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Corona-Krise: Einzelhandel wirft bayerischer Politik Willkür und Wettbewerbsverzerrung vor

Corona-Krise

Einzelhandel wirft bayerischer Politik Willkür und Wettbewerbsverzerrung vor

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    Ab Montag dürfen kleinere Geschäfte in Bayern wieder öffnen. Unter strengen Vorschriften.
    Ab Montag dürfen kleinere Geschäfte in Bayern wieder öffnen. Unter strengen Vorschriften. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    In Tagen wie diesen wird selbst ein Verbandssprecher wie Bernd Ohlmann wehmütig. "Die Öffnung ist ein Licht am Ende des Tunnels, ein erster Funken Hoffnung", sagt der Sprecher des Handelsverbandes Bayern. Der Funke, den er meint, ist die Öffnung zumindest der kleineren Geschäfte auch in Bayern am Montag. Damit ist Einkaufen nun in allen Bundesländern grundsätzlich wieder möglich.

    "Viele haben diesen Tag sehnsüchtig erwartet – besonders kleine Geschäfte, über denen der Pleitegeier kreist", sagt Ohlmann. Und deshalb stellt er bei aller Erleichterung auch klar: "Wir waren sauer und wütend, dass es in Bayern so lange gedauert hat, bis Geschäfte wieder öffnen durften", sagt der Verbandssprecher. "Das ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern ein großer Nachteil. Dafür haben wir kein Verständnis."

    Privater Konsum ist der größte Unsicherheitsfaktor im Einzelhandel

    Der bayerische Einzelhandel hofft, die Verluste der vergangenen Wochen schnell aufholen zu können. "Ich erwarte, dass vor allem der Textil-Einzelhandel vor einem großen Andrang steht", sagt Ohlmann. "Die Frühjahrsmode muss schnell verkauft werden, weil es Richtung Sommer geht."

    Weit weniger optimistisch sind Marktforscher. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Kurzarbeit in der Corona-Krise hat das Konsumklima in der Bundesrepublik auf einen historischen Tiefstand gedrückt. Der private Konsum – bislang einer der wichtigsten Stützen der Wirtschaft – ist zum großen Unsicherheitsfaktor für die Branche geworden.

    In anderen Bundesländern, die bereits vor einer Woche mit der Wieder-Öffnung der Läden begonnen haben, zeigt sich, dass der erhoffte Kundenansturm ausbleibt. "Die Erlöse bleiben weit hinter den Vorjahreswerten zurück", teilte der Handelsverband Deutschland (HDE) mit. "Trotz Öffnung wird durchschnittlich nur 40 Prozent des normalen Geschäftsvolumens erreicht." Das Fazit des HDE: "Die Umsatzverluste werden vielfach nicht aufzuholen sein."

    Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung vieler Verbraucher dürfte die Verwirrung darüber sein, welche Geschäfte überhaupt geöffnet sind. Zudem hemmten die notwendigen Hygienemaßnahmen eine positive Shopping-Atmosphäre. "Da lassen die Kunden den Trip in die Einkaufsstraße lieber ausfallen und vertreiben sich die Zeit beim Online-Shoppen auf dem Sofa", analysiert Marco Atzberger vom Handelsforschungsinstitut EHI.

    "Unlogisch": Bayerischer Einzelhandel übt scharfe Kritik an 800-Quadratmeter-Grenze

    Auch der bayerische Einzelhandel hadert mit den Regeln, die die Politik aufstellt. Unter anderem die Maßgabe, dass nur Geschäfte bis zu einer Fläche von 800 Quadratmetern öffnen dürfen, stößt bei Ohlmann auf wenig Verständnis. "Diese Grenze ist vollkommen willkürlich, unlogisch – und nichts anderes als Wettbewerbsverzerrung", sagt er. "Warum sollen sich Einkaufszentren oder Möbelhäuser nicht an die Hygieneregeln halten können, die auch für Baumärkte oder Schreibwarenläden gelten?"

    Unterstützung erhalten die Händler von den Grünen. Die haben am Wochenende die Einführung von Kaufgutscheinen vorgeschlagen. Jeder Bürger solle einen 250 Euro-Gutschein erhalten, den er dann im stationären Handel einlösen könne. Doch auch daran gibt es Zweifel.

    "Der Konsumgutschein bringt nichts, kostet aber bei 82 Millionen Bürgern über 20 Milliarden Euro", sagt Marco Buschmann, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP. Damit würden zu großen Teilen nur Einkäufe finanziert, die die Menschen sowieso nach der langen Konsumpause machen werden. Buschmanns Urteil: "Für den Einzelhandel ist daher kaum zusätzliche Nachfrage zu erwarten."

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