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Corona-Pandemie: Asien zittert, Italien entspannt sich: So ist die Corona-Lage in der Welt

Italien hat in der Pandemie schwere Monate erlebt.
Foto: Francesco Molteni, dpa
Corona-Pandemie

Asien zittert, Italien entspannt sich: So ist die Corona-Lage in der Welt

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    Die Türkei wartet auf den Impfstoff

    Millionen Türken warten auf ihre Corona-Impfung, doch einer hat schon die dritte Dosis erhalten: Präsident Recep Tayyip Erdogan prahlte jetzt bei einem Fernsehauftritt, er sei schon dreimal geimpft worden. Viele Türken wollten ihren Augen und Ohren nicht trauen. Der 67-Jährige, der seine Karriere auf dem Image eines Mannes aus dem Volk aufgebaut hat, wirkt entrückt von den Menschen des Landes und ihren Sorgen. Das macht die Opposition misstrauisch. Sie hatte Erdogans Regierungspartei AKP in den vergangenen Monaten vorgeworfen, heimlich Biontech-Impfstoff an Anhänger verteilt zu haben. Beweise dafür gibt es nicht, doch nach Erdogans Mitteilung fühlen sich Regierungsgegner bestätigt: Seine Partei habe von Anfang an gesagt, dass sich die AKP unter der Hand Impfstoff sichere.

    Die Türkei ist kein Risikogebiet mehr für deutsche Urlauber.
    Die Türkei ist kein Risikogebiet mehr für deutsche Urlauber. Foto: dpa

    Offiziellen Zahlen zufolge haben Ärzte und Kliniken in der Türkei, einem Land mit rund 80 Millionen Menschen, bisher 30,5 Millionen Dosen verabreicht, 13 Millionen Menschen sind vollständig geimpft. Derzeit können die über 50-Jährigen einen Termin beantragen, bis Ende des Monats soll die Altersgruppe der 40- bis 50-Jährigen an die Reihe kommen. Kritik kommt auch von Ärzten. Politiker sollten Vorbild sein, sagte Mehmet Ceyhan, Vorsitzender des türkischen Infektiologen-Verbandes. Dritte Impfungen gebe es weltweit bisher überhaupt nicht. Das könnte Recep Tayyip Erdogans Beliebtheit einen weiteren Schlag versetzt haben. Schon vor dem Auftritt stand er unter Druck: Die Inflation in der Türkei liegt bei knapp 17 Prozent, die Arbeitslosigkeit bei offiziell 13 Prozent, nach Gewerkschaftsangaben beim doppelten Wert. Ein Mafiaboss macht seit Wochen Schlagzeilen mit Enthüllungen über Verbindungen türkischer Politiker zum Organisierten Verbrechen. (s+g)

    Schweden bleibt überzeugt vom Sonderweg

    Die Sonne scheint auf Stockholm. Der kurze nordische Sommer kündigt sich an. Auf einer Wiese drängen sich die Menschen. Es ist ein Sinnbild für ganz Schweden. Bis heute gibt es in Schweden keine Maskenpflicht, auch ein Lockdown ist anders als im Rest Europas nie verhängt worden. Allerdings beherzigen die Schweden die Hygieneregeln. Und auch die Bitte, Menschenansammlungen zu vermeiden, befolgen viele. U-Bahnen, Busse und Stadtzentren waren in den vergangenen Monaten deutlich leerer als sonst. 53 Prozent der Menschen arbeiteten im Homeoffice – mehr als in Deutschland. Was also ist nun, nach mehr als einem Jahr Pandemie, vom schwedischen Sonderweg zu halten? Die Bevölkerung steht weitgehend hinter dem Konzept.

