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Corona-Krise: Wie Merkel aufmüpfige Länder einfangen will

Corona-Krise

Wie Merkel aufmüpfige Länder einfangen will

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    Was muss sich der Bund von den Ländern gefallen lassen? Der Kanzlerin reißt der Geduldsfaden.
    Was muss sich der Bund von den Ländern gefallen lassen? Der Kanzlerin reißt der Geduldsfaden. Foto: Stefan Sauer, dpa

    Jetzt werden wieder bundesweit Flickenteppiche geklopft, besser gesagt beklagt. Seit sich die Meldungen über Pannen bei der Bekämpfung der Corona-Krise häufen, seit bei den Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten so gar nichts mehr gelingen mag, wird noch vehementer infrage gestellt, ob der Föderalismus zumindest bei der Bekämpfung der Pandemie eher hinderlich ist.

    Am Wochenende war es die Kanzlerin, die laut darüber nachdachte, das Infektionsschutzgesetz erneut nachzubessern, um die Befugnisse des Bundes zu stärken. "Wir müssen mit einer großen Ernsthaftigkeit jetzt die geeigneten Maßnahmen einsetzen. Und einige Bundesländer tun das, andere tun es noch nicht", sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD-Talkshow Anne Will. Wenn das nicht "in sehr absehbarer Zeit" geschehe, müsse sie sich überlegen wie sich das vielleicht auch bundeseinheitlich regeln lasse. "Das ist mein Amtseid, das ist meine Verpflichtung", sagte Merkel. Eine Möglichkeit sei, "das Infektionsschutzgesetz noch mal anzupacken und ganz spezifisch zu sagen, was muss in welchem Fall geschehen". Sie werde nicht zuschauen, bis es 100.000 Neuinfektionen am Tag gebe.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel   ARD-Talksendung Anne Will mit Überlegungen, das Infektionsschutzgesetz zu ändern.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel ARD-Talksendung Anne Will mit Überlegungen, das Infektionsschutzgesetz zu ändern. Foto: Wolfgang Borrs, NDR, dpa

    In der Aufregung über diese Sätze ging ein wenig unter, dass die Kanzlerin hinzufügte, dass am Ende für alle Entscheidungen Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat erforderlich seien. "Wir können nichts ohne einander beschließen." Aber: "Wir sind verpflichtet, qua Gesetz, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Und im Augenblick ist die Eindämmung nicht da."

    Doch ist dieses Gesetz tatsächlich der richtige Hebel, um die Coronaregeln bundesweit zu synchronisieren? Oder, aus der Sicht von Merkel, um widerborstige Ministerpräsidenten daran zu hindern, die Beschränkungen zu lockern und die vereinbarte Notbremse bei einem Inzidenzwert von über 100 peu a peu unter den Tisch fallen zu lassen?

    Das Infektionsschutzgesetz wurde erst im November 2020 verändert

    Das Infektionsschutzgesetz regelt, welche Krankheiten bei Verdacht, Erkrankung oder Tod und welche labordiagnostischen Nachweise von Erregern meldepflichtig sind. Es wurde zuletzt unter dem Eindruck der Corona-Krise im November 2020 nach der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat verändert. Im Zuge der Gesetzesnovelle wurde ein neuer Paragraf eingefügt, der die möglichen Schutzmaßnahmen von Landesregierungen und Behörden konkret auflistet, etwa Abstandsgebote, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen oder Beschränkungen im Kultur- und Freizeitbereich. Also Maßnahmen, die bereits beim Lockdown im Frühjahr des vergangenen Jahres ergriffen wurden und teilweise auch jetzt beim aktuellen Teil-Lockdown gelten. Auch die 7-Tage-Inzidenz ist seit November im Gesetz festgeschrieben. Bei Neuinfektionen von 35 bis 50 pro 100.000 Einwohnern in der Woche, sollten Schutzmaßnahmen getroffen werden, heißt es dort ausdrücklich.

    Der Staatsrechtler Ulrich Battis warnt vor zu hohen Erwartungen an eine Änderung des Gesetzes

    Der renommierte Staatsrechtler Prof. Ulrich Battis ist eher skeptisch, dass eine Ergänzung oder Verschärfung des Gesetzes die Stellung des Bundes gegenüber den Ländern entscheidend verändern würde. "Natürlich hat die Bundesregierung die Möglichkeit, im Bundestag und Bundesrat eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes durchzusetzen. Dafür würde eine einfache Mehrheit ausreichen", sagte der Jurist im Gespräch mit unserer Redaktion. Auf diese Weise könne man Quarantäne-Regelungen oder Ausgangsbeschränkungen konkreter regeln. Exakt diesen Aspekt hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in denARD-"Tagesthemen" angesprochen. "Ich hätte mir mehr Kompetenzen des Bundes über das Infektionsschutzgesetz vorstellen können, das die Länder auch zu klaren Regeln zwingt. Ich bin da sehr dafür und offen", sagte der CSU-Politiker.

    Auch Markus Söder, CSU-Parteichef und Ministerpräsident von Bayern, kann sich vorstellen, dass der Bund mehr Kompetenzen bei der Bekämpfung der Pandemie erhält.
    Auch Markus Söder, CSU-Parteichef und Ministerpräsident von Bayern, kann sich vorstellen, dass der Bund mehr Kompetenzen bei der Bekämpfung der Pandemie erhält. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Staatsrechtler Battis hält eine Änderung des Gesetzes allerdings keinesfalls für ein Allheilmittel, um bundesweit einheitliche Corona-Maßnahmen durchzusetzen. "Denn es bleibt ja dabei: Die Länder sind für den Vollzug zuständig. Es ist davon auszugehen, dass vor den Gerichten weiterhin gegen Lockdown-Maßnahmen geklagt wird. Und das zum Teil mit Erfolg, wenn die Gerichte die Verhältnismäßigkeit einzelner Anordnungen nicht gewahrt sehen. So wie es in den letzten Monaten immer wieder geschehen ist."

    Die SPD im Bundestag reagiert sehr verhalten auf die Gedankenspiele von Kanzlerin Merkel (CDU) zu genaueren Vorgaben für die Länder bei der Pandemie-Bekämpfung. "Ich bin mehr als überrascht von den Überlegungen der Kanzlerin, das Infektionsschutzgesetz zu ändern", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese am Montag. Ob die SPD die Pläne des Koalitionspartners unterstützen könne, hänge sehr von den Details ab, sagte Wiese. "Noch habe ich keinen Vorschlag auf dem Tisch." Zudem bedürfe eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes der Zustimmung des Bundesrates. "Das kann man nicht einfach bei Anne Will mal eben so entscheiden." Wiese merkte auch an: "Wenn die Kanzlerin ein Akzeptanzproblem der Corona-Maßnahmen und ihrer Rolle sieht, dann sollte sie ihre nächste Regierungserklärung im Bundestag mal vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz machen und nicht danach."

    FDP-Chef Lindner verlangt mehr Details von der Kanzlerin

    FDP-Chef Christian Lindner verlangt mehr Informationen über die Pläne Merkels. "Das Infektionsschutzgesetz wurde erst vor wenigen Wochen vom Bundestag beraten. Frau Merkel sollte daher klarstellen, was sie im Gesetz konkret ändern will."

    Doch, ob die Kanzlerin derzeit mit Details zu einer Reform des Infektionsschutzgesetzes tatsächlich dienen kann, erscheint eher ungewiss. Sie denke darüber noch nach und habe sich noch nicht abschließend entschieden, sagte sie am Sonntag auf der Couch bei Anne Will. (mit dpa)

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