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Corona: Liefert Deutschland zu wenig Impfstoff an ärmere Länder?

Corona

Liefert Deutschland zu wenig Impfstoff an ärmere Länder?

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    Die panafrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC hofft auf Impfstoffe aus den Industrieländern
    Die panafrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC hofft auf Impfstoffe aus den Industrieländern Foto: Ben Curtis/AP, dpa

    Nach Monaten des Mangels hat Deutschland inzwischen deutlich mehr Impfstoff, als es selbst braucht – entsprechend laut werden nun die Rufe, überzählige Dosen möglichst rasch und zahlreich an ärmere Länder zu verschenken. In Afrika, aber auch in Asien und Lateinamerika befänden sich viele Länder mitten in einer starken dritten Welle, warnte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gegenüber unserer Redaktion. „Jede zusätzliche Impfdose hilft hier besonders.“ In Afrika zum Beispiel seien bislang weniger als zwei Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Die Bundesregierung werde daher noch im August einen Teil der zugesagten 30 Millionen Impfstoffdosen an ärmere Länder abgeben.

    Gerd Müller: Wir besiegen das Virus nur weltweit

    Um dort medizinisches Personal und andere besonders gefährdete Gruppen schneller zu erreichen, sollte Deutschland seine Impfstoffspenden schrittweise erhöhen, verlangte Müller. Ziel sei es, 30 Prozent aller Menschen in Entwicklungsländern bis Anfang 2022 zu impfen: „Wir besiegen das Virus nur weltweit oder nicht.“ Dazu sei die Abgabe überschüssiger Impfdosen der schnellste Weg.

    Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU).
    Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Bereits jetzt unterstützt Deutschland die globale Impfstoffplattform Covax mit 2,2 Milliarden Euro bei der Entwicklung, Produktion und Verteilung von Impfstoffen, Diagnostika und Therapeutika. Eine Milliarde davon geht in die Bereitstellung von Corona-Impfstoffen für die 92 ärmsten Länder. In einem nächsten Schritt sollen die Entwicklungsländer dann selbst Impfstoffe produzieren. Im Senegal und in Südafrika unterstützt das Entwicklungsministerium bereits den Aufbau entsprechender Projekte, mit Ghana ist es nach Müllers Worten im Gespräch.

    Bayern musste schon 37.000 Impfdosen entsorgen

    Gegenwärtig horten Bund und Länder 17 Millionen überschüssige Impfdosen, bis Ende September werden die verschiedenen Hersteller weitere 100 Millionen Dosen geliefert haben. Das Problem dabei: Während der Impfstoff von AstraZeneca mehrere Monate gelagert werden kann, sind es bei Biontech und Moderna nur gut vier Wochen. Die Zeit drängt also. Immer wieder müssen Impfzentren und Ärzte Impfstoffe entsorgen, weil sie nicht mehr haltbar sind – alleine in Bayern nach Auskunft des Gesundheitsministeriums bisher rund 37.000.

    Der größte Teil der zugesagten 30 Millionen Dosen von AstraZeneca und Johnson&Johnson soll nach einem Beschluss der Bundesregierung an die globale Impfallianz gehen. 20 Prozent sollen direkt an einzelne Länder verschenkt werden. Dabei handelt es sich um bereits vorhandene Impfstoffdosen, die für die Versorgung in Deutschland derzeit nicht mehr benötigt werden und die allmählich ihr Verfallsdatum erreichen. Zum Vergleich: Die Vereinigten Staaten haben bereits mehr als 110 Millionen Dosen an gut 60 Länder gespendet, darunter Kolumbien, Pakistan und Vietnam. Ende August soll die Auslieferung von weiteren 500 Millionen Impfdosen an 100 Länder beginnen.

    Die Opposition wirft der Koalition vor, zu lange gezögert zu haben. „Ein Überangebot an Impfstoffen war aufgrund der Bestellmenge von vornherein absehbar“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Michael Theurer. Die Regierung habe es versäumt, ein besseres Management zur rechtzeitigen Verimpfung oder zur Weitergabe an Entwicklungsländer einzuführen. Dass Impfstoffe nun verfallen oder entsorgt werden müssten, sei „ein Debakel“.

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