Die Infektionszahlen nehmen beständig zu – und mit ihnen die Sorgen vor weiteren wirtschaftlichen Verwerfungen. Für Unternehmen, die besonders unter den Folgen der Pandemie leiden, will Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) deshalb die bestehenden Hilfsprogramme ausweiten. Die Regierung bereite sich darauf vor, über das Prinzip der Kostenerstattung für Fixkosten wie die Miete hinaus „auch weitere Kosten zu erstatten“, betonte Altmaier nach einem Treffen mit mehreren Wirtschaftsverbänden. Als Beispiele nannte er Belastungen durch Abschreibungen, Tilgungen oder Stornierungen. Zudem diskutiere die Koalition gerade, ob Solo-Selbstständige und Freiberufler zusätzlich zu den Überbrückungshilfen noch eine bestimmte Summe für die eigenen Lebenshaltungskosten gezahlt werden könne, einen so genannten Unternehmerlohn.
Wirtschaftsverbände kritisieren bisherige Soforthilfen schon lange
Wirtschaftsverbände kritisieren seit langem, die bisherigen Hilfen seien nicht passgenau. Viele Solo-Selbstständige arbeiteten von zuhause, sagt der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Gründer und Selbstständigen, Andreas Lutz. Ihnen nütze die bisher in den Überbrückungshilfen vorgesehene Erstattung fixer Betriebskosten nicht vie. Auch der Hotel- und Gaststättenverband begrüßte die Ankündigung neuer Hilfen. Ohne weitere staatliche Unterstützung gehe es nicht, sagte Verbandspräsident Guido Zöllick.
Noch vor dem Lockdown im Berchtesgadener Land behaupteten in einer Umfrage unter bayerischen Gastronomen 57 Prozent der Betriebe, sie bangten um ihre Existenz. „Wirtschaftlich würden wir einen zweiten Lockdown nicht überleben“, betonte auch der Hauptgeschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Thomas Geppert, gegenüber unserer Redaktion. Man könne das systemrelevante Gastgewerbe mit 44.700 Beschäftigten in Bayern nicht im Stich lassen. Gerade auf dem Land gelte: „Wenn da ein Gasthaus erst mal schließen muss, macht so schnell keines wieder auf.“
RKI-Chef Wieler warnt vor Zunahme schwerer Covid-19-Fälle
Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie hat die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus in Deutschland die Marke von 10.000 überschritten. Exakt 11 297 Corona-Fälle registrierte das Robert-Koch-Institut am Donnerstag, das sind drei mal so viele Fälle wie noch vor zwei Wochen. „Die Situation ist sehr ernst geworden, das Infektionsgeschehen nimmt rasant zu“, sagt der Präsident des Instituts, Lothar Wieler. Doch noch bestehe die Chance, die Ausbreitung zu verlangsamen: „Es müssen sich noch mehr Menschen an die Infektionsschutzregeln halten.“ Sonst drohe eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus: „Wir sind nicht machtlos, wir können etwas bewirken.“
Rund 392.000 Corona-Fälle hat das Institut seit dem Ausbruch der Krankheit registriert. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit einer Infektion gestorben sind, kletterte um 30 auf 9905. Noch seien überwiegend jüngere Menschen betroffen, daher verlaufe die Erkrankung häufiger mild und seltener tödlich, betonte Wieler. Doch auch die Ausbreitung in Alten- und Pflegeheimen nehme wieder zu. Immer mehr Corona-Patienten müssten auch im Krankenhaus behandelt werden, 943 Menschen befinden sich im Moment mit Corona auf einer Intensivstation. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass sowohl die Zahl der schweren Fälle als auch der Toten weiter steigen wird“, sagte Wieler. Die meisten Menschen steckten sich im privaten Bereich an. In Bussen und Bahnen, Hotels oder Schulen dagegen seien Ausbrüche eher selten. Gerade dort, wo die Zusammenkünfte intensiv seien, drohe Gefahr: bei Hochzeiten oder Partys etwa.
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