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Corona-Krise: Neue Verbote, strenge Regeln: Wie andere Länder mit dem Virus umgehen

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    Zehntausende Touristen haben in diesem Sommer bereits Urlaub auf Mallorca gemacht. Nun gilt die Insel wie auch das Festland Spaniens als Risikogebiet.
    Zehntausende Touristen haben in diesem Sommer bereits Urlaub auf Mallorca gemacht. Nun gilt die Insel wie auch das Festland Spaniens als Risikogebiet. Foto: Clara Margais, dpa (Symbol)

    In Deutschland ist in den vergangenen Monaten so etwas wie eine neue Normalität eingekehrt: Eingekauft wird mit Mund-Nase-Bedeckung, Konzerte finden – wenn überhaupt – draußen statt und viele Menschen arbeiten noch immer von zu Hause.

    Seit einigen Wochen gibt es für Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten eine Testpflicht. Zwar gilt die für die Urlaube in den meisten europäischen Ländern nicht. Doch auch in Europa wurden zuletzt vielerorts die Maßnahmen verschärft. Unsere Korrespondenten haben zusammengetragen, wie die einzelnen Länder reagieren.

    ---Trennung Spanien: 40.000 Neue Infektionen innerhalb von sieben Tagen Trennung---

    „Es läuft nicht gut“, sagt Fernando Simón, Spaniens Chef-Epidemiologe. In einigen Teilen des Landes sei die Epidemie schon wieder außer Kontrolle. Allein in den vergangenen sieben Tagen wurden 40.500 neue Infektionen registriert, das macht im Schnitt nahezu 5800 Ansteckungen pro Tag. In keinem anderen europäischen Land ist die Erkrankungsrate so hoch wie im Urlaubsland Spanien. Nationale Gesundheitsexperten warnen bereits vor einem neuen „Virus-Tsunami“.

    Für die Kanaren droht eine Reisewarnung

    Weil sich die Lage immer weiter verschlechtert, droht nun sogar für die Kanarischen Inseln eine Reisewarnung. Sie galten bisher als weitgehend virusfreies Gebiet. Doch nun wurde auch dort die kritische Marke von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen übersprungen. Ab dieser Schwelle kann Deutschland eine Reisewarnung verhängen. Auf den Kanaren lag dieser Wert zuletzt bei 60. Spanienweit kletterte diese Referenzzahl mittlerweile auf 86. Deswegen warnt Berlin schon seit Mitte August vor Reisen aufs spanische Festland und nach Mallorca.

    An den Flughäfen und Bahnhöfen in Deutschland können sich Reiserückkehrer auf Corona testen lassen.
    An den Flughäfen und Bahnhöfen in Deutschland können sich Reiserückkehrer auf Corona testen lassen. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Am bedenklichsten ist die Situation derzeit in Madrid und im Norden Spaniens. „Wenn die Fallzahlen weiter ansteigen, wird man drastische Maßnahmen ergreifen müssen“, warnt Simón. Neue Ausgangssperren sind in Spanien also nicht ausgeschlossen. Bisher versuchen die Behörden es noch mit Appellen, Versammlungsbeschränkungen, einer Schließung von Discos sowie einer totalen Maskenpflicht zu bekämpfen. Spanienweit gilt inzwischen sogar ein weitgehendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit, um potenzielle Ansteckungsrisiken durch den ausgeatmeten Qualm zu verringern. Doch alle diese Maßnahmen konnten bisher die neue Viruswelle nicht aufhalten. 

    ---Trennung Frankreich: Plötzlich Risikogebiet Trennung---

    In Frankreich hat seit einigen Tagen eine beunruhigende Entwicklung eingesetzt: Die nationale Gesundheitsbehörde spricht von einer „beschleunigten Verbreitung des Coronavirus“. In den letzten Tagen wurden bis zu 4897 Neuinfektionen in 24 Stunden gezählt, während die Zahl der Tests, die bei knapp 700.000 pro Woche liegt, gleich blieb. Vor allem jüngere Menschen, die meist weniger ausgeprägte Symptome zeigen, infizierten sich im Moment. Die Bundesregierung in Deutschland hat am Montagabend Konsequenzen gezogen: Sie erklärte Paris und Teile der Côte d’Azur bis auf Weiteres zum Risikogebiet. Heimkehrende Urlauber sind also verpflichtet, sich auf das Coronavirus testen zu lassen.

