Dass Kanzlerin Angela Merkel an diesem Dienstag mit den Ministerpräsidenten eine Verlängerung und Verschärfung der Corona-Einschränkungen beschließen wird, gilt als sicher. Die Frage wird sein, ob die Maßnahmen über das hinausgehen, was in Bayern schon gilt und auf welchen Zeitraum sie angelegt sind. Ministerpräsident Markus Söder sieht den Freistaat momentan „ganz gut aufgestellt“. Er baut nun darauf, dass die anderen Länder nachziehen, etwa mit der FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen oder der nächtlichen Ausgangssperre. Bundesinnenminister Horst Seehofer schließt auch Grenzkontrollen nicht aus, um insbesondere die Verbreitung der offenbar noch ansteckenderen Virus-Mutationen zu bremsen. Wie lange die neuen Beschlüsse gelten sollen, ist noch offen. Vizekanzler Olaf Scholz gab zumindest einen Hinweis darauf, als er davon sprach, man werde bis Mitte Februar klarer sehen.
Die in der vergangenen Woche heftig diskutierte Einstellung des öffentlichen Personennahverkehrs ist nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert kein Thema. Möglich ist aber eine Festlegung von Fahrgastobergrenzen für Busse und Bahnen. Außerdem werden die Verantwortlichen wohl den Druck auf Firmen erhöhen, ihre Beschäftigten von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Zwar sind die Infektionszahlen zurückgegangen, die Kanzlerin und ein Teil der Ministerpräsidenten fürchten allerdings, dass sich das rasant ändern könnte, wenn das mutierte Virus sich ähnlich schnell ausbreitet wie etwa in Irland oder Großbritannien.
Spahn: Zahlen müssen weiter runter
„Die Dinge entwickeln sich scheinbar in die richtige Richtung“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn, mahnte aber, dass man sich nicht völlig sicher sein könne. „Und deshalb müssen die Zahlen weiter runter.“ Trotz der leichten Entspannung liegt der durchschnittliche Inzidenzwert mit 136 Neuansteckungen pro 100000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen immer noch weit über der angepeilten Zahl von 50. Zuletzt waren immer mehr Stimmen lautgeworden, die zumindest eine zeitliche Perspektive forderten, wann die Bevölkerung mit Lockerungen rechnen kann.
Die meisten Deutschen stehen laut Umfragen nach wie vor hinter den Einschränkungen. Allerdings schlägt der Dauer-Lockdown vielen aufs Gemüt. Wie es um das Seelenleben der Menschen während der Pandemie steht, untersuchen Wissenschaftler der Universität Erfurt. Demnach empfinden 53 Prozent ihre persönliche Situation als belastend. „Die aktuelle Situation bedeutet Stress für die Menschen“, sagt auch Jutta Mata. Sie ist Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim. Die mentale Belastung könne viele Ursachen haben, etwa die Angst, sich zu infizieren oder den Job zu verlieren, aber auch Einsamkeit. „Frauen sind besonders stark betroffen, weil sie oft größere Anteile der Kinderbetreuung übernehmen und öfter in Branchen wie der Pflege, der Gastronomie oder dem Einzelhandel arbeiten, die die Krise vergleichsweise hart getroffen hat.“
Grüne mahnen: Kinder nicht vergessen
Die Grünen fordern, die Bedürfnisse der Kinder stärker in den Fokus zu nehmen. Diese bräuchten Kontakte untereinander, mahnte die kinder- und familienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Ekin Deligöz. Vor dem Hintergrund der Kita- und Schulschließungen forderte die Neu-Ulmer Bundestagsabgeordnete, die Isolation der Kinder müsse „auf das Notwendigste reduziert werden“.
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