae sagte unserer Redaktion: „Wir werden diese übermäßigen Grundrechtseingriffe nicht tatenlos hinnehmen und Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen.“ Die Bundesregierung habe die gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken an der Notbremse nicht ausräumen können. Insbesondere die pauschalen Ausgangssperren lehne die FDP ab.

    Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther hält Notbremse für unnötig

    Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hält die Notbremse in der jetzt beschlossenen Form nicht für zwingend nötig, um die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen. Aus seiner Sicht hätten die bestehenden gesetzlichen Grundlagen ausgereicht, betonte er im Interview mit unserer Redaktion. „Jedes Land hat das notwendige Rüstzeug dazu in der Hand. Wenn alle Länder diese Maßnahmen konsequent umsetzen, bekommt man die dritte Welle gebrochen.“

    Daniel Günther.
    Daniel Günther. Foto: Gregor Fischer, dpa

    Eine Ausgangssperre ab einer Inzidenz von 100 etwa halte er nicht für angemessen. Günther: „Die Ausgangssperre hat einen symbolischen Wert und die Wirkung ist überschaubar groß.“

    Während der Bundestag debattierte, kam es vor dem Reichstagsgebäude zu massiven Protesten. Laut Polizei demonstrierten mehr als 8000 Menschen gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Weil sich viele nicht an die Hygiene-Regeln hielten, wurde die Kundgebung aufgelöst. Etwa 2200 Polizisten aus mehreren Bundesländern waren im Einsatz.

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