    Derzeit befinden sich die französischen Krankenhäuser allerdings längst nicht mehr am Limit wie zeitweise im März und April. Von einer zweiten Welle will Gesundheitsminister Olivier Véran nicht sprechen, aber er nennt die Lage „riskant“. Regionen wie die Provence, die Côte d’Azur oder der Südwesten, die zunächst weitgehend verschont geblieben waren, sind nun stärker betroffen. In mehreren Städten wie Toulouse und Nizza sowie in großen Teilen von Paris gilt künftig auch auf der Straße eine Maskenpflicht.

    Die Bundesregierung hat wegen der Ansteckungsgefahren eine Reisewarnung für den Großraum Paris ausgesprochen.
    Die Bundesregierung hat wegen der Ansteckungsgefahren eine Reisewarnung für den Großraum Paris ausgesprochen. Foto: Michel Spingler/AP/dpa

    Macron schließt einen landesweiten Lockdown aus

    Ab 1. September betrifft diese alle Arbeitnehmer in Büros, die zugleich zur Arbeit im Homeoffice angehalten werden. Auch in Mittelschulen und Gymnasien wird der Mund- und Nasenschutz Pflicht, während Grundschüler davon wohl ausgenommen bleiben. Landesweite strikte Ausgangsbeschränkungen, wie sie zwischen März und Mai galten, schloss Präsident Emmanuel Macron aber aus: „Man kann nicht das Land anhalten, denn die Kollateralschäden eines Lockdowns sind beträchtlich.“

    ---Trennung Österreich: Zwischen Gelassenheit und Anspannung Trennung---

    Es ist ein besonderer Spätsommer in Österreich: In der Alpenrepublik herrscht eine Stimmung irgendwo zwischen Gelassenheit und angespannter Erwartung für den Herbst. Die Infektionszahlen sind zuletzt wieder angestiegen, vor allem in Wien. Andere Bundesländer sind dagegen deutlich weniger betroffen. In Supermärkten, Apotheken und in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gilt eine Maskenpflicht.

    Vor allem der österreichische Tourismussektor fürchtet um die kommende Saison, Hoteliers fordern dringend Regeln für den Wintertourismus, Stichwort Après-Ski und Ischgl. Besorgt sind auch Eltern, Schüler und Lehrer. Am Dienstag gab es 261 Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag, im Schnitt sind es jedoch 280 pro Tag – seit Mitte Juli steigen die Corona-Infektionszahlen konstant im dreistelligen Bereich.

    Dunkelziffer: Bis zu 300.000 Österreicher könnten sich infiziert haben

    Experten wie der Leiter der staatlichen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Franz Allerberger, versuchen dennoch zu beruhigen: Eine Überlastung des Gesundheitssystems mit überfüllten Intensivstationen sei für Österreich „ausgeschlossen“. Andererseits spricht Allerberger gleichzeitig von einer möglichen Dunkelziffer von bis zu 300.000 Corona-Infizierten. Das Tragen von Masken, sagte der Fachmann, hätte keinerlei Auswirkungen auf die Infektionen gehabt. Diese und andere Aussagen von Gesundheitsexperten sorgten in den vergangenen Tagen für teils heftige Diskussionen in Österreich.

    Wegen einer Reisewarnung für Kroatien kam es an Österreichs Grenze am Wochenende zu massiven Staus.
    Wegen einer Reisewarnung für Kroatien kam es an Österreichs Grenze am Wochenende zu massiven Staus. Foto: Erwin Scheriau, dpa

    Ebenfalls heftig diskutiert werden die Testkapazitäten. Zwar wird so viel getestet wie noch nie – die Stadt Wien richtete kostenlose Drive-In-Teststationen für Urlaubsrückkehrer ein –, doch ist fraglich, ob die Behörden für den Herbst gerüstet sind. Österreichische Nachtclubs und Discos sollen auch im bald beginnenden Herbst noch geschlossen bleiben.

    Donnerstag ist der Stichtag für das neue „Ampel-System“ des Gesundheitsministeriums. In vier Stufen – Grün, Gelb, Orange und Rot – soll künftig in den Bezirken wie auch in den Schulen die Corona-Gefahrenstufe geregelt werden. In den Klassenzimmern soll es im Herbst vorerst keine Maskenpflicht für Schüler und Lehrer geben. Die Lehrer befürchten trotz aller Vorbereitungen, mit dem Corona-Management in den Schulen allein gelassen zu werden.

