Ausgefallene Sitzungen, lange Wartezeiten, fehlende Schutzausrüstung: Die deutschen Gerichte hatten in den vergangenen Wochen schwer mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Deshalb fordern die deutschen Richter fordern jetzt eine stärkere Digitalisierung der Justiz.
„Die Ausnahmesituation der Pandemie hat viele Lücken in der IT-Ausstattung der Gerichte offen gelegt“, sagte der Bundesgeschäftsführer: des Deutschen Richterbunds Sven Rebehn, unserer Redaktion. Er forderte einen Investitionsschub in Gerichten und Staatsanwaltschaften. „Es braucht mehr Tempo bei der Digitalisierung der Justiz“, betonte Rebehn.
Online-Verhandlungen sind zwar erlaubt, bleiben aber Ausnahmen
Zum Beispiel lasse das Gesetz seit Jahren bereits Online-Verhandlungen in Zivilprozessen zu, „sie sind aber bis heute die Ausnahme, weil es in vielen Gerichtssälen an Konferenztechnik fehlt“, kritisierte der Richterbund-Geschäftsführer. Die Entwicklung bei der Digitalisierung sei in den Ländern zudem sehr unterschiedlich.
Viele Bundesländer seien nun dabei, die Justiz technisch aufzurüsten, sagte Rebehn. Laut einer Umfrage der „Deutschen Richterzeitung“ bei den Justizverwaltungen der Länder verfügt Bayern über rund 50 Videokonferenzanlagen und will die Gerichte möglichst rasch flächendeckend damit ausstatten. Niedersachsen hat derzeit rund 80 mobile Videoanlagen, auf die Gerichte bei Bedarf zugreifen könnten, weitere seien geplant.
Bundesländer sind unterschiedlich weit bei der Digitalisierung der Justiz
Dagegen verfüge Sachsen-Anhalt bisher nur über drei Videokonferenzanlagen, die zudem wegen fehlender Netzkapazitäten nicht einsetzbar seien. Auch Dienstlaptops mit sicheren Zugängen zum Gerichtsnetzwerk für die Arbeit im Homeoffice sind demnach längst nicht überall die Regel. Während in Hamburg und Bremen praktisch alle Richter und Staatsanwälte über mobile Geräte verfügten, sei es in Nordrhein-Westfalen nur etwa jeder Fünfte, in Sachsen habe sogar nur jeder zehnte Richter derzeit einen mobilen Dienstrechner.
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