    Der Inzidenzwert in Schweden liegt aktuell bei knapp 100.
    Der Inzidenzwert in Schweden liegt aktuell bei knapp 100. Foto: dpa

    Allerdings hat sich der Blick verändert. So ist man auch in Schweden mittlerweile der Meinung, dass das Land in einem Punkt versagt hat: Die Regierung schützte die Altenheime zu spät. Rund die Hälfte der 14.500 Covid-Toten waren Senioren, die in Altenheimen wohnten. Allein in Stockholm gelangte das Virus über infiziertes Pflegepersonal zeitweise in mehr als ein Drittel aller Heime. Als dann endlich Masken und Visiere für Pflegekräfte kamen, stritten Arbeitgeber und Gewerkschaften über den Einsatz. Das Ergebnis: Altenheime sollten individuell entscheiden, wann Schutzausrüstung zu tragen sei und wann nicht. Eine Studie der Universität Stockholm zur Übersterblichkeit in Europa für 2020 gibt dem Land dennoch recht. Demnach hatten zwei Drittel aller europäischen Länder bedeutend höhere Übersterblichkeitsraten zu verzeichnen als Schweden. Auch im Pandemieverlauf sind die Unterschiede überraschend gering. Wie überall gehen die Infektionszahlen aktuell zurück. (anan)

    Italien genießt die Rückkehr zur Normalität

    Als das Telefon klingelt, ruht Mary Cipollini gerade aus. Es ist Nachmittag in Codogno, der Stadt in der Lombardei, in der die Corona-Pandemie im Februar 2020 in Italien entdeckt wurde. Cipollini hat einen anstrengenden Morgen in der Bar Centrale von Codogno hinter sich. Seit kurzem dürfen die Italiener wieder am Tresen in der Bar ihren Caffè trinken, das war wegen der Corona-Auflagen bislang verboten. „Es waren richtig viele Leute da“, erzählt die Betreiberin. „Alle haben sich gefreut, endlich kommt das normale Leben zurück!“ Etwa 200.000 Läden soll es in ganz Italien geben, die Kaffee verkaufen. „Sie sind Spender von Sozialleben und vielleicht, wer weiß, Glück“, schrieb der Corriere della Sera. Immer noch gelten, eher pro forma, einige Auflagen. Sofort nach Kaffee-Genuss ist der Mund-Nasenschutz wieder aufzuziehen. Der Abstand zwischen den Kaffeetrinkern am Tresen muss offiziell einen Meter betragen.

    La dolce vita in Rom: Die Italiener haben wieder viele Freiheiten.
    La dolce vita in Rom: Die Italiener haben wieder viele Freiheiten. Foto: dpa

    In ganz Italien ist inzwischen auch wieder der Restaurantbesuch im Inneren mit entsprechenden Abstandsregeln erlaubt. Obwohl die Fußballsaison bereits beendet ist, dürfen auch wieder Sportstadien Zuschauer empfangen. Die Regel ist, dass höchstens 25 Prozent der maximalen Zuschauerzahl den Sportereignissen in Freiluftstadien beiwohnen dürfen, allerdings sind die Obergrenze 1000 Menschen. Für Touristen aus der EU oder den USA gilt seit Mitte Mai keine Quarantänepflicht mehr. Italien-Reisende aus EU-Ländern benötigen allerdings einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Von der Testpflicht ausgenommen sind nur Kinder unter zwei Jahren. Für vollständig Geimpfte und Genesene gibt es bislang keine Erleichterungen bei der Einreise. Für Heimkehrer aus Italien gelten seit Sonntag weniger Corona-Einreiseregeln nach Deutschland. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 26. (jmm)

    In Indien wächst eine Generation der Waisenkinder heran

    Angesichts deutlich sinkender Infektionszahlen im einstigen Corona-Hotspot Indien wagen viele Regionen jetzt erste Lockerungen. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden war am vergangenen Wochenende den Gesundheitsbehörden zufolge auf 120.529 Fälle gesunken – und damit deutlich unter den Anfang Mai erreichten Spitzenwert von 400.000. In der Metropolregion Delhi, die sich seit 19. April im Lockdown befindet, können seit Montag wieder Märkte und Einkaufszentren öffnen. Allerdings sollen Geschäfte mit geraden Hausnummern an anderen Tagen öffnen als solche mit ungeraden Nummern. Zudem dürfe die Metro mit der Hälfte ihrer Sitzplatzkapazität wieder fahren. Auch Büros könnten mit der Hälfte ihrer Belegschaft wieder öffnen.