    Die Einreise aus Deutschland ist problemlos möglich – sofern man sich in den zehn Tagen davor nicht in einem der rund 30 ausgewiesenen Corona-Risikogebiete aufhielt. Reisende aus diesen Gebieten müssen einen negativen PCR-Test nachweisen oder in der Quarantäne nachholen, sofern sie nicht nur ohne Zwischenstopp durch Österreich durchfahren wollen. Kontrollen gibt es an den Grenzen zu Slowenien, Ungarn und Italien.

    ---Trennung Belgien: Das öffentliche Leben ist wieder lahmgelegt Trennung---

    In Belgien gehört die Maske inzwischen überall zum festen Bestandteil des Lebens. Nicht nur in Bussen, Bahnen und Metros, öffentlichen Gebäuden und in allen Geschäften müssen der Mund- und Nasen-Schutz angelegt und der Abstand sichergestellt werden, sondern auch beim Spaziergang, auf dem Fahrrad oder den so beliebten E-Scootern. Lediglich beim Sport darf frei geatmet werden. Einkäufe sind auf eine Person begrenzt und dürfen nicht länger als 30 Minuten dauern. Polizei und Armee kontrollieren die Einhaltung strikt.

    Ob diese Eingriffe reichen, ist ungewiss. Am Wochenende erklärte das Auswärtige Amt in Berlin nach der Region Antwerpen auch die Hauptstadt Brüssel zum Hochrisikogebiet. Von allen „nicht notwendigen, touristischen Reisen“ solle man Abstand nehmen. Konkret sieht die Situation so aus: Wer in das Beneluxland einreisen will, muss – bei einem Aufenthalt von 48 Stunden oder mehr – ein Online-Formular ausfüllen und seine Kontaktdaten einreichen. Die Folgen aber spürt man erst bei der Heimreise: Wer über die Grenze nach Deutschland fährt, hat entweder einen negativen Coronavirus-Test nachzuweisen oder ihm drohen 14 Tage in Quarantäne. Ausnahmen gibt es für Politiker und Diplomaten – eine Regelung, die die angrenzenden Bundesländer auf Wunsch der Bundesregierung mit Blick auf EU und Nato erlassen haben. Denn die Risikolage in Brüssel würde die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ansonsten lahmlegen. In dieser Woche tagen die Außen- und Verteidigungsminister der Union in Berlin. Drei EU-Kommissare wollen dazu aus der belgischen Hauptstadt anreisen. Ohne Sonderregelung wäre ihre Teilnahme zumindest schwierig geworden.

    Touristen und Passanten sind auf dem Grand-Place, den zentralen Platz von Brüssel, unterwegs. Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen warnt das Auswärtige Amt nun auch vor touristischen Reisen nach Brüssel.
    Touristen und Passanten sind auf dem Grand-Place, den zentralen Platz von Brüssel, unterwegs. Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen warnt das Auswärtige Amt nun auch vor touristischen Reisen nach Brüssel. Foto: Zhang Cheng, dpa

    Einige Gebiete Belgiens gelten als Hochrisikogebiet

    Die belgische Bevölkerung bangt aber vor allem um den Schulanfang am 1. September. Spätestens dann sind die meisten Urlauber wieder zu Hause – einige kehren aus Ferienländern zurück, die die Regierung auf einer Gefahrenskala als „rot“ markiert hatte. So müssen Belgier, die beispielsweise in der Schweiz, Spanien oder Teilen Frankreichs den Urlaub verbracht haben, einen Virus-Test absolvieren oder in eine zweiwöchige Quarantäne gehen.

    Das öffentliche Leben ist in Belgien längst wieder weitgehend lahmgelegt. Museen, Touristen-Attraktionen wie das Atomium und viele Gaststätten sind entweder geschlossen oder haben ihren Betrieb heruntergefahren. Die meisten Unternehmen haben ihre Beschäftigten wieder ins Homeoffice geschickt – teilweise bis Ende Oktober. In Antwerpen müssen Restaurants um 23 Uhr schließen, zwischen 23.30 Uhr und sechs Uhr gilt dort wie in einigen Badeorten an der Küste eine Ausgangssperre. Einigermaßen frei bewegen kann man sich derzeit nur im französischsprachigen Teil des Landes.

    ---Trennung Russland: Harte Regeln, viele Gegner Trennung---

    Am 1. September soll in Russland die Schule beginnen. Regulär. Für Moskau hat der Bürgermeister Sergej Sobjanin vor wenigen Tagen die Maßnahmen vorgestellt. Das Lehrpersonal darf nur mit einem negativen Covid-Test unterrichten, Masken sollen zur Verfügung gestellt werden. Bei Schülern und Lehrern werde am Eingang zu den Schulgebäuden Fieber gemessen.

    Viele Moskauer Eltern wissen von ihren Schulleitern, die die Pläne der Stadtverwaltung umsetzen sollen, allerdings noch nichts. Nicht, ob der Unterricht beginnt, nicht wann, nicht wie. Die Zahlen in Russland liegen weiterhin bei knapp 5000 Neu-Infizierten täglich, in Moskau sind es etwa 700 Erkrankte am Tag. Nach Meinung unabhängiger Demografen aber ist den offiziellen Zahlen nicht zu trauen. „Niemand weiß wirklich, wie es hier aussieht, weil zu viel beschönigt und bereinigt wird“, sagt Alexej Rakscha. Der einstige Berater der russischen Statistikbehörde hatte von Anfang an die offiziellen Zahlen der Corona-Toten im Land angezweifelt. Dann verlor er seinen Job.

    Eine Desinfektionskabine in einem russischen Einkaufszentrum.
    Eine Desinfektionskabine in einem russischen Einkaufszentrum. Foto: Alexander Zemlianichenko, dpa

    Die Maskenpflicht ist in Russland umstritten

    Der strenge Lockdown in der russischen Hauptstadt ist derweil längst aufgehoben, geblieben sind die Masken- und die Handschuhpflicht im öffentlichen Nahverkehr, beim Einkaufen und allen öffentlichen Gebäuden. Es halten sich jedoch die wenigsten Russen an diese Pflicht. Warum die Schutzmaßnahmen nötig sind, verstehen bis heute viele im Land nicht. Denn die Lage erschien auch schon mal deutlich entspannter. „Das Virus haben wir besiegt“, sagten die Propagandisten im Staats-TV noch im Juni. Viele Menschen im Land glauben das auch heute noch.

    ---Trennung Türkei: Einschränkungen und Verbote für Feiern Trennung---

    Mit einer Warnung wandte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan diese Woche an seine Landsleute: Es gebe eine „negative Entwicklung“ bei den Corona-Zahlen, sagte Erdogan nach einer Kabinettssitzung im Fernsehen. Die Zahl der täglichen Infektionen liegt in der Türkei bei mehr als 1400 – Anfang des Monats waren es noch unter 1000 pro Tag.

    Ähnlich wie in Deutschland sind es die Familienfeiern, die den Behörden Sorgen machen. Seit dem Ende der teils massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens im Juni können die Türken wieder Verwandte besuchen und Hochzeiten feiern. Das tun sie so ausgiebig, dass in manchen Landesteilen wieder Verbote in Kraft treten. Einige Provinzen haben die Dauer von Hochzeitsfeiern auf zwei bis drei Stunden begrenzt.

    Im türkischen Antalya sind die Strände noch immer leerer als sonst.
    Im türkischen Antalya sind die Strände noch immer leerer als sonst. Foto: Mirjam Schmitt, dpa

    Auch andere Feiern, die normalerweise viele Menschen anziehen, sind in jüngster Zeit beschränkt oder ganz verboten worden. So dürfen sich in Istanbul die Freunde und Verwandten von Wehrpflichtigen, die ihren Dienst bei der Armee antreten, nicht mehr zu Abschiedsfeiern auf der Straße treffen.

    Kritiker werfen der Regierung von Präsident Erdogan vor, das wahre Ausmaß der Virus-Infektionen zu verschleiern. Zudem werde nicht genug auf Masken und Abstandsregeln geachtet. Inzwischen gibt es Anzeichen einer Überlastung des Gesundheitssektors: Oya Itil, stellvertretende Vorsitzende des Verbands der Lungenärzte, berichtete von einer zunehmenden Erschöpfung des medizinischen Personals. In einigen Fällen sollen Corona-Patienten abgewiesen worden sein, weil kein Bett mehr für sie frei gewesen sei.

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