    Mehr als 300.000 Inder starben an Covid, zurück blieben viele Kinder.
    Mehr als 300.000 Inder starben an Covid, zurück blieben viele Kinder. Foto: dpa

    Die Infektionszahlen in Indien waren Ende Februar mit dem Beginn einer zweiten Corona-Welle von 10 Millionen Fällen auf knapp 28,7 Millionen gesprungen. Nur in den USA sind nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität (JHU) in absoluten Zahlen bislang mehr Fälle registriert worden. Mehr als 334.000 Menschen starben der JHU zufolge auf dem Subkontinent in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Zurück bleiben viele Kinder, die nun ohne Eltern sind. Besonders bei Kindern aus ärmeren Familien wird befürchtet, dass Corona-Waisen und -Halbwaisen ein höheres Risiko haben, selbst arbeiten zu müssen, um überleben zu können, dass Mädchen früh verheiratet werden, damit ihre Familien nicht mehr für sie sorgen müssen. Die nationale Kinderschutzbehörde hat seit Pandemiebeginn 1742 Corona-Waisen und 7464 Corona-Halbwaisen erfasst. Hilfsorganisationen gehen aber davon aus, dass deutlich mehr Kinder ihre Mutter und/oder ihren Vater verloren haben. (dpa)

    Großbritannien hat Angst vor der nächsten Corona-Welle

    Die Briten genießen ihre neue Leichtigkeit sichtlich. Es fühle sich „wie ein neues Leben in einer neuen Welt an“, sagt ein Besucher des englischen Badeorts Blackpool voller Erleichterung. Doch während die Menschen die Aufhebung vieler Kontaktbeschränkungen nutzen und sich – oft zum ersten Mal seit Monaten – wieder mit anderen Haushalten treffen, werden Wissenschaftler nicht müde, die Bevölkerung zur Vorsicht aufzurufen. Sie warnen, dass sich das Land trotz der relativ niedrigen Infektionszahlen im frühen Stadium einer dritten Welle befindet – ausgerechnet jetzt. Und so ist die Furcht vor erneuten Restriktionen groß. Wird im Königreich der „Tag der Freiheit“, wie Medien den 21. Juni getauft haben, verschoben? Eigentlich wollte die Regierung dann alle Beschränkungen aufheben. Experten empfehlen jedoch immer eindringlicher, dieses Ziel hinauszuzögern.

    Erst vor kurzem haben in Großbritannien die Pubs wieder geöffnet.
    Erst vor kurzem haben in Großbritannien die Pubs wieder geöffnet. Foto: dpa

    Erstmals seit Ende März überschritt die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder die 4000er-Marke. Es handelt sich nicht mehr nur um wenige Hotspots wie Bolton oder Blackburn im Nordwesten Englands, wo sich die zunächst in Indien entdeckte Variante B.1.617.2 rasant ausbreitet. Daten zufolge ist dies auch im Rest des Landes der Fall. Der Mikrobiologe Ravi Gupta von der Universität Cambridge, der zur Beratergruppe der Regierung zählt, spricht von einem „exponentiellen Wachstum“. Bis zu drei Viertel der neuen Fälle gehen laut Schätzungen auf die Mutante zurück, die als ansteckender gilt und offenbar resistenter gegen Antikörper und damit Impfungen ist. Doch die erfolgreiche Impfkampagne zeigt Wirkung. Gut 28 Millionen Menschen und damit mehr als jeder zweite Erwachsene sind mittlerweile mit beiden Dosen vollständig geimpft. Am 14. Juni soll eine Entscheidung verkündet werden, wie es weitergeht. (kpry)

    Griechenland impft jetzt auch Flüchtlinge

    Nach langen Verzögerungen und viel Kritik hat die griechische Regierung jetzt begonnen, den Asylbewerbern in den Lagern der ostägäischen Inseln Impfungen gegen Covid-19 anzubieten. In der vergangenen Woche wurden die ersten Menschen auf den Inseln Lesbos, Samos und Chios geimpft. Eingesetzt wird das Vakzin des Herstellers Johnson & Johnson, das nur eine Impfung erfordert. Damit soll die Impfkampagne beschleunigt werden. „Wir haben Impfstoff, wir haben Personal, wir sind motiviert, und wir erwarten, dass alles gut verlaufen wird“ sagte Anastasios Chatzis, ein Beamter der staatlichen Gesundheitsbehörde EODY. Nach Lesbos, Chios und Samos sollen in der kommenden Woche auch die Camps auf Kos und Leros mit Impfstoff versorgt werden.

    Im griechischen Lager Karatepe werden Flüchtlinge geimpft.
    Im griechischen Lager Karatepe werden Flüchtlinge geimpft. Foto: dpa

    In den fünf Erstaufnahmelagern auf den ostägäischen Inseln leben derzeit nach offiziellen Angaben 9400 Menschen. Weitere 2700 wohnen in anderen Unterkünften außerhalb der Lager. Die Ansteckungsgefahr in den Lagern ist besonders hoch. Für die dort lebenden Menschen ist es nahezu unmöglich, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Die Resonanz auf das Angebot ist aber sehr dürftig. Bisher hätten nur etwa 15 Prozent der Lagerbewohner Interesse an einer Impfung gemeldet, sagt Manos Logothetis, Generalsekretär im Migrationsministerium. Die geringe Impfbereitschaft erklärt er auch damit, dass etwa 30 Prozent der Menschen in den Lagern unter 18 Jahren ist. Diese Altersgruppe kommt bisher nicht für eine Impfung infrage. Geschätzt weitere 30 Prozent haben Antikörper, weil sie von Covid-19 genesen sind oder sich mit dem Virus infizierten, ohne Symptome zu entwickeln. Damit sei die Zahl derer, die überhaupt für eine Impfung infrage kommen, überschaubar. (höh)

    In Asien steigen die Infektionszahlen

    Als im vergangenen Jahr die halbe Welt unter der Last der Corona-Zahlen ächzte, erfreuten sich Teile Südostasiens einer erstaunlichen Normalität. Voll besetzte Tuk Tuks bahnten sich ihren Weg durch Metropolen wie Bangkok, Gläubige bevölkerten Tempel und Moscheen und Karaoke-Bars wurden von Feierwütigen gestürmt. Die Neuinfektionen beliefen sich dennoch nur auf einige Dutzend am Tag – wenn überhaupt. Aber seit Anfang des Jahres kämpfen Länder wie Thailand, Vietnam und Malaysia gegen schwere Virus-Wellen. Warum die Region lange recht glimpflich durch die Pandemie kam, ist nicht völlig geklärt. Manche sagen, die schnellen Grenzschließungen Anfang 2020 hätten geholfen. Andere meinen, das schwül-heiße Klima habe Sars-CoV-2 im Zaum gehalten. Wieder andere nennen die Selbstverständlichkeit, mit der Asiaten eine Maske tragen, als Grund.

    Der Impffortschritt in Malaysia ist langsamer als im Westen.
    Der Impffortschritt in Malaysia ist langsamer als im Westen. Foto: dpa

    Fakt ist, dass immer mehr asiatische Nationen in strikte Lockdowns gehen müssen, während sich Europa gerade wieder öffnet. Dabei wollten Länder wie Malaysia und Thailand dies aus Angst vor dem wirtschaftlichen Kollaps eigentlich um fast jeden Preis vermeiden. Das aufstrebende Schwellenland Malaysia ist seit dem 1. Juni nach tagelangen Rekord-Infektionen mit mehr als 7000 Fällen pro Tag im Lockdown. Sogar die meisten Unternehmen mussten schließen. Das Gesundheitsministerium glaubt, dass die Feiern zum Ende des Ramadan in dem muslimischen Land mitverantwortlich für die Krise sind. Auch die Inselrepublik Taiwan bemüht sich, die steigenden Fallzahlen unter Kontrolle zu halten. Derzeit sind das täglich einige Hundert. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass Taiwan 2020 für 250 Tage überhaupt keine neuen Infektionen gemeldet hatte. (dpa